17. Jahrgang | Nummer 18 | 1. September 2014

Antworten

Benno Pludra, Kinderverzauberer – Am 27. August gingen Sie endgültig von Bord. Wir sind traurig. Auch wir sind mit Ihren Geschichten aufgewachsen und haben diese gerne den eigenen Kindern weitergegeben und sind uns sicher, auch die Enkel werden mit Lütt Matten die weiße Muschel suchen wollen und sich mit Stefan nach der Insel der Schwäne sehnen. Wir alle sind gut beraten, immer mal wieder zu ihren Geschichten zu greifen. Das hilft, die Kinder besser zu verstehen. Wir sind uns sicher, dass Sie von Ihrer Wolke da oben ziemlich genau auf das Treiben rund um die Schulhöfe und Spielplätze hier auf Erden schauen. Dem BELTZ-Verlag danken wir, dass er Ihrem Werk die Treue hält. Mit den „Öffentlich-Rechtlichen“ hadern wir, weil die zauberhaften Verfilmungen – Ihren Büchern widmeten sich immer große Regisseure… – so selten zu sehen sind.

Ursula von der Leyen, beherzte Debattiererin – „Offen, beherzt und unerschrocken“, so teilten Sie der ZEIT mit, wollen Sie die Debatte darüber führen, wo und wann sich Deutschland künftig „sicherheitspolitisch global“ herausgefordert sehen solle. Und Sie lassen keinen Zweifel daran bestehen, dass Sie sowohl Waffen („Ausrüstungshilfe“ nennen Sie das verschämt) als auch gegebenenfalls das zugehörige Bedienungspersonal, also die Bundeswehr, damit meinen. Damit das ein bisschen lockerer rüberkommt – auch unsere Jungs in Uniform lieben mal gelegentlich einen kräftigen Scherz –, versuchen Sie es am Schluss Ihres Interviews mit den kommenden Fußballweltmeisterschaften: „Wo auch immer gespielt wird: Deutschland schickt schießendes Personal.“ Meinen Sie wirklich nicht nur den Fußtritt gegen ein rollendes Leder? „The Germans to the Front!“ soll Admiral Edward H. Seymour im Jahre 1900 während des chinesischen Boxeraufstandes angeordnet haben. Von einem Briten werden wir uns das doch nicht noch einmal sagen lassen müssen!

Jörg Haspel, Berliner Denkmalshüter – Ein Postscriptum zur Lenin-Denkmalsaffäre: Sie erklärten, man könne den Kopf nicht separat präsentieren, sondern müsse das Denkmal in seiner Gesamtheit… Sie wollen das doch nicht etwa wieder aufbauen lassen? Die Zitadelle in Berlin-Spandau wäre ein guter Ort: Dass die überhaupt noch steht und im Frühjahr 1945 nicht zum Massengrab für hunderte Menschen wurde, ist zwei jungen sowjetischen Kommunisten zu verdanken. Das wäre doch mal wirklich eine Nachricht!

Joachim Pfeiffer, CDU-Wirtschafter – Ihre Kanzlerin erwägt, irgendwann ein in ganz Deutschland geltendes allgemeines Rentensystem einzuführen. Solchen postsozialistischen Träumereien widersetzen Sie sich aber entschieden: „Es muss irgendwann damit Schluss sein, mit dem Füllhorn übers Land zu ziehen.“ Sowas aber auch. Haben die im Osten nach 25 Jahren noch immer nicht arbeiten gelernt?

Michael Kemmer (und weitere Ex-Vorstände der Bayern LB) – Das Landgericht München hat darauf erkannt, dass Ihnen keine Mitschuld am Fehlkauf der Hypo Group Alpe Adria nachzuweisen ist und das Verfahren gegen Sie eingestellt. Wofür Sie nun 20.000 Euro zu zahlen haben, erklärt sich uns bei so viel Unschuld nicht so recht; dafür aber der Gesamtausgang des staatlichen Milliardenverlustes, den jetzt wer zu tragen hat? Richtig! Da Ihre branchenbezogene Reputation als kompetenter Banker durch diesen GAU offenbar nicht gelitten hat, bleiben Sie uns wenigstens auch weiterhin als Chef des deutschen Bankenverbandes erhalten. „… Die Justitia: Wir haben die Unabhängigkeit der Justiz! (Achtunddreißig Hühner treten auf, lachen und trippeln wieder ab.) Der Staatsanwalt: Und die Waage? Die Justitia: Hängt schief. Der Staatsanwalt: Und die Binde? Die Justitia: Hat Gucklöcher. Der Staatsanwalt: Und das Schwert? Die Justitia: Ist zweischneidig. Komm, Luis, gehn wir tanzen! Der Staatsanwalt (mit Überzeugung): Du süße Sau –! (er pfeift auf zwei Fingern)…“ Tucholsky: Justitia schwoft.

Christoph Kramer, Bundesligaleiharbeiter – Sie sind ein der Fußballwelt schönste Hoffnungen bereitender junger Spieler und haben in Ihrer kurzen Karriere für mehrere Unternehmen gearbeitet: 2011 kamen mit knapp 20 Jahren zu Bayer 04 Leverkusen. Da wusste man nicht so recht, was man mit Ihnen anfangen sollte – Also wurden Sie für zwei Jahre an den VfL Bochum „ausgeliehen“. 2013 verlängerten Sie Ihren Vertrag mit den Leverkusenern. Prompt wurden Sie wieder für zwei Jahre „verliehen“. Diesmal an Borussia Mönchengladbach. Nun will der „Sportdirektor“ ihrer Leiharbeitsfirma, ein gewisser Rudi Völler, Sie für 2015 zurückhaben. Aber Sie schalten einfach auf stur: „Ganz generell fühle ich mich manchmal wie in einem modernen Menschenhandel.“ Aber Herr Kramer, manchmal? Wir halten diesen kleinen Irrtum angesichts Ihrer berühmten Gedächtnisschwächen („Ist das hier das Finalspiel?“ sollen Sie den Schiedsrichter nach einer Kopfverletzung während des WM-Finales in Rio zweimal gefragt haben) für verzeihlich. Und freuen uns auf ein Wiedersehen. Im Trikot von Werder Bremen? Oder Hertha? Wer bietet mehr?

Martin Sonneborn, Abgeordneter der Partei DIE PARTEI im Europäischen Parlament – Danach befragt, ob Ihre DIE PARTEI auch eine Haltung zur sächsischen Landtagswahl habe, haben Sie vor allem eine „sorbenfreie sächsische Staatskanzlei“ gefordert. „Ich denke da speziell an den sächsischen Ministerpräsidenten Stanislaw Tillich. Der hat ja eindeutig einen sorbischen und damit einen Migrationshintergrund. Deswegen sind wir natürlich daran interessiert, dass Tillich aus dieser Position entfernt wird. Wir sind zwar die Partei der radikalen Mitte. Aber links und rechts von uns darf es keine Parteien geben. Und wie viele andere Parteien setzen wir in Sachsen auf Ausländerfeindlichkeit. Wir versprechen den Sachsen auch eine Mauer an den Grenzen zu Tschechien und Polen.“ Mit so viel Konsequenz sollte der PARTEI wohl der Einzug in den Dresdener Landtag sicher sein.

Simon-Wiesenthal-Zentrum – Sie haben an den französischen Innenminister die Bitte gerichtet, den Vorort von Courtemaux mit dem Namen „La-Mort-aux-Juifs“ südlich von Paris umzubenennen, besagt dieser Name doch nicht mehr und nicht weniger als „Tod den Juden“. Eine Reaktion des Ministers ist noch nicht überliefert, die der stellvertretenden Bürgermeisterin von Courtemaux indes schon: Sie hält Ihr Ansinnen für „lächerlich“ – Respekt!

Christian Schmidt, Landwirtschaftsminister – Dass man auch mit einer weichen Birne über Äpfel schwätzen kann, haben Sie jüngst bei einer Pressekonferenz aufs dekorativste bewiesen. Genüsslich in einen – deutschen! –  Apfel beißend, um solcherart zu höherem Binnenverzehr aufzurufen und so die wegfallenden Obstexporte nach Russland zu kompensieren, haben Sie sich in schönster CSU-Manier dazu einen ungemein originellen Spruch einfallen lassen: „An apple a day keeps the Putin away!“ Immerhin: So lange solcherart Einfalt als regierungsfähig gilt, ist die Gefahr gering, dass hierzulande noch kleinere Kinder an die Macht kommen.

Ronald Schill, Selbstverächter – Als Sie seinerzeit in Hamburg erst „Richter Gnadenlos“ und dann gar Justizsenator waren, hatten Sie sich bereits ein beachtliches Maß an Verachtung erarbeitet. Da Sie zum Glück längst wieder ein politischer Nobody sind und auch sonst wohl kaum ein Vierbeiner einen Knochen von Ihnen nimmt, dafür Sie selbst wohl auf den Hund gekommen sind, haben Sie es nun offenbar nötig, im Big-Brother-Camp als Tanzbär am Nasenring für die Blöden zu reüssieren. In Bayern würde man wohl sagen: „’s passt scho“