17. Jahrgang | Nummer 11 | 26. Mai 2014

Antworten

Christian Lindner, Liberalissimus – „In Deutschland fahren die einen Porsche, die anderen Polo, aber alle stehen im selben Stau. Es gibt hierzulande Unterschiede, aber man teilt im Grunde das gleiche Leben“, haben Sie deutsche Sozialverhältnisse beschrieben. Damit kommen Sie der Weltsicht eines Vierjährigen bemerkenswert nahe, Respekt!

Najem Wali, irakischer Schriftsteller – „Die schlimmste Droge ist der Patriotismus. Alle Kriege werden im Namen des Patriotismus geführt. Mit dieser Droge kann man viele Menschen betäuben. Und dann gehen sie hin und denken, sie würden ihre Grenzen, ihre Gesellschaft, ihre Werte verteidigen“, haben Sie in einem Interview nüchtern konstatiert. Dem haben wir nichts hinzuzufügen.

Beppe Grillo, Chef der italienischen Bewegung „Fünf-Sterne“ – „Alle ab nach Hause“ skandieren zehntausende, wenn Sie mit der Ihnen eigenen Leidenschaftlichkeit zu ihnen sprechen. Sie nehmen so eine Ihrer Forderungen auf, nämlich die etablierten Berufspolitiker Ihres Landes „in die Wüste zu schicken“. Das hört sich sehr radikal und entschlossen an, nur ist es mit der Zerstörung bestehender Strukturen allein nicht getan, ein Land wie Italien künftig basisdemokratisch und korruptionsfrei zu regieren. Das, was nicht (mehr) geht, wissen Linke immer ziemlich präzise zu benennen. Wie es indes – und zwar funktionsfähig – wirklich besser zu machen wäre,… nun ja.

Peter Ramsauer, Volksvertreter – Anders als politisch nahezu unisono lehnen Sie den Versuch der Stromkonzerne, das Aus für deren langjährigen Goldesel Atomkraft zu vergesellschaften und die Folgekosten damit dem Steuerzahler aufzubürden nicht ab sondern eines Dankes wert: „Das ist ein strategischer Vorschlag, über den man nicht nur reden kann, sondern muss. Man sollte der Energiewirtschaft eher dankbar dafür sein, dass sie sich überhaupt mit Vorschlägen einbringt, als sie sofort wieder reflexartig zu verdammen“, werden Sie diesbezüglich zitiert. Und in den Kathedralen der Stromerzeuger erklingt wieder einmal das unternehmerische Hohelied auf einschlägige Politiker: Heil sei dem Tag, an welchem Du für uns erschiehinen, dideldumm …

Sylvia-Yvonne Kaufmann, Kämpferin für was auch immer – Sie kämpfen in Berlin für ein besseres Europa, erklärten Sie jüngst dem neuen deutschland. Das ist ehrenwert. Die SPD kämpfe bundesweit. Zur Koalitionspolitik wollten Sie sich nicht äußern – im Wahlkampf würden Sie nicht danach gefragt werden, was Angela Merkel macht. Aber es sei wichtig, „dass wir in Berlin in der Regierung sind und damit in die Auseinandersetzungen auf europäischer Ebene gehen können.“ Hallo Frau Kaufmann, geht’s noch? Sie verweigern jede Aussage über die Regierungspolitik Ihrer Partei und wollen mit genau dieser Regierung „die soziale Frage in den Mittelpunkt der Politik stellen“? Irgendwie sind Sie zu früh dran: Die diesjährigen Berliner Märchentage beginnen erst am 6. November.

Hunter Biden, Sohn und Entwicklungshelfer – Für seinen Papa kann niemand. Aber da das Weiße Haus für die darbende Ukraine nur das Beste will, folgten Sie natürlich brav den Hinweisen Papa Joes, ganz zufällig US-Vizepräsident, der den neuen Kiewern Machthabern erklärte, dass „wir Ihnen in jeder erdenklichen Art“ vor allem mit „den richtigen Investitionen“, helfen würden. Prompt wurden Sie Chef der Rechtsabteilung des ukrainischen Gasversorgers Burisma… Nur kremlgelenkte Bösewichter können Arges dabei denken. Schließlich wollen Sie mit Ihrer Arbeit dem ukrainischen Volk Nutzen bringen. Ihr Landsmann John O. Bennan will das auch. Der ist CIA-Chef und investiert zurzeit ebenfalls heftig in die Republik am Dnjepr.

Lionel Messi, Fußballmaestro – Mit Ihrem exorbitanten technischen Können und Ihrer begnadeten Spielintelligenz sind Sie eine Ikone, für deren Existenz jeder Freund Ihrer Sportart nur dankbar sein kann. Dass Sie zudem ohne jenen Zirkus um Ihre Person auskommen, den andere für ihre Bewunderung mehr oder weniger dringend benötigen und sich dessen denn auch vor entsicherten Kameras und Mikrofonen hingebungsvoll befleißigen, ehrt Sie außerdem. Auch daran, dass Sie für gute Arbeit gutes Geld verdienen, ist nichts auszusetzen. Dass es nach einer taufrischen Gehaltserhöhung beim FC Barcelona nunmehr nicht mehr „nur“ 13 sondern fortan 20 Millionen Euro pro Jahr sein werden, ist allerdings ein weiteres Indiz dafür, wie krank jener Sport nunmehr ist, der einst Fußball hieß und ein sportliches Kräftemessen zwischen den Ball lustvoll tretenden Protagonisten war. 

Hubertus Knabe, Megaexorzist – Unermüdlich und ohne Rücksicht auf ihre eventuell schwindenden Kräfte im Kampf gegen das Böse sind Sie (unter anderem!) darum bemüht, etliche DDR-Symbole verbieten zu lassen, seien diese doch „Schlüsselsymbole des Kommunismus“. Gern würden Sie dabei auch Hammer und Sichel in die historische Schrottpresse verbannen, wie das in Lettland und Litauen schon geschehen ist. Sieht man einmal davon ab, dass Hammer und Sichel sogar im Österreichischen Bundeswappen ihren Platz haben, wäre daran zu erinnern, dass in den genannten baltischen Staaten die einst mit den deutschen Nazis kollaborierenden eigenen SS-Leute heute als Freiheitskämpfer gegen den Kommunismus gefeiert werden, was Ihnen in besagtem Kontext allerdings keine Erwähnung wert ist, kann man Ihnen zur mutigen Offenbarung Ihrer eigenen Gesinnung einmal mehr nur gratulieren. Wer solche öffentlich bestallte! Historiker hat, kann sich Geschichtsanalyse sparen.

Hans-Ulrich Wehler, streitbarer Sozialhistoriker – Soeben haben Sie den Lessing-Preis für Kritik erhalten, wozu Ihnen auch dann zu gratulieren ist, wenn Sie bisweilen auch schon mal ziemlich umstrittene Positionen vertraten. Dass Sie Ihre Dankesrede aber ausdrücklich dazu nutzen, die dramatische soziale Ungleichheit zu thematisieren, ehrt Sie in jedem Fall. Zumal Sie es nicht bei einer Anklage belassen sondern auch auf zumindest eine Lösungsmöglichkeit hingewiesen haben. Gäbe es in Deutschland, so sind Sie zitiert worden, eine ähnlich hohe Erbschaftssteuer wie etwa in Frankreich, stünden dem deutschen Staat mehr als 2,5 Billionen Euro zusätzlich zur Verfügung. Wofür eine solche Geldmenge bitter nötig wäre, muss hier nicht aufgeführt werden. Dass auf Ihre Forderung hin die Kleinerben nicht zittern müssten ist offenkundig, wenn man weiß, dass es die Großerben sind, die 90 Prozent des besagten Vermögens besitzen und, wer hätte das gedacht, auch in Frankreich noch immer nicht am Hungertuch nagen müssen.

David Alaba, FC-Bayern-Profi – Verflucht, Sie müssen vier Wochen pausieren, da Sie sich bei einem Training einen Muskelfaserriss in der Bauchdecke zugezogen haben. und nun die beiden Testländerspiele Österreichs, zu dessen Nationalteam Sie gehören, verpassen! Ein Glück, dass wenigstens seriöse Nachrichtenportale wie Spiegel online solchen Tragödien jenen Nachrichtenwert beimessen, den sie verdienen. Also bitte Welt, erschaudere und bange mit David Alaba samt Österreich. Und wer kann, spende dem Balltreter vielleicht sogar eine intakte Bauchmuskelfaser.