14. Jahrgang | Nummer 10 | 16. Mai 2011

Crossmediales Verblödungsprogramm

von Ines Fritz

Am 04.04.2011 hat sich die Interessengemeinschaft Antifeminismus Deutschland (IGAFD) gegründet. Die IGAFD ist ihrem Selbstverständnis nach „eine selbstständige Gemeinschaft, welche eng mit der IGAF in der Schweiz zusammenarbeiten und gemeinsame Aktionen durchführen will“. Schon am 21.04.2011 wurde mitgeteilt, dass sich die IGAFD „in ihrer bisherigen Form aufgelöst“ hat und eine „Neuordnung“ stattgefunden habe. Der bisherige Pressesprecher, Dipl.-Ing. Manfred Worm Schäfer (Frankfurt am Main), wurde „abberufen“ und mitgeteilt, dass seine Mitgliedschaft in der IGAFD beendet sei und ihm „für seine geleistete Arbeit“ gedankt werde, zudem wünsche man ihm „alles Gute“. Als Kontaktpersonen sind Detlef Bräunig (Lindau) als Pressesprecher, Michael Hendricks (Moers) als Sekretär und Klaus-Jürgen Klotzbücher (Hamburg) mit Zuständigkeit „Mediengestaltung“ genannt.
Neben der IGAFD gründete sich die AFI-D, Antifeminism International in Deutschland. Ansprechpartner ist Dipl.-Ing. Manfred Worm Schäfer. Auf der Webseite der AFI-D heißt es: „Wir wollen Antifeminismus, den Kampf gegen die Ideologie des Feminismus, weltweit etablieren.“ und „Der Feminismus gehört auf den Müllhaufen der Geschichte!“.
Die IGAFD erklärt, dass der „schizophrene Weiblichkeitswahn“ System habe und „Männer als die unterdrückerischen aber minderwertigen, Frauen hingegen als die edleren, reineren Menschen, die sich über ihre Unterdrücker erheben“ definiere. Diskutiert werden die „unsinnige Forderung der Feministinnen nach einer Frauenquote“ und die „kindlich naive Vorstellung“, Feminismus sei „für Frauen und ihre Rechte“. Mitteilenswert ist die Geschichte der „armen Afrikanerin“, die „gänzlich mittellos“ sein soll, aber dies bei „einem monatlichen Unterhaltsbezug von Fr. 4.000,-“. In seinem privaten Blog arbeitet IGAFD-Pressesprecher Detlef Bräunig als „Leutnant Dino“ die Folgen seiner Scheidungen unter der Rubrik „Die Geldgier der Afrikanerinnen“ auf. und gibt an: „Die meisten Afrikanerinnen sind wohl doch mehrheitlich Nutten.“
Differenzieren möchten Antifeministen nur die „Linksfaschisten“ – also alle Andersdenkenden – nach dem Geschlecht: Männer werden als „Lila Pudel“ beschimpft, Frauen als „Feminazis“. Die ersten Anzeichen eines Vernichtungskriegs gegen die Männer erkennen Antifeministen im Bildungsmisserfolg der Jungen, in Massenarbeitslosigkeit und in der Unterhaltspflicht der Männer. All das diskriminiert Männer, auch wenn es Frauen ebenso betrifft.
Den Antifeministen geht es um die „echte“, „wahre“ und „ehrliche“ Gleichberechtigung, die Feminismus und Gleichstellungspolitik angeblich nicht zu leisten bereit sind. Oder sie sind einfach dagegen. Feminismus ist für Antifeministen eine Diagnose, wahrscheinlich unheilbar. Sex mit einem Mann kann den verwirrten Frauen helfen, muss aber nicht. Darum wird dem „Staatsfeminismus“ der Krieg erklärt und gekämpft wird täglich.
Gleichstellung muss aber sein, wenn schon nicht laut Statistik, dann doch bitte sprachlich. Aus „Tätern“ werden in der Sprache der Antifeministen „TäterInnen“, denn alles andere diskriminiert Männer. Außerdem ist im Begriff „Opfer“ die pauschale Verunglimpfung der Männer zu erkennen, damit wird die doppelte Diskriminierung des Mannes bewiesen, denn weil Opfer weiblich sind, sind Männer „TäterInnen“. Aber schon im nächsten Absatz wird kritisiert, dass Frauen die Opferrolle nicht zusteht, denn Männer sind nämlich auch Opfer, darum heißt Feminismus „Opferkult“. Außer Antifeministen kümmert sich nämlich niemand um die – laut DMax-TV – „tollsten Menschen der Welt“: Männer. Der Antifeminist Arne Hoffmann hält dazu unter dem Titel „Sind Frauen bessere Menschen?“ ein „Plädoyer für einen selbstbewussten Mann“. Was gesagt werden muss, muss auch gefragt werden dürfen.
Um dennoch seriös zu wirken, wird Statistik gebogen, fehlinterpretiert, geleugnet oder als „links“ oder „feministisch“ entlarvt und viel ferngesehen, DMax und Frau TV. Das eine für das Entertainment, für echte Männer, das andere für die tägliche Portion Hass auf unechte Frauen. Im Namen der Gerechtigkeit für Männer müssen dann auch Frauenhäuser abgeschafft werden, denn in solchen werden Steuergelder verschwendet und Männerhass gelehrt. Im ersten Männerhaus im Brandenburgischen Ketzin gibt es einen Gemeinschaftsraum, Männer spielen Skat und braten Kartoffeln. „Auch Hilfe suchende Frauen werden dort nicht abgewiesen“, so berichtet n-tv über das erste Männerhaus. Gegen die Betreiber Dietmar Gettner und Horst Schmeil, ehemaliger Bundesvorstand des Väteraufbruch für Kinder e.V., ermittelt die Staatsanwaltschaft Potsdam wegen „Betrug, Bedrohung und mehr“. Im Internet heißt es: „Wo auch immer der umtriebige Väterberater Horst Schmeil beteiligt war, fehlten erhebliche Summen.“ Ob auch Steuergelder verschwendet wurden, ist nicht bekannt.
Neu ist am Antifeminismus nichts, schon 1902 skizzierte Hedwig Dohm Antifeministen als jene „die den Gedankeninhalt vergangener Jahrhunderte für alle Ewigkeit festzuhalten für ihre Pflicht erachten“. Neu ist nur das Internet und in diesem toben sich Antifeministen aus, schieben einander Belege für die Wichtigkeit und Richtigkeit ihrer Thesen zu und machen auf „Feminazis“ und „Lila Pudel“ Jagd. Jede Nacht sinken sie entkräftet in ihren Foren zusammen und sprechen einander Mut zu. Wenn erst der Feminismus ein Ende hat, ja, dann wird nämlich alles besser. Dann gibt es Geld, Ehre und Ruhm auch endlich für Männer, und das alles braucht Mann ja, um von Frauen begehrt zu werden. Bis dahin müssen die Erfolge im Geschlechterkampf als Ehrbeweise reichen: In irgendeinem Forum hat irgendeine Schlampe irgendeinen Antifeministen als Sexisten beschimpft. Solidarität muss jetzt sein, auch die tollsten Menschen der Welt brauchen Selbstbewusstsein. Dass Antifeministen sich organisieren ergibt sich aus ihrer Weltsicht, die eben auch den Feministinnen und Feministen Seilschaften und Macht andichtet, gegen die Zusammenhalt und Entschlossenheit praktiziert werden muss. Nur Hand in Hand kann der Feminismus besiegt werden, der tägliche Nachschub an Unwahrheiten und selektierten Belegen sichert die eigene Überzeugung gegen Kritik.
Vorsicht ist dennoch geboten: Antifeminismus ist ein crossmediales Verblödungsprogramm, dem jeder und jede verfallen kann, wenn es denn darum geht, eine individuelle Problemlage möglichst simpel zu erklären. Antifeminismus bietet einen Sündenbock. Und es geht auch nicht nur gegen den Feminismus, sondern gegen alle linken, egalitären und emanzipatorischen Politiken. „Linke sind die Pest“ ist eine geläufige Parole im Dunstkreis der Antifeministen. An der eigenen Unzufriedenheit sind dann eben der „Staatsfeminismus“ schuld und die „Diskriminierung der Männer“ sowie der „Tittensozialismus“. Das ist infantil, aber so machen das Verschwörungstheoretiker eben gern.
Genau so gut und genau so oft verfallen Leichtgläubige dem Rechtspopulismus, dem Rassenhass oder der Theorie von der Scheibenerde. Antifeministen aber wünschen sich „Gerechtigkeit“, die ganz sicher eintreten wird, wenn der Feminismus erstmal besiegt ist. Weil kein Antifeminist gern auf den Erfolg warten will, wird er diskriminiert. Dass der Erfolg für manchen ein Leben lang ausbleibt, liegt an seinem Geschlecht und am Feminismus. Entdeckt ein Antifeminist weibliche Konkurrenz, wird gegen die Frauenquote gewettert. Fühlt er sich unwohl, sind andere schuld. Was diese Männer wollen, ist Frauen nicht erlaubt.
Klar ist, dass den meisten Männern die antifeministischen Vorgaben zum Eintritt in die Opferrolle und die „Hilfsangebote“ der Antifeministen herzlich egal sind. Dass ein Mann es übel nehmen könnte, ein Opfer des „Staatsfeminismus“ sein zu müssen, können Antifeministen sich jedenfalls kaum vorstellen, denn immerhin kämpfen sie für die Rechte der MÄNNER, aber diese definieren sie subjektiv und das ist leider kein sozialer Fortschritt.