Des Blättchens 12. Jahrgang (XII), Berlin, 13. April 2009, Heft 8

Bemerkungen

Zwei, die dasselbe tun

Geldgier ist kein Privileg der elitären Schichten, nein, sie hat auch die einfachen Leute infiziert. Ein arbeitsloser Vater von zwei Kindern, der monatliche Sozialleistungen von 351 Euro erhält, unternahm es, statt in einem Aufsichtsrat den wirtschaftlichen Aufschwung zu beflügeln oder ein Regierungsamt anzutreten, die Schere zwischen Arm und Reich dadurch zu schließen, daß er auf die Straße betteln ging. »Er sitzt«, berichtet eine Zeitung, »regelmäßig vor einem großen Supermarkt in Göttingen, erbettelt ein wenig Geld (von den Passanten)«. Es ist anzunehmen, daß er das auf ein Nummernkonto in der Schweiz oder in eine Stiftung in Liechtenstein einzahlen und die dem Finanzamt zustehenden Steuern hinterziehen wollte. Das kann nicht gutgeheißen werden. Ein Mitarbeiter des Sozialamtes prüfte die Blechbüchse, die der Mann vor sich hingestellt hatte, und entdeckte darin zunächst 1,40 Euro. Als der Sozialbeamte pflichtbewußt wenig später die Kontrolle wiederholte, lagen schon 6 Euro in dem Behälter. Das konnte er nicht hinnehmen. Und so schrieb er an den, der so ruchlos Vermögen ansammelte: »Aufgrund Ihrer geänderten wirtschaftlichen Verhältnisse, habe ich die Leistungen neu berechnet. Entsprechend habe ich einen geschätzten Betrag von 120,00 Euro durch Betteln angerechnet.« Diese Summe wurde von den genannten Sozialleistungen abgezogen. Auf den Einspruch des Bettelmannes hin wurde die Kürzung angemessen gemildert. Nun wurden nur noch 45,00 Euro pro Monat abgezogen. Die Manager, über die sich jetzt alle Welt aufregt, haben ihre Millionen auf der Grundlage ordentlicher Verträge und entsprechend den bei uns herrschenden guten Sitten bezogen. Auf den dubiosen Gedanken, Geld mit einer Blechbüchse auf der Straße einzusammeln, ist keiner von ihnen gekommen. So konnte der Sprecher des Sozialamtes guten Gewissens sagen:

»Wir sind unserer gesetzlichen Pflicht nachgekommen.« Dennoch hat der Oberbürgermeister am Ende den Arbeitslosen wie einen Manager behandelt und ihm die volle Stütze und das Bettelgeld belassen. Der Gleichheitsgrundsatz hat das ermöglicht.

Günter Krone

Alles gefilmt

Wo befinden Sie sich eigentlich jetzt gerade, da Sie das Blättchen lesen, und auf welchem Wege ist es überhaupt zu Ihnen gekommen? Keine Aufregung, ich habe keine Kamera bei Ihnen installiert, um Sie bei dieser sehr verdächtigen Betätigung zu beobachten. Daß Sie jetzt gerade lesen, daß Sie das Blättchen lesen, ist eine sich selbst bestätigende Tatsache. Ich nämlich komme manchmal kaum in meine eigene Wohnung, geschweige denn in fremde. Aber dort, in meinen eigenen vier Wänden, habe ich sehr wohl eine Videoüberwachung installiert, um zu sehen, ob in meiner Abwesenheit verdächtige Gestalten mein Heim heimsuchen. Damit nehme ich dem BKA eine Arbeit ab, denn es braucht bei mir nicht mehr zu filmen, sondern kann auf meine Aufnahmen zurückgreifen, die ich Ihnen, liebe Gen … Herren Beamte hiermit anbiete. Sollten Ihnen dabei bekannte Gesichter unterkommen, können Sie ja disziplinarisch gegen die Tollpatsche vorgehen, die sich von einem wie mir filmen lassen, und ihre Schlapphüte gegen Schlafmützen umtauschen. Es scheint zwar unwahrscheinlich, daß man als unbescholtener Bürger solches zu fürchten hätte, also nicht den Umtausch der Kopfbedeckung der Michel hat traditionell die Zipfelmütze auf –, sondern die Beobachtung durch »seine« demokratischen Dienste, den »Bürger im Schlapphut«, sozusagen in Anlehnung an den »Bürger in Uniform«, der übrigens beim Einsatz im Innern sicher nur gegen reguläre Truppen eingesetzt wird, weil er doch selber eine solche ist, ergo eine gegen sich selbst kämpfende Truppe wäre, womit er diesmal Sieger werden dürfte. Jedoch die Eigenschaft, unbescholten zu sein, gibt es immer nur im Zusammenhang mit einem »bisher«, sie ist also zeitlich beschränkt. Wie die Sicht diverser Dienste auf uns. Das kennt man aus vergangenen Zeiten, in denen so mancher Mitkämpfer erfuhr, daß er ein Feind sei, obwohl ihm das nie im Sinn stand. Der »imperialistische Agent« war der Popanz, der für solche Verdächte herhalten mußte. Er ist aber in den Ruhestand gegangen, seinen Platz hat nun der Terrorist eingenommen. Und genauso plötzlich, wie der bombt, klingelt er auch an fremden Türen, gibt sich als Zeuge Jehova aus, der an ihrem Fernseher den Sektensender ein- und den -filter ausschalten will, ist aber von der GEZ, die prüfen will, ob Sie nicht doch Gebühren zahlen müssen, was aber nur die geschickte Tarnung eines perfiden Terroristen ist, der als V-Mann des BND prüft, ob das BKA seine Arbeit richtig macht. Und da kann man doch als Bürger helfen. Also Jungs, wenn ihr das lest, kommt doch mal vorbei und holt die neuesten Bilder; aber laßt Euch eine ordentliche Legende einfallen, es wird alles gefilmt!

Ove Lieh

Harzer Kreativität

»Im Harz, da ist es wunderschöhhn…«‚ weiß eine alte volksmusikliche Hymne zu berichten, um dabei vor allem vom zauberhaften »Köhlerliesel« zu berichten. Lange Zeit mögen deren blauen Augen, ihr blondes Haar und roter Mund als Magnet genügt haben. Heute lockt es aber kein Schwein mehr hinterm Ofen und gar Richtung Harz hervor, wenn besagte Liesel, »kaum 17, 18 Jahr, juwiwallerallala«, »frühmorgens, wenn die Hähne kräh‘n aus ihrem Köhlerhaus herausschaut. Dieses beklagenswerte Defizit hat Harzer Tourismusvermarkter auf den Plan gerufen. Und wie das so ist: Gerade die Not gebiert die kreativsten Ideen. Zwischen Goslar und Stolberg baut man nun auf die Magnetkraft der ganz frühen Schöpfungsgeschichte. Der zufolge wandelten die beiden Erstbewohner unseres Planeten bekanntlich nackt durch die paradiesischen Gefilde des HERRn. An nichts weniger knüpft man im Harz nun an; erfolgreich, versteht sich. Kam die – vorerst dann doch gescheiterte – Idee des Nacktfliegens für FKK-Fans an die Ostsee schon aus Thüringen, immerhin ebenfalls Harz-Anrainer, so sind ihr nun Weiterungen gefolgt, die ganz nach Marxscher Intention zur revolutionären Gewalt werden, da sie die Massen ruckzuck ergriffen haben. Die Anlage eines Nacktwanderweges hat den Anfang gemacht. Ein Nacktrodeln wiederum hat jüngst erst in Braunlage dutzende Teilnehmer und hunderte Zuschauer angelockt. Daß die Rodler diesmal noch Slips trugen, ist in Anbetracht eines solchen Neubeginns touristischen Daseins für diesmal sicher mit Nachsicht zu betrachten.

hwk

Hat sich was

Heiligenstadt war kürzlich mehrfach in den Meldungen. Klar, als Dieter wiederkam, aber auch, als gemeldet wurde, daß mehrere Thüringer Kommunen Geld bei riskanten Finanzgeschäften verloren hätten. Auch Kahla, die Stadt mit 7300 Einwohnern, hat angeblich drei Millionen Euro verzockt. Auch Provinzkämmerer sind nicht frei von der Sehnsucht nach dem schnellen und mühelosen Gewinn. Und ganz ehrlich, auch der geprellte Anleger hatte doch schwache Momente, in denen ihn seine Bescheidenheit verließ und er dachte, er könne seine paar Kröten durch einen kühnen Wurf an die Wand in einen, wenn auch bescheidenen, Reichtum verwandeln, so wie einst die Prinzessin den Prinzen generierte. Leider übersah er, daß genau an der Stelle, die er treffen wollte, ein Fenster offen war, durch das er sein Geld nun warf. Auf der Straße, wo man es vielleicht auch hätte gebrauchen können, landete es allerdings nicht, sondern dort, wo man ohnehin mehr von Geld versteht und nie sein ganzes und vor allem nicht sein eigenes riskieren würde.

Tja, und mal ganz ehrlich, liebe Mitzockerinnen und Mitzocker, daß wir keine Millionen verspielen, liegt doch vor allem daran, daß wir nicht über sie verfügen.

O.L.

Wirsing

Auf ARTE KULTUR wurde auf ein neues Slapstick-Duo hingewiesen, das sich als Vorbilder Oliver & Hardy ausgewählt hat. Wer war denn das? Oliver & Hardy waren beliebte amerikanische Filmkomiker zu einer Zeit, als man in Österreich über das Filmduo Hans & Moser lachte, das lange vor den deutschen Paaren Rolf & Herricht oder gar Oliver & Pocher populär war.

Fabian Ärmel