Des Blättchens 12. Jahrgang (XII), Berlin, 30. März 2009, Heft 7

Unsterbliches Köpenick

von Lotar Cibis

Ich hab darüber nachgedacht,
was Köpenick berühmt gemacht,
und da steht vornan jener Schelm,
der einstmals mittels Pickelhelm
und einer Stadtsoldatenschar
zu Gast im schönen Rathaus war,
verkleidet als ein Offizier,
in Uniform und in Manier.
Auf Mark und Pfennig gab man bar,
was damals in der Kasse war.
Ein Schuster hat den Coup vollbracht,
der solcherart Geschichte macht.
Was einst der Welt den Atem nahm,
das wäre heute Kinderkram.
Ist jetzt ein Top-Finanzmann blank,
als Vorstand einer großen Bank,
weil er gesetzt mit leichter Hand
Milliardensummen in den Sand,
muss er persönlich nicht verzichten,
der Vater Staat soll‘s für ihn richten,
damit am Schluss mit Unschuldsmiene
er an der Pleite noch verdiene.
Zwar stimmt es, dass er dreist belog,
um anvertrautes Geld betrog,
doch bleibt er stets der Ehrenmann,
der nichts für eine Krise kann.
Das Unglück, das da ist geschehn,
war schließlich nicht vorauszusehn.
Im Kleingedruckten unverdrossen
war jede Haftung ausgeschlossen.
Die Bänker sind damit fein raus,
sie sitzen Krisen locker aus,
und den Betrogenen wird klar,
wer einmal mehr der Dumme war.