Des Blättchens 11. Jahrgang (XI), Berlin, 13. Oktober 2008, Heft 21

Globales feiern

von Helge Jürgs

Panta rhei wußten die Griechen spätestens seit Heraklit. Seit auch noch die Globalisierung erfunden worden ist – diesmal nicht von den Griechen –, ist nun weltweit alles im Fluß. Vieles geht dabei den Bach runter, anderes strömt uns allen als echter Gewinn zu. Freudvoll zu feiernde Feste zum Beispiel. War deren Zahl trotz gewisser Variablen in den Bundesländern national bislang begrenzt, sind sie nun fast ausgereizt, seit Halloween selbst im letzten Oberlausitzer Winkel grassiert und das blau-weiße Oktoberfest auch in sachsen-anhaltinischen Kleinstädten willkommener Anlaß zum volksfestgestützen Besäufnis bietet. Wenns ums Bier geht, ist der Anlaß eh (Weiß-)Wurscht.
Die besagte Globalisierung bietet in dieser Hinsicht ungemein viele Möglichkeiten. Vom allbekannten Dualismus »Brot und Spiele« ist der Part des Nahrungsgutes ja langsam ausgereizt, jener der Vergnügungen aber noch lange nicht.
Warum also sollten die uns fröhlich Regierenden uns nicht dauerhaft bei guter Laune halten, indem sie, mit einem entsprechenden Bundestagsmandat versehen, etwa jede Kalenderwoche mit einer Fete besetzen, die bislang auf Erden nur anderen vorbehalten war. Mit etwas Mühe ließe sich sogar für jeden Tag des Jahres etwas finden, was das Herz von Hartz1-4 zu erfreuen und zu wärmen vermag.
Bei Halloween klappts doch schon ganz ordentlich, Thanksgiving ließe sich locker auch noch aus den Staaten importieren, die Steubenparade sowieso. Oder das vietnamesische Tetfest, allerliebste asiatische Folklore, der eigentlich nur noch der Biergenuß beigesellt zu werden braucht, um auch hierzulande Furore zu machen. Das russische Jolkafest, das den Vorzug hat, terminlich mit unserem Weihnachten nicht zu kollidieren, wäre besonders etwas für die Liebhaber von Stolitschnaja und Wodka Gorbatschow. Ramazan Bayram’, das Fastenbrechen nach dem Ramadan, ist als mehrtägige Sause zumindest dann reizvoll, wenn man mit dem blöden Alkoholverbot der Muslime wenigstens in unseren Breiten Schluß machte; das vorherige Fasten hätte für Hartz-4-Empfänger sogar pekuniäre Vorteile. Kumbh Mela, das älteste und bedeutendste Hindu-Fest wäre auch an Rhein und Oder eine feine Sache, selbst, wenn doof ist, daß es nur alle drei Jahre stattfindet. Für das Lichterfest Loy Krathong ist in Thailand ein Vollmondtag im November vonnöten; so was haben wir hier schließlich selber. An die enorme Menge der griechischen Kirchweih- und Weinfeste wäre sowieso zu denken. Und auch das arabische Beschneidungsfest hätte auch was; ein kleines Opfer sollte dessen Einführung in unseren Festkalender schon wert sein …