Des Blättchens 11. Jahrgang (XI), Berlin, 21. Januar 2008, Heft 2

Das fängt ja gut an

von Angelika Leitzke

Im Januar hat sich in Berlin lediglich die Zahl der tödlich verunglückten Fußgänger erhöht, da die Straßenreinigung darauf besteht, die schneefreien Trottoirs der City so einwandfrei zu streuen, daß ihr keine Zeit mehr dazu bleibt, den Eispisten der Peripherie dasselbe angedeihen zu lassen. Außerdem läßt die Hälfte der Berliner Autofahrer ihre Kiste zu Hause stehen, da sie nicht weiß, ob sie in den Umweltzonen der Stadt den Erstickungstod erleiden wird oder nicht.

Im Februar kommt es zu ersten handgreiflichen Auseinandersetzungen zwischen Berliner Autofahrern und den Ordnungskräften der Stadt, als diese entdecken, daß die neue Umweltplakette falsch oder gar nicht angebracht wurde. Die Zahl der Punkte in Flensburg steigt sprungartig an, so daß sich hier kein Personal mehr findet, das das Zentrale Register schnell genug ausfüllen kann.

Im März werden erste Raucherleichen aus ihren ehemaligen Stammkneipen geborgen, da ihnen dort das Rauchen unter Androhung der Todesstrafe verwehrt wurde, woraufhin sie einen psychischen Zusammenbruch mit sofortigem coronalen Infarkt erlitten.

Im April haben bereits fünfzig Prozent der in Deutschland lebenden Ausländer das Land fluchtartig verlassen, weil sie befürchten, bei Razzien wegen Terrorverdacht oder anerzogener Bereitschaft zur Körperverletzung ohne einen anständigen Anwalt verhaftet und lebenslänglich hinter Gitter verfrachtet zu werden. Die damit freiwerdenden Arbeitsplätze will aber kein Deutscher einnehmen, da er befürchtet, sich die Hände zu sehr schmutzig zu machen. Dies führt zu weitreichenden Ausfällen in Straßenreinigung, Müllabfuhr und beim Bau sowie bei Pizzabäckern und Angehörigen des Rotlichtmilieus. Bi- oder homosexuelle Bundestagsabgeordnete mit unbefriedigten erotischen Bedürfnissen wissen weder ein noch aus.

Im Mai werden endlich die letzten Christbäume und Raketenknaller von 2007 aus den bundesdeutschen Großstädten von der Müllabfuhr abgeholt. Inzwischen sind sie fast zu Staub zerfallen, was den Abtransport natürlich erheblich erleichtert. Doch haben die Osterhasen mittlerweile so viel Dünnschiß hinterlassen, so daß das ganze Elend wieder von vorn anfängt.

Im Juni rollt infolge des weltweiten Klimawandels bereits die erste Hitzewelle über Deutschland hinweg und fordert zahlreiche Todesopfer. Infolgedessen beschließt die Bundesregierung ein Gesetz, das auch das Rauchen in Privatwohnungen unter Strafe stellt, sofern diese nicht über eine funktionsfähige Klimaanlage verfügen. Im Zuge dessen errichten eingeschworene Raucher Smoking-Areas an Autobahnen und relevanten Verkehrsknotenpunkten, wo sie nicht nur ungestört qualmen können, sondern auch auf den nächsten Autofahrer mit Zigarette warten, der sie mit in ein raucherfreundliches Ausland mitnimmt, zum Beispiel nach Saudiarabien.

Im Juli verhaften bei mehreren Razzien in Privatwohnungen die Sicherheitskräfte von Bund und Ländern alle Personen über zehn Jahre, die sich eine Zigarette in ihrer eigenen vier Wänden gestattet haben. Da diese Durchsuchungsaktionen sehr ergiebig ausfallen, kommt es zu einer Überfüllung der einheimischen Gefängnisse, so daß die dort bereits inhaftierten Straftäter und Schwerstkriminellen auf freien Fuß gesetzt werden müssen.

Im August ist das Privatvermögen der Gewerkschaft der Lokomotivführer endlich aufgebraucht, so daß sie sich keinen weiteren Streik mehr leisten kann. Die Bahnreisenden haben sich mittlerweile aber so an die Ausfälle im Bahnverkehr gewöhnt, daß sie auf die öffentlichen Verkehrsmittel ganz verzichten und nun lieber zu Fuß gehen, sofern sie über kein eigenes Auto verfügen. Dies führt zu sogenannten Rattenlinien quer durch die Republik, das heißt Schleichrouten, auf denen man per pedes am schnellsten von A nach B kommt.

Im September hat Innenminister Wolfgang Schäuble endlich klein beigegeben und erklärt, führendes Haupt einer republikfeindlichen terroristischen Vereinigung zu sein. Wegen der Immunität der obersten Staatsbeamten durfte eine online-Durchsuchung seiner dienstlichen wie privaten Rechner bislang nicht vorgenommen werden.

Die Bildzeitung rätselt nun über den Namen der Terrorgruppe, der Schäuble angehören will, und verlost Sachpreise im Wert von insgesamt einer Million Euro unter denjenigen Lesern, die ihn herausfinden.

Im Oktober hat sich aufgrund des klimatisch bedingten Waldsterbens herausgestellt, daß es in diesem Jahr keine Weihnachtsbäume mehr geben wird. Daher werden alle Kinderbücher, die von echten Weihnachtsbäumen erzählen, aus dem Warensortiment entfernt, und die deutsche Kunststoffindustrie bereitet sich auf den größten Knüller aller Zeiten vor: den aufblasbaren Synthetikweihnachtsbaum, der niemals nadelt und nie alt wird, aber in jedem Moment lichterloh brennen kann.

Im November haben sich die Gas- und Ölpreise so saftig erhöht, daß nicht einmal mehr Merkels Augenzwinkern gegenüber dem russischen Präsidenten etwas nützt. Die internen Berater der Kanzlerin erwägen nun neue Methoden, den russischen Staatschef kleinzukriegen, zum Beispiel die Wahl einer anderen Lippenstiftfarbe.

Im Dezember stellt sich heraus, daß bei der amerikanischen Präsidentschaftswahl im November in mehr als drei US-Bundesstaaten bei der Auszählung kräftig gemogelt wurde. Man beschließt, George Bush jr noch ein paar Monate weiterwerkeln zu lassen und verschiebt die ganze Wahl auf das Neue Jahr, in dem ja bekanntlich sowieso alles besser werden soll.