Des Blättchens 10. Jahrgang (X) Berlin, 14. Mai 2007, Heft 10

Zurück zur Ordnung

von Tota Li Thaer

Im vergangenen Jahrhundert haben vom Fieber des Kosmopolitismus Irregeleitete gleich zweimal die bewährte deutsche Rechtsordnung gemeuchelt: 1918/19 und 1945/49. Und zwar mit einem heimtückischen Import, erwachsen aus französischer Unstetigkeit und Rebellion: der sogenannten Gewaltenteilung und dem nicht weniger sogenannten Rechtsstaat.
Fürst Bismarck hatte zwar 1871 Zugeständnisse an den Zeitgeist gemacht und war dabei bisweilen über das unabdingbar Notwendige hinausgegangen; doch hatte er es letztlich nie an Staatsräson fehlen lassen. Daß das Sozialistengesetz fiel, war nun wirklich nicht seine Schuld. Wie 1914 zeigte, wußten die Sozialisten in der Stunde der Bedrohung, was sie dem deutschen Volke schuldig sind.
Wichtiger und entscheidend waren letztlich die Paragraphen, die Majestätsbeleidigung und ähnliche Verbrechen ahndeten. Wenngleich sie rechtsförmig angelegt waren, gestatteten sie dem Staat, »wenn es politisch wurde«, die Putativnotwehr: Festungshaft nicht unter einem Jahr.
1918 jedoch verrieten die Sozialisten das deutsche Volk, indem sie es einer völlig undeutschen Rechtsordnung auslieferten. Auch wenn die in den folgenden Jahren um einige korrigierende Elemente bereichert wurde, konnte doch in diesem Homunkulus des Novemberumsturzes so ziemlich jeder völlig verantwortungslos vorsichhinagitieren.
Erst das Jahr 1933 setzte dieser Schande ein Ende. Sicherlich, man kann nicht alles, was dann folgte, rückhaltslos gutheißen – zumindest reicht unser heutiger Abstand dafür noch nicht aus. Aber das Rechtswesen wurde wieder in Ordnung gebracht. An die Stelle des welschen Rechtsstaates trat der deutsche Doppelstaat: Wer sich anständig benahm, erlebte einen strengen, aber gerechten Normenstaat und konnte ein anständiges deutsches Leben führen; wer das nicht vermochte, bekam die gesamte Härte des Maßnahmestaates zu spüren. Natürlich war nicht alles in schönster Ordnung. Wo gehobelt wird, fallen halt Späne. Aber die zweifellos bedauernswerten Exzesse dürfen nicht mißbraucht werden, um über den hohen moralischen Gehalt des Doppelstaates als Ganzem hinwegzutäuschen.
Doch genau das geschah nach 1945, wo im Westen abermals der Einfluß undeutscher Rechtsordnung überhandnahm. Die Kommunisten im Osten waren da wesentlich patriotischer. Gestützt auf die russischen Bajonette denunzierten zwar auch sie die Jahre nach 1933, wußten jedoch, das Kind nicht mit dem Bade auszuschütten. Zwar kamen auch sie nicht umhin, einen Normenstaat – sogar einen sehr sozialen – zu pflegen, aber sie vergaßen darüber den Maßnahmestaat nicht.
Allerdings zeigte sich am Ende jedoch, daß sie wirklich nur von fremden Gnaden regierten und darüber die echte deutsche Festigkeit verloren hatten. War jemand, der 1934 einen politischen Witz erzählt hatte, fahrlässigerweise noch unbelangt geblieben, so hatte er 1944 für ein solches Vergehen den Strang zu gewärtigen. Im Osten nach 1945 hingegen löste sich alles auf. 1952 konnte es zwar noch gut sein, für einen solchen Skandal nach Workuta versandt zu werden, 1982 aber nahm die politische Polizei bestenfalls noch einen laschen Aktenvermerk vor und ordnete die Verschiebung des Aktivistenbleches vom 1. Mai auf den 7. Oktober an.
1989 ging dann alles drunter und drüber: Statt den alles in allem bewährten Doppelstaat auf ganz Deutschland auszuweiten, konnte der welsche Rechtsstaat nicht einmal an der Oder zum Stehen gebracht werden. Zeitweilig drohte er sogar, die Grenzen zur ehemaligen Sowjetunion zu überschreiten. Von Brest bis Brest ist heute dem gemeinen Volk jeder Respekt vor der naturgebenen Ordnung, jegliches Gefühl für oben und unten abhanden gekommen.
Es stellt eine unauslöschliche Peinlichkeit dar, daß uns erst die Amerikaner mit Guantanamo daran erinnern mußten, wie man im eigenen Land Ordnung schafft. Wolfgang Schäuble, der einzig Aufrechte in diesem windelweichen Bundeskabinett – der Mann ist nicht irre; wer das glaubt, darf sich jetzt schon leidtun – ist nun angetreten, in Deutschland endlich wieder geordnete Verhältnisse einziehen zu lassen.
Im Zeichen des Terrors die Transformation des Rechtsstaates in einen Doppelstaat halbwegs lautlos zu bewältigen, ist ein schweres Stück Arbeit. Doch Gott sei Dank steht Schäuble dabei nicht völlig allein. Wenigstens die Medien werden ihrer vaterländischen Verantwortung gerecht.
Nur die Linke hat ihre Aufgabe wieder einmal nicht begriffen: sich rechtzeitig nach Emigrationsorten umzusehen, damit demnächst die Lager nicht abermals wegen Überfüllung geschlossen werden müssen. Zumindest das müßten schließlich doch alle aus 1933 gelernt haben.