Des Blättchens 8. Jahrgang (VIII), Berlin, 15. August 2005, Heft 17

Putinka

von Wladimir Wolynski, Moskau

Putinka ist der Name eines jüngst auf den Markt geworfenen Wodkas. Das sehr gute und durch nichts zu trübende »Wässerchen« ist nach dem derzeitigen Präsidenten Rußlands benannt. Ein starkes Stück. So wie einige Geschäfte des Präsidenten. Diese sind jedoch keineswegs so kristallklar wie der neue Wodka.
Erstmals tauchte Wladimir Putins Name in Verbindung mit dem Unternehmen St. Petersburg Immobilien und Beteiligungs AG zu Beginn der neunziger Jahre auf. Putin war zu dieser Zeit noch nicht in Amt und Würden, sondern subalterner Leiter der Abteilung für Internationale Verbindungen in der Stadtverwaltung St. Petersburg. Deren Geschäfte waren dermaßen undurchsichtig, daß die Staatsanwaltschaft zu Darmstadt ein Ermittlungsverfahren einleitete und die Kriminalpolizei aktiv wurde. Daran hat sich bis auf den heutigen Tag nichts geändert. Auch daran nicht, daß der inzwischen über die hohen Staatsämter eines Chefs des Auslandsgeheimdienstes und des Premierministers zum Staatspräsidenten Rußlands aufgestiegene Wladimir Putin jede öffentliche Anfrage in russischen Zeitungen wie der Novaja Gazeta oder direkt an ihn gerichtete schriftliche Bitten um Stellungnahme zum Sachverhalt mit Schweigen übergeht. Rußlands Politiker haben von ihren deutschen Freunden die Kunst des Aussitzens gelernt.
In einem anderen Zusammenhang tauchte Putins Name im März 2001 abermals auf. Am 29. März wurden eine Russin, Tamara Ruditsch (geboren am 13. Februar 1959 in Moskau, von Beruf Molekularbiologin) und ihr Landsmann sowie Geschäftspartner Oleg Lotozkij gegen 22 Uhr in der Zollverwaltung der unweit zur Schweizer Grenze liegenden Kleinstadt Bitingen kontrolliert und das Ergebnis der Kontrolle in einem Protokoll für die vorgesetzte Zolldienststelle in Singen sowie weitere Behörden in Baden-Württemberg festgehalten.
In einer Damenhandtasche und einem Herren-Aktenköfferchen führte das Paar eine Diskette und schriftliche Bankunterlagen über internationale Geldbewegungen in Höhe von fünf Milliarden Dollar mit sich. Auf telefonische Weisung des Stuttgarter Beamten Keller, der sich mit der Verfolgung illegaler Finanztransaktionen befaßt, wurden die beiden Wanderer zur Sache befragt und ihre Unterlagen kopiert. Sechzehn Bank- oder Handelsunternehmen waren mit Namen und Adresse sowie mit den betreffenden Kontonummern und Bankleitzahlen aufgeführt, die im Fünf-Milliarden-Deal ihre Hände im Spiel haben. Zyprische und spanische, US-amerikanische, schweizerische und auch deutsche. Von letzteren wurden einschließlich der betreffenden Konten und Geldbewegungen genannt: die Deutsche Bank des Ehrenmannes Ackermann, die Berliner Bank der Schuldenmajore en masse sowie die eher unbekannte Nürnberger Firma Alexander Kaiser Im&Export.
Eine der kopierten Akten benennt als Zeichnungsberechtigten für die Finanzoperationen einen gewissen Wladimir Putin.
Wem gehören die fünf Milliarden Dollar? Wofür wanderten sie auf verdeckten Wegen durch die internationale sowie deutsche Bank- und Unternehmenswelt? Warum taucht ein Staatspräsident in Verbindung mit undurchsichtigen Geschäften auf? Fragen über Fragen – und keine Antwort.
Ein einziger Faden verbindet jedoch die Milliardengeschäfte, in denen Waldimir Putins Namen auftaucht, über eine kleine Firma in der Stadt Gelendshik in Rußland: mit den Weltunternehmen GAZPROM und LUKOIL.