Des Blättchens 8. Jahrgang (VIII), Berlin, 23. Mai 2005, Heft 11

Vatertag

von Bernhard Romeike

Es ist Mai. An der Bushaltestelle sind Aufkleber angebracht: »Vatertagsfeiern« seien sexistisch und frauenfeindlich, rassistisch beziehungsweise fremdenfeindlich und außerdem antisemitisch. Deshalb werde seit Jahren die Forderung gestellt, die BVG solle heterosexuelle, deutsche Männer an diesem Tage vom Öffentlichen Personennahverkehr ausschließen oder diesen ganz einstellen. Unterschrieben ist der Aufkleber nicht, ich kann nur vermuten, aus welcher Richtung er kommt.
Zunächst klingt das Anliegen plausibel. Wer hat nicht schon in Berlin oder anderenorts an einem »Vatertag« Horden Trunkener lallen oder pöbeln gesehen. Da scheint es angebracht, Einhalt zu gebieten. Beim weiteren Nachdenken aber stellen sich Fragen zu dem hier geforderten Verfahren ein. Wie soll das gehen? Schwule, dunkelhäutige und türkische Männer dürfen mit dem Bus fahren, »deutsche« nicht? Gilt das nur für türkische Staatsbürger oder auch für deutsche Staatsbürger türkischer Herkunft? Dürfen »Dreivierteltürken« Bus fahren, »Halbtürken« aber nicht, das heißt bei einer deutschen Großmutter geht es gerade noch, bei einer türkischen Mutter und deutschem Vater aber nicht? Der Stammbaum ist an diesem Tage mitzuführen und auf Verlangen vorzuweisen? Was ist mit Mischlingen zwischen Weißen und Schwarzen? Wie dunkel muß man sein, um zum Bus zugelassen zu werden?
Und wer kontrolliert das? Selektion an jeder Bushaltestelle? Dürfen heterosexuelle Polizisten das machen, oder müssen die Kontrolleure schwul sein? Welcher Schwulenverband ist berechtigt, die Kontrolleure auszuwählen? Darf der Verband die Ausweise der Kontrolleure selbst ausstellen, oder muß das Ordnungsamt die Ausweise bestätigen? Sind heterosexuelle Beamtinnen oder Beamte berechtigt, Ausweise für Schwule auszustellen, oder dürfen das nur schwule Beamte? Wie wird deren Schwulsein bestätigt? Nach Selbstbekenntnis oder nur nach »amtlicher Prüfung der sexuellen Orientierung«?
Oder sollten das überhaupt besser anti-sexistische, fundamental-feministische, möglichst lesbische Frauen machen, weil die das ohnehin »ordentlicher« machen als Männer? Reicht feministisches Bekenntnis? Oder ist die Qualifikation als Lesbe Mindestvoraussetzung? Auch hier gilt: Wer darf das attestieren, der Lesbenverband, das Ordnungsamt, oder wer? Nach welchen Kriterien?
Die gestellten Forderungen kommen zu 200 Prozent politisch korrekt daher. Heraus aber kommt ein umgestülpter Rassismus und Sexismus, der zu seiner Umsetzung einer neuartigen Diktatur bedürfte. Dann vielleicht doch lieber demokratisch saufen und saufen lassen.