Wenn der Mensch in Schwierigkeiten oder in einer Notlage steckt und sich dennoch seinen Optimismus bewahrt hat, sagt er gewöhnlich im übertragenen Sinne: „Ich werde mit durchbeißen und da wieder herauskommen.“ Aber in der Interaktion von Menschen und Tieren hat dieses Durchbeißen eine ganz reale Bedeutung, wenn nämlich ein Hund einem Menschen die Kehle durchgebissen hat.
Womit wir bei der Kriminalistik sind, bei tragischen, aber auch kuriosen Fällen, in denen das Beißen die Hauptrolle spielt.
Dass Menschen Menschen beißen, ist nicht allzu häufig. Aber wenn es passiert, ist das Geschrei groß, wie ein Fall vom Oktoberfest 1998 in München beweist.
Ein Wies‘n-Fan, 28 Jahre alt, tanzte auf einem Tisch und war dabei von einer unbekannten Frau tief in den Unterschenkel gebissen worden. Zwei Tage später kam das Opfer in die Notaufnahme eines Krankenhauses. Diagnostiziert wurde eine schwere Weichteilinfektion, die in 30 bis 50 Prozent der Fälle zu Organversagen und Schock mit Todesfolge führt, wie in einer Ausgabe der britischen Medizinzeitschrift The Lancet zu lesen war.
Die Wadenbeißerin, bairisch „Wadlbeißerin“, hatte den Mann mit gefährlichen Bakterien der Streptokokken Gruppe A infiziert, die sie offenbar im Mund hatte – weil sie selbst krank war. Andreas Sing vom Max-von-Pettenkofer-Institut für Hygiene und Medizinische Mikrobiologie erklärte damals, dass dies der erste dokumentierte Fall der Übertragung einer solchen Infektion durch einen menschlichen Biss sei. Im Krankenhaus war das Bissopfer sofort mit Antibiotika behandelt worden; auch eine Hauttransplantation an der Bisswunde verlief erfolgreich. Und der Wissenschaftler wies noch darauf hin, dass menschliche Bisse gefährlicher sein können als tierische. Also Vorsicht!
Ebenfalls im Jahr 1998 ereignete sich in einer Kleingartenanlage im Süden von Berlin eine ausgesprochene Beißattacke. Detlef H. und Hajo B. waren Gartennachbarn und seit zwanzig Jahren zerstritten. Zu Himmelfahrt eskalierten die Grabenkämpfe an einer Ligusterhecke. Hajo S., genannt „Spritzen-Hajo“, sprengte wie immer den Rasen, und des Nachbars Kinder fuhrwerkten an der Hecke herum. Ein Junge habe auf einer Leiter über die „Demarkationslinie“ gelugt, worauf „Spritzen-Hajo“ „Weg da!“ rief und kurz den Schlauch herübergehalten hatte.
Detlef H. war empört und erklärte, dass der Junge nur einen Ball von der Hecke holen wollte. Er warf einen Stein, der in Nachbars Garten landete, direkt vor die Füße von „Spritzen-Hajo“. Da sei Detlef H. selbst auf die Leiter gestiegen – und wurde sofort nassgespritzt. Der Bespritzte bekam ein blaues Ohr und wurde ohnmächtig. Als er erwachte, hatte er Nachbars Finger im Mund. Detlef H. biss, so seine Aussage, vor Angst sofort zu.
„Spritzen-Hajo“ sah das vor Gericht ganz anders. Der Detlef H. kam über die Hecke gesprungen, was für ihn einen klaren Grenzdurchbruch bedeutete. Mit einem „Rettungsschwimmer-Griff“ habe er den Angreifer zu Boden gebracht: „Da biss er mir in beide Hände. Bis auf die Knochen, es blutete stark.“
Schließlich zerrten die Ehefrauen die Kämpfer weg. Der damals 57-jährige „Spritzen-Hajo“ war drei Wochen krank; sein bissiger Nachbar, 47 Jahre alt, ging wegen „Gleichgewichtsstörungen“ zum Arzt und musste 1.000 Mark Bußgeld für seine Körperverletzung zahlen. Sinnigerweise ging das Geld zum „Verein zur Förderung kulturellen Lebens e. V.“.
Auch Fahrkartenkontrolleure laufen Gefahr, gebissen zu werden, nicht nur in Deutschland. In Plzeň (Tschechien), wurde 1997 berichtet, biss ein ertappter Schwarzfahrer einem Kontrolleur ein Stück von seinem Ohr ab und schlug ihn zudem. Dabei hatte er aber noch Glück; ein Kollege hatte bei einer Kontrolle ein Stück der Nase eingebüßt. Kontrolleure, meinten die Geschädigten, müssten einen Status wie Polizisten erhalten. Es sei denn, man würde einen Beißkorbzwang für Passagiere einführen.
Im Streit um Schulden hatte ein 35-Jähriger in Passau seinem 44-jährigen Freund im Jahr 1999 das halbe Ohr abgebissen. Das Opfer ergriff sich das Ohrstück und eilte in eine Klinik, wo es wieder angenäht werden konnte. Dann erstattete er Strafanzeige, die er später wieder zurückzog – man hatte sich wieder versöhnt. Die Polizei ermittelte aber trotzdem weiter.
Zum bunten Reigen der Beißwütigen passt ein ganz aktueller Berliner Fall. Anfang September 2025 hatte ein Unbekannter einen 31-jährigen Mann auf dem U-Bahnhof Leinestraße gefragt, ob er dessen Kopfhörer kaufen könne. Als dieser dankend ablehnte, griff der unbekannte Mann nach den Kopfhörern, wodurch es zu einer körperlichen Auseinandersetzung kam. Dabei biss der Unbekannte seinem Opfer ein Stück vom rechten Ohr ab und floh – ohne Beute. Rettungskräfte brachten den 31-Jährigen in ein Krankenhaus.
Hund und Herrchen sind beim Thema Beißen-und-gebissen-werden ein besonderes Kapitel. Ein Polizist hatte 2002 in Neapel einen 52-jährigen zur Rede gestellt, nachdem er von dessen freilaufendem Rottweiler verfolgt worden war. Der Hundebesitzer habe den Polizisten in Zivil ausgelacht, als dieser auf die Gefährdung herumlaufender Kinder hinwies. Anschließend habe er dem Tier befohlen, den Polizisten anzugreifen. Als sich der Vierbeiner nicht von der Stelle rührte, biss der Mann selbst zu. Der am Hals verletzte Ordnungshüter überwältigte jedoch den bissigen Hundebesitzer und nahm ihn fest.
Nicht schlecht staunte ein Schweizer Polizeihund, als ihm 2006 wegen ungehörigen Betragens fristlos gekündigt wurde. Der sechsjährige Schäferhund habe sich nach einer Hausdurchsuchung in Basel völlig grundlos auf einen Schaulustigen gestürzt und ihn gebissen. Der Hund, der seit vier Jahren für die Polizei gearbeitet hatte, war sofort aus dem Dienst entfernt worden.
Nach einer Schlägerei in einer Kneipe in Wiesbaden 1999 wurde ein 40-Jähriger von einem Polizeihund in den Hintern gebissen. Eine ärztliche Versorgung lehnte der Mann allerdings ab. „Das bin ich gewöhnt – meine Frau beißt mich öfter“, erklärte er den verdutzten Beamten. Welches Körperteil die bissige Ehefrau bevorzugt, verriet der Mann allerdings nicht …