Die Fetischisten haben die Welt nur unterschiedlich interpretiert. Wer so beginnt, muss unbedingt auf den berühmten Klassiker hinweisen, der den Begriff des Fetischs höchst gesellschaftskritisch verwendet hat. Karl Marx bezeichnet in seinem Hauptwerk Das Kapital (1867) den Warenfetisch (oder Warenfetischismus) als einen objektiven Zustand – im kapitalistischen System treten nämlich Waren wie selbstständig handelnde Wesen auf, die über uns Menschen zu herrschen scheinen, obwohl sie von Menschen gemacht worden sind.
Der Begriff Fetisch ist in unserer Sprache seit dem 17. Jahrhundert in Gebrauch; er kommt, etymologisch betrachtet, vom portugiesischen feitiço, was Götzenbild bedeutet. Es ist ein Gegenstand, dem magische Kräfte zugeschrieben werden. Fetischismus ist demzufolge der Glaube an magische Kräfte oder die Verehrung eines Fetischs, in der Psychologie und Psychiatrie zuerst im Jahr 1887 vom französischen Psychopathologen Alfred Binet verwendet, zwanzig Jahre nach Marx. In diesen Wissenschaften werden die Begriffe als Fachtermini verwendet. Übereinstimmung in all den Definitionen besteht darin, dass der Fetischismus eine sexuelle Anomalie darstellt, bei der die erotischen Bestrebungen zwanghaft auf bestimmte Gegenstände ausgerichtet sind. Solche Fetischobjekte können die Stimme, Hände, Füße, Kleidungsstücke wie Büstenhalter, Unterwäsche, Schuhe, Strümpfe oder auch Haare von geliebten oder ganz fremden Menschen sein. Diese werden zur sexuellen Befriedigung angesehen oder berührt oder gestohlen. So gibt es als Spezialfälle Lederfetischisten und Zopfabschneider. Die Tendenz bei den Fetischisten ist, dies sei noch hinzugefügt, ausnahmslos autoerotisch.
Es gibt auch Fälle, in denen sich das Schamhaar vom Normalreiz zu wahrer Fetischwirkung erhebt. Einen Kaufmann erregte das rote Haar seiner Ehefrau so stark, dass er nach jedem intimen Zusammensein von ihrem Schoße eine Locke abschnitt, die er liebevoll mit einem Seidenfaden umschlang und in sein Album einklebte. Nun ja.
Es gibt viele Beispiele von sexuell verirrten und kriminellen Fetischisten. So machte sich vor vielen Jahren ein junger Mann in einer Leichenkammer an den Körpern zweier Mädchen zu schaffen. Da der Geschlechtsverkehr mit den Leichen nicht gelang, riss er ihnen Schamhaare aus.
Der Lust- und Serienmörder Johann Eichhorn (1906-1939) aus München Aubing war nur dann potent, wenn er energischen Widerstand der Frauen verspürte. Wenn Eichhorn eines der Opfer vom Rad gerissen hatte, schoss er dem sich wehrenden Mädchen in den Nacken. Er schleppte es in ein Tannendickicht, riss das Kleid vom Leibe und verstümmelte den Unterleib. Er schnitt die Schamhaare ab und legte sie in ein Papier, weil er sie mitnehmen wollte. Die Haare als Fetisch hielten das Verstümmelungserlebnis wach. Fünf Frauen hatte er auf diese Weise getötet, insgesamt über neunzig Frauen vergewaltigt.
Zu dieser Gruppe gehört auch der berüchtigte englische Serienmörder John Reginald Christie, wohnhaft Rillington Place 10, London W 11. Er ermordete von 1943 bis 1953 mindestens acht Menschen. Die Leichen vergrub Christie in seinem Garten oder versteckte sie im Haus unter Bodendielen und in einem zugemauerten Wandschrank. Seine Morde waren sexuell motiviert, weil er nur einen besonderen Kick verspürte, wenn er eine Frau tötete. Und man fand bei ihm ein Zigarettenetui aus Zinn, in dem vier wohlgeordnete Büschel von Schamhaaren aufbewahrt waren. Es war der vierfache Fetisch eines Impotenten.
Ein anderes Beispiel. Im Frühjahr 1894 traf ein Mann, ungefähr dreißig Jahre alt, in einem Hamburger Lokal mit einem von seiner Mutter begleiteten sechsjährigen Jungen zusammen, den er weiter nicht kannte. Er kaufte ihm für 80 Pfennig Schokolade, schenke ihm einen Groschen, streichelte seine Wangen und fuhr ihm mehrmals über die blonden lockigen Haare – was die Mutter ihm nach einiger Zeit bestimmt untersagte. Als das nichts fruchtete, verließ sie das Lokal, um ein anderes aufzusuchen.
Sofort erschien der Mann auch hier und setzte sich wieder zu ihnen. Er wiederholte die Liebesbeziehungen zu dem Knaben und fragte auch, ob er nicht einmal mit ihm allein spazieren gehen dürfte. Die Mutter verneinte dies energisch, und als der Unbekannte ihr sogar Hilfe bei der Betreuung des Jungen anbot, versuchte sie abermals zu entkommen. Dieser bemerkte dies und ging in die Offensive, indem er sie bat, mit ihm ein anderes Lokal aufzusuchen, in dem es einen schönen steifen Grog gäbe. Anfangs wollte sie sich auf nichts einlassen, aber weil er so liebenswürdig bat, willigte sie ein.
Als er in diesem dritten Lokal dann mit einem Fremden Streit bekam, entfernten sich Mutter und Sohn abermals. Aber vergebens. Kaum waren sie ein Stück weit gekommen, als er ihr nachgeeilt kam. „Was wollen Sie denn um alles in der Welt von mir?“ „Von Ihnen will ich gar nichts“, antwortete er. „Sie sind mir zu alt, ich interessiere mich nur für den hübschen Jungen und will Sie auch gern unterstützen. Können Sie mir Ihre Adresse geben?“ Die Mutter gab ihm eine falsche Anschrift und versprach, sich am nächsten Tag zu eben dieser Uhrzeit hier wieder einzufinden. Dadurch entkam sie schließlich dem Unhold. Am nächsten Morgen ließ sie ihrem Jungen sein langes lockiges Haar abschneiden, damit der Fremde ihn nicht wiederkenne. Und so verschwand er aus ihren Leben.
Carl Breitrück, wie dieser merkwürdige Mann hieß, tötete im Herbst darauf den sechsjährigen blonden Alwin Raczka. Bei der kriminalpolizeilichen Durchsuchung wurden blondgelockte Haare und eine graue Knabenhose gefunden, die von den Eltern mit absoluter Sicherheit als diejenige wiedererkannt wurde, die ihr Junge zuletzt getragen hatte. Als die Beamten die Ofentür seines Schlafzimmer mit einem Hammer geöffnet hatten, entdeckten sie auf dem Rost des Ofens neben Resten verkohlten Papiers viele kurze blonde Haare, über die der Aschekasten gestellt war, so dass man die Haare zunächst gar nicht sehen konnte. Auf dem Hausboden fand man weitere blonde Haare … Carl Breitrück mit pädophilen und haarfetischistischen Neigungen hatte den Jungen aus sexuellen Motiven getötet.
Was die Beschaffung von Fetischobjekten betrifft, so gibt es eine außerordentlich hohe Dunkelziffer, weil der Diebstahl von der Wäscheleine nur selten angezeigt wird, wenn nur ein Büstenhalter oder Schlüpfer fehlt.
Auch Tiere können sich fetischistisch betätigen, allerdings in der leichten Art – wie ein Fall aus dem Jahr 1996 beweist. Dem neuseeländischen Kater Maurice steht der Sinn nicht nach Mäusen, sondern nach Frauenunterwäsche. Die Zeitung Evening Post berichtete, erstmals habe die Besitzerin ihr Haustier als Dessous-Fetischisten enttarnt, als er ihre Unterbekleidung durch die Wohnung zerrte. Dann habe sich Maurice auf nächtliche Streifzüge außer Haus gemacht, wobei er eine Vorliebe für Unterhemden und Büstenhalter entwickelte. Ihre Sachen seien ihm offenbar nicht gut genug gewesen, bemerkte die Frau lakonisch.
Fetischisten, nur eine Randgruppe? Urteilen Sie selbst!