Bier ist ein „kohlesäurehaltiges, geistiges Getränk, welches aus gekeimten Cerealien und ähnlichen stärkemehlhaltigen Substanzen, namentlich aus Gerste, seltener aus Weizen, Hafer, Mais, Kartoffeln, Reis, zuweilen auch unter Zusatz von Stärkezucker und Melasse, ferner aus Hopfen durch Gärung, aber ohne Destillation gewonnen wird“, erläutert der dritte Band des „Brockhaus´ Conversations-Lexikon“ 1882. Auf immerhin zehn Seiten beschreibt das Lexikon Bier und Bierbrauerei technisch, kulturgeschichtlich und statistisch.
Etwa seit den 1870er Jahren wurden Flaschen mit kohlesäurehaltigen Getränken, also auch Bier, mit einem Bügelverschluss verschlossen. Von den aus Drahtfeder und meist aus Porzellan hergestellten Stöpseln mit Gummidichtungsring bestehenden Verschlüssen werden hin und wieder die Porzellanstöpsel gefunden und gesammelt. Im Internet wird auf „plopsite.de“ über eine Sammlung mit etwa 10.000 verschiedenen Porzellanköpfen von Brauereien aus 49 Ländern hingewiesen. Das Sammelgebiet Deutschland / Mecklenburg-Vorpommern enthält von der Insel Rügen fünf Stöpsel der Brauerei in Putbus (einen Stöpsel mit dem Hinweis „Brauerei Putbus“, einen weiteren mit „Brauerei Putbus Tel. 18“ sowie drei farbig und in der Form unterschiedliche Stöpsel der „Dampfbrauerei E. Modrow Putbus“).
In der Putbuser Stralsunder Straße, der späteren Alleestraße, entstand durch Maurermeister Rentz als erstes Gebäude in den Jahren 1808 bis 1810 ein auf Fachwerk basierendes verputztes Brau- und Brennhaus, die spätere Völschow’sche Brauerei. Die alte, im 18. Jahrhundert baufällig gewordene Schloss-Brauerei „mit in Blei gefassten Fenstern und elenden Türen“ hatte sich unmittelbar nördlich vom Schlossgebäude befunden und soll für zu viel Lärm durch die wöchentlich Bier abholenden Wagen, Schmutz, unangenehme Ausdünstungen und Unruhe gesorgt haben, weshalb der Fürst sie unbedingt umsiedeln wollte. Etwas in Stand gesetzt und zu Wohnungen eingerichtet, diente das alte Brauereigebäude noch einige Zeit Hofrat Engelbrecht und dem Arzt Dr. Benedix als Wohnraum. 1815 wurde das neue Brauereigebäude durch eine parallel angeordnete Scheune, 1818 durch zwei Seitenflügel und 1819 einige Ställe ergänzt. Victor Loebe bezeichnet das Gebäude der neuen Brauerei 1910 in „Putbus Geschichte …“ als den Anfang des „Burgfleckens“ und späteren Badeortes Putbus. Einer der Abnehmer, der alte Krug, „ein schlechtes strohgedecktes Haus mit Dungstätte und elendem Hintergebäude“, etwa an der Stelle des späteren „Rosencafés“, wurde 1809 abgerissen.
Der neue Putbuser Krug entstand 1810 an der Alleestraße, wurde später zum „Hotel zum Adler“ und wohl in den 1980er Jahren abgerissen. Zurück zur Brauerei: Paul Völschow machte bald Konkurs, Nachfolger wurde der Brauer Schwartz, der unter „Gasthof bei Schwartz nebst Brauerei und Brennerei“ firmierte. Nach Schwartz folgte bis 1841 ein Herr Birnbaum, dem die Herren Chr. Fr. Turley, Biesel und Metzner nachfolgten. 1843 wurde die Brauerei verpachtet, für 2500 Taler neu eingerichtet und wies einen Ausschank im Hause und im Sommer am „Felsenkeller“ am Weg nach Darsband auf. 1847 kaufte ein H. Cohn die Brauerei für 9700 Taler, ihm folgten 1858 J. D. Gaede, von 1874 bis 1876 H. Bischoff und bis 1886 A. Deinert. Nach ihm übernahm Eduard Modrow die Brauerei, stellte sie auf Dampfbetrieb um und richtete hier 1902 auch die elektrische Zentrale von Putbus ein. Um 1911 übernahm Braumeister Walter Modrow bis zum Ende des Brauereibetriebes 1935 die Leitung.
Das ehemalige Putbuser Brauereigebäude gilt als das erste „bürgerliche“ Haus der Stadt und steht heute unter Denkmalschutz, der ehemalige Felsenkeller machte 2025 einen ruinösen Eindruck.
Zwischen Brauerei und die ausschenkenden Krüge und Gaststätten war in der Regel der Verleger geschaltet, sofern die Brauerei nicht einen Teil ihres Bieres selbst ausschenkte, wie beim „Brauereiausschank“ am Putbuser Felsenkeller und im Brauereigebäude. Johann Christoph Adelungs „Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart“ definiert 1793 den Verleger als „eine Person, welche die Kosten zu einem Narungsgeschäfte verlegt, d. i. vorschießet“. Zuerst im Bergrecht angewendet, sei es nun am üblichsten bei Buchhändlern, „so fern sie Bücher, als ihre Waare und auf ihre Kosten drucken lassen“.
„Verleger“ bezeichnet aber auch einen Kaufmann, „der den Absatz gewisser Fabrikate an die Detaillisten vermittelt“, ergänzte 1905 „Meyers Großes Konversations-Lexikon“. Das traf auf die Bierverleger zu. Sie waren es auch zumeist, die das in Fässern angelieferte Bier der Brauerei in Flaschen für den Handel abfüllten. Einige Bierverleger fielen im 18. und 19. Jahrhundert durch Bierverfälschungen unangenehm auf. So verwies 1874 die „Vierteljahrsschrift für gerichtliche Medicin“ auf den Zusatz von Salz, „mit dem der Durst anstatt gestillt, noch mehr erregt wird“. Zur „Verbesserung“ schlechter Biere kamen Glyzerin und Kognak zum Einsatz, teilte 1877 der „Verein zur Förderung des Gewerbefleißes“ mit. In einer Mitteilung in der „Deutschen Vierteljahrschrift für oeffentliche Gesundheitspflege“ hieß es 1890, durch übermäßigen Zusatz von Wasser werde die Bierausbeute „gestreckt“ und die damit verbundene Geschmacksverschlechterung durch Zuckercoleur oder Sirup „ausgeglichen“.
Innerhalb meiner Recherche in einigen Rügener Zeitungen gab es keine derartigen Hinweise zu Rügener Bierverlegern. Diese wurden vielmehr im Zusammenhang mit den unterschiedlichsten Ereignissen genannt, als mehr oder minder honorige Personen in den verschiedensten Positionen (Bierverleger August Parchow wurde 1923 und 1924 in den Rügenschen Kurzeitungen für Thiessow als Spediteur ausgewiesen), als Angehörige von Sport- und anderen Vereinen, im Zusammenhang mit Grundstücks-, Konzessions- und ähnlichen Geschäften und in Annoncen zur Personalsuche. So suchte der Binzer Bierverleger August Utz 1903 und 1906 „zum 15. September für das ganze Jahr“ einen 14 bis 16 Jahre alten Jungen. Ebenfalls 1903 suchte per Anzeige im Stralsunder Tageblatt der Selliner Bierverleger Franz Möller „sofort ein Zimmermädchen und einen kräftigen Jungen zum Flaschenspülen“.
Apropos Flaschen: Die Bierverleger klagten lange Zeit über die Nichtrückführung und den Missbrauch ihrer Flaschen durch das „Publikum“, forderten unter anderem 1911 durch den in Hamburg ansässigen Vorstand des „Verbandes deutscher Bierverleger“ sogar gesetzliche Gegenmaßnahmen vom Deutschen Reichstag.
Einige Grundstücksgeschäfte geben einen nicht repräsentativen Einblick in die finanziellen Verhältnisse der Rügener Bierverleger: 1903 verkaufte der Bergener Ackerbürger Helms sein in der Gingster Straße gelegenes Grundstück für 10.500 Mark an den Bierverleger August Eckert. Bierverleger Jahn aus Crampas-Sassnitz erwarb 1905 für 40.000 Mark „Mäthers Hotel“. Ebenfalls 1905 meldete das Stralsunder Tageblatt den Kauf einer Bauparzelle an der Baaber Dorfstraße gegenüber der Villa „Elisabeth“ für 1200 Mark durch den Bierverleger A. Koch von Bauer Otto Koch. Geplant sei hier der Bau einer Villa. Das gleiche Blatt vermeldete im Dezember 1907, dass der Bierverleger Friedrich Arndt sein in Thiessow gelegenes Grundstück für 6000 Mark an den Arbeiter August Parchow verkauft habe. 1908 berichtete das Stralsunder Tageblatt über den Verkauf eines Breeger Grundstücks gegenüber dem dortigen Schulhaus. Bierverleger Parpatt erwarb das Gelände für 9550 Mark von den Erben der verstorbenen Besitzerin. 1913 verkaufte der Sassnitzer Bierverleger Max Tredup sein Grundstück an der Exzellenz-Kirchof-Straße für 16.000 Mark an den Lokomotivführer Meußling. Ein Jahr später kaufte jener Tredup von der Union-Brauerei Stralsund deren in Sassnitz gelegenes Grundstück für 18.000 Mark.
Nur eine Meldung wich von dieser Art Anzeigen ab: Der Bergener Bierverleger Karl Tornow kaufte 1915 vom Inspektor des Gutes Vaschvitz einige Zentner Hafer, der allerdings bereits beschlagnahmt war. Das Schöffengericht zu Bergen verurteilte den Inspektor wegen Unterschlagung zu 100 Mark Strafe, den Verleger, der hätte annehmen können, dass das Getreide unrechtmäßig erlangt war, zu zwei Monaten Gefängnis, die auf dessen Berufung auf drei Wochen reduziert wurden.