22. Jahrgang | Sonderausgabe | 23. September 2019

Manches war doch anders.
Egon Krenz: „Wir und die Russen“ – Anmerkungen zu einer Bilanz

von Herbert Bertsch

Keiner kann den Kommunismus
kompromittieren oder besiegen,
wenn ihn die Kommunisten nicht selbst
kompromittieren oder besiegen.

Michael Schatrow:
„Blaue Pferde auf rotem Gras“;
so erinnert von Egon Krenz.

Kürzlich zitierte ich im Blättchen Bundeskanzler Helmut Schmidt mit der Antwort auf die Frage, ob Gorbatschow 1989/90 ein Glücksfall gewesen ist: „Für die Deutschen schon, für die Russen weniger.“[1]
Zu einem ähnlichen Befund aus anderer Sicht kommt Egon Krenz in seinem neuesten Buch – „Wir und die Russen“. Das ist fokussiert auf die Beziehungen zwischen Moskau, Bonn und Berlin.
„Wir“ – das sind bei Krenz vornehmlich Führungsgremien und politische Führer der DDR; „die Russen“ meint zumeist „Sowjetmenschen“ und deren Spitzenpolitiker. Zeitlich konzentriert sich Krenz zwar auf die Ereignisse im Herbst 1989, bietet aber auch ausladende Rückgriffe auf das deutsch-russische Verhältnis seit Bismarck sowie Erörterungen zu den aktuellen deutsch-russischen Beziehungen.
1989/90 war Egon Krenz als zeitweilig politisch hochrangigster Repräsentant der Deutschen Demokratischen Republik unmittelbarer Akteur, zugleich jedoch ebenfalls Objekt der Entwicklungen und Umstände.
Seit der Auflösung, auch Zerschlagung des „kommunistischen Weltsystems“, sind rund 30 Jahre ins Land gegangen. Der historische Prozess war seinerzeit mit dem Heilsversprechen verknüpft worden, damit alle grundlegenden Widersprüche in der Weltgesellschaft aufgehoben zu haben; der Rest schien eine Frage der Organisation in der gesicherten Erwartung – „Wir schaffen das!“. Doch dieser historische Optimismus ist inzwischen weitgehend abhandengekommen.
Damals! Das waren trotz des Ost-West-Gegensatzes doch mehrheitlich Zeiten der relativen Sicherheit zwischen den Weltsystemen, als zum Beispiel der INF-Vertrag auf unbegrenzt abgeschlossen wurde. Der endete nach dem Willen Washingtons und Moskaus am 2. August dieses Jahres, und begonnen hat die sofortige Nutzung der Vertragsfreiheit zu offener, nunmehr ungehemmter Aufrüstung.
In diesem Kontext eine aktuelle Erinnerung von Theo Sommer an bisher unbekannte Äußerungen von Helmut Schmidt: „Einige Jahre vor seinem Tode sagte er mir: ‚Ich habe nie darüber geschrieben und auch nicht darüber geredet, aber meine innere Überzeugung muss spätestens mit der Übernahme des Oberbefehls so gewesen sein, dass ich für den Fall, dass auf deutschem Boden die erste Atomwaffe explodiert, bereit war, die ‚weiße Fahne aufzuziehen.‘“[2]
Von einer vergleichbar ketzerischen und noch dazu öffentlichen Äußerung Erich Honeckers und dem Moskauer Echo darauf wird nachfolgend auch die Rede sein.

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Nun hat Egon Krenz zum vierten Mal seinen „Tatsachenbericht“ samt dazu gehörigem Befund zum „Herbst ’89“ vorgelegt – nach 1999, 2009 und 2014. (Der Vollständigkeit halber sei noch auf das frühe Werk „Wenn Mauern fallen“ von 1990 – Krenz mit Hartmut König und Gunter Rettner – verwiesen.)
Wer was davon auf dem Büchermarkt sucht, sucht häufig vergeblich; „Buchausgabe vergriffen“ und auch kein Zugriff per modernem Antiquariat. Offenbar wird Krenz gelesen und „behalten“. Sowas gilt üblicherweise als Kompliment für Autor und Verlag. Was Wunder in diesem Fall! Dieser Autor hat offenbar vielen viel zu sagen – zu historischen Ereignissen in ihren Abläufen also zu objektiven Faktoren, und was sie für ihn in seinen Funktionen an Herausforderungen bedeuteten.
Als „Berichterstatter“, sozusagen sich selbst beobachtend, räumt Krenz ein, dass sein eigener Erkenntnisstand sich zwar im Laufe der Jahre verändert habe, betont aber zugleich, dass diese Entwicklung nie ans Grundsätzliche rührte. Das führte zum Beispiel sehr wohl zu abnehmender Zuneigung zu sowjetischen Generalsekretären und anderen hohen Funktionären, aber immer in unverbrüchlicher Bündnistreue zur Sowjetunion. Wohl auch mit der Überzeugung: Nur fest verbunden mit der großen, mächtigen Weltmacht – nicht zuletzt in Gestalt der Stationierung der Westgruppe der sowjetischen Streitkräfte mit zuerst 500.000, dann nach Teilabzug immerhin noch 380.000 Mann[3] in der DDR – haben „wir“ eine gesicherte Existenz. Bündnistreue quasi als Lebensversicherung des Staates und der errichteten Gesellschaftsordnung. „Dank Euch, Ihr Sowjetsoldaten“ galt deshalb „für immer“.
Wandelte sich die nach dem Sieg im Großen Vaterländischen Krieg zunächst als Besatzungsmacht wirkende militärische Kräftekonzentration der UdSSR auf deutschem Boden aber tat- und hauptsächlich zur Schutzmacht der DDR beim „Aufbau des Sozialismus“, wie von Krenz empfunden? War die DDR als Kriegsergebnis, ungeachtet ihres Gesellschaftssystems, nicht auch oder überhaupt vor allem das Glacis dafür, dass nie wieder deutsche Truppen, in welcher Form und Kombination auch immer, an der Grenze zur Sowjetunion stehen sollten?

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Egon Krenz spricht mit großer Befriedigung über die für die damalige DDR-Führung glückliche Auflösung einer die frühe Existenz bedrohenden Krisensituation im Jahre 1953, „als Politbüromitglied Berija – nach Ministerpräsident Malenkow die Nummer Zwei in der sowjetischen Hierarchie – die DDR abstoßen wollte. Für zehn Milliarden Dollar sollte sie nach seinem Willen verscherbelt werden. […] Damals setzten sich in Moskau die Freunde der DDR durch. Berija wurde ‚als Provokateur in der deutschen Frage‘ verurteilt. Er bezahlte seinen Verrat an der DDR und manch andere Verbrechen mit dem Leben. Immer gab es in sowjetischen Führungen besonders gute Freunde der DDR und manchmal auch solche, die die DDR als Verhandlungsmasse im Schacher mit den USA einsetzen wollten.“
Und: „Letztere hatten 1990 in Moskau Oberwasser.“
Schon an diesem Satz ist ablesbar, auf welche Weise aus Egon Krenz’ Sicht die Geschichte und viele Geschichten 1989/90 gelaufen sind.
Doch zunächst ein Einschub, die damaligen „Freunde der DDR“ betreffend. Ich habe erneut den „Stenographischen Bericht“ des Plenums der ZK der KPdSU vom Juli 1953 durchgeblättert. (Deutsch bereits in zweiter Auflage erschienen 1999, also im gleichen Jahr, als Krenz erstmals seine Erinnerungen veröffentlichte.) Da haben fast alle ZK-Mitglieder – in unterschiedlichen Funktionen mit unterschiedlichen Argumenten schärfste Abrechnung gehalten mit Berija. Dessen Verrat an der DDR, den Krenz als ersten Grund der Verurteilung anführt, wurde in diesem Gremium nur ganz am Rande thematisiert, dafür allerdings mit einer sehr realistischen Überlegung: Niemals dürfe man die DDR abgeben, denn die werde gebraucht für den Uranabbau.[4] Zwecks atomarer Rüstung. Das war nun eine Begründung jenseits allen „Bruderbundes“, wenngleich letztlich durchaus im Sicherheitsinteresse der DDR.
Was bei Krenz nicht weiter erörtert wird: Die Beseitigung Berijas war seinerzeit Höhepunkt und entscheidende Zäsur der Diadochenkämpfe der führenden Moskauer Genossen um die Erringung der Macht nach dem Tode Stalins. Es obsiegte Chruschtschow mit seinen Parteigängern sowie mit Hilfe führender Militärs, und die Abrechnung mit Berija auf dem erwähnten Plenum des ZK der KPdSU sollte zuvorderst auch kaschieren, dass die neue Führung überwiegend aus aktiven, verantwortlichen Politbüro-Mittätern der Stalin-Ära bestand, die die gesamte Schuld für den kritischen inneren Zustand der Sowjetunion auf einem einzigen Sündenbock abluden. (Von den umfassenden Verbrechen der Stalin-Zeit, an der diese Mittäter ebenfalls ihren Anteil hatten, war dabei folgerichtig noch gar nicht die Rede. Für die wurde später Stalin als Alleinschuldiger benannt – beginnend mit Chruschtschows Rede auf dem XX. Parteitag der KPdSU im Februar 1956. Dahinter dürfte nicht zuletzt die Absicht gestanden haben, die Enthüller als Saubermänner zu präsentieren, um sie international als Partner akzeptabel zu halten. Letzteres war ja keine erfolglose „aktive Maßnahme“.)

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„Nachdem ich mich seit vielen Jahren mit den inneren Ursachen des Niedergangs der DDR beschäftigt habe, versuche ich, mit diesem Buch das Dreiecksverhältnis UdSSR, DDR und BRD in den Auseinandersetzungen der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts zu beleuchten, wie ich es in meinen Funktionen erlebt habe“, stellt Krenz seinem jetzigen Buch voran. Fügen wir hinzu, dass er dies weitgehend anhand des Spannungsverhältnisses zwischen Honecker und Gorbatschow tut – mit ihm, Krenz, irgendwo dazwischen.
Man ist gut beraten, sich bei der Lektüre von Krenz’ Buch einer Empfehlung von Egon Bahr zu erinnern: Was gesagt werde, sollte stimmen; aber man müsse nicht alles sagen.
Dessen ist auch der Autor Krenz sich wohl bewusst. Der aufmerksame Leser sollte es ebenfalls sein.
Krenz verzichtet demonstrativ auf den wissenschaftlichen Vergleich, die Auseinandersetzung mit dem jeweiligen Erkenntnisstand der Literatur zum Thema. Er setzt das eigene Maß – so war’s. Weshalb er kaum Revisionen an früheren Texten vornimmt. Seine Wahrheit muss er ja nicht ändern. Bei seinen Quellen steht bemerkenswert oft „im Archiv des Autors“, was die Frage der Zugänglichkeit aufwirft. Aber dass er sich damit auch selbst zur Quelle macht, behelligt ihn offenbar nicht. Im Gegenteil – diese Quelle sprudelt. Hier ist ein angemessenes Wort zur Leistung des Autors fällig, auch im Vergleich mit Lebenserinnerungen anderer Staatsmänner, denn Krenz hat die seinigen wohl weitgehend als Ein-Personen-Unternehmen erbracht und zudem als Strafrentner mit sehr begrenzten Mitteln: Chapeau!
Zur aktualisierten 2014er Auflage von Krenz’ „Herbst ’89“ hatte es ein darin abgedrucktes Gespräch zwischen dem Autor und dem Verleger Frank Schumann gegeben, beginnend mit dessen Frage:
Das vorliegende Buch ist 15 Jahre alt. Seither sind weitere Arbeiten zum Herbst 1989 entstanden. Und manche lieferten tatsächlich neue Erkenntnisse und Zusammenhänge, die Sie gewiss zur Kenntnis nahmen. Reizte es Sie da nie, Ihre Erinnerungen zu ergänzen oder zu präzisieren?
Krenz: „Nein“.
Warum nicht?
Krenz: „Die Nähe zur damaligen Wirklichkeit könnte darunter leiden. Erinnerungen verblassen mit den Jahren. Der Zeitgeist kann sie beeinflussen. Persönliche Lebensumstände spielen eine Rolle. Eitelkeit auch. Manche Schreiber stellen mehr sich als das Geschehen in den Mittelpunkt. Es gibt auch Autoren, die projizieren ihre heutigen Erkenntnisse in die Vergangenheit und meinen von sich, schon immer das Ende der DDR vorausgesehen zu haben. Etliche unterscheiden nicht mehr genau zwischen dem, was sie tatsächlich erlebt, und dem, was sie nachträglich erfahren haben.“
Einverstanden. Aber diesen Fehler müssen Sie ja nicht machen.
Krenz: „Natürlich sind auch meine Erinnerungen subjektiv. Aber was in diesem Buch steht, kann ich belegen. Ich habe damals meine Erinnerungen ergänzt und aufgefrischt durch Gespräche mit Weggefährten und Kontrahenten, durch Tagebuchaufzeichnungen, Kalendereintragungen, Politbüro- und Staatsratsvorlagen sowie durch die Auswertung von Gesprächsprotokollen mit in- und ausländischen Politikern. Im Bundesarchiv habe ich dies mit meinen dort aufbewahrten Akten verglichen.“
Bei der Vorstellung des aktuellen Buches bekräftigte Krenz seine Absicht: „Ich mache keine Abrechnung, auch nicht mit Gorbatschow. Abrechnen gehört nicht zu meinem Charakter. Ich nenne Fakten, keine Vermutungen und überlasse oft den Lesern das Urteil.“ Immerhin bemerkenswert – die großzügige Einschränkung auf „oft“.
Gerade unter dem Aspekt, dass Krenz sich ganz stark auf die Aussagekraft von dokumentarischen Unterlagen bezieht, muss allerdings auf das grundsätzliche Problem der Manipulation bei der Abfassung von Unterlagen verwiesen werden, zumal, wenn die dann in den Rang von objektiven Quellen gelangen. Bei deren Bewertung sind alle jene Elemente zu beachten, die Krenz in dem Gespräch mit Schumann als Mängel anderer charakterisiert hat.
Ein Beispiel in diesem Zusammenhang liefert Krenz mit dem Abdruck eines Dankbriefes von Gerhard Schröder an ihn. „Westdeutsche Politiker bemühten sich um gute Kontakte“, heißt die Unterzeile dazu. Der Brief ist in der Tat ein Nachweis dafür. Zugleich zeigt das Schreiben aber, wie geschickt Schröder sein eigentliches Anliegen, bei Honecker einen Kratzfuß zu platzieren, zu verfolgen wusste. Krenz als Adressaten zwischenzuschalten, wirkte zugleich bescheidener und glaubwürdiger, als wenn die Post direkt an den ersten Mann gegangen wäre. „Besonders war ich von Erich Honecker beeindruckt“, schrieb Schröder und hatte richtig kalkuliert: Krenz leitete weiter an – „Genossen E. Honecker mit der Bitte um Kenntnisnahme.“ Wurde von diesem abgezeichnet.
Diese Methode ist bekannt und trotzdem immer wieder wirksam. Ein weiteres Beispiel aus dem Amtsfundus von Krenz: Der wirtschaftspolitische Experte der SPD-Bundestagsfraktion Wolfgang Roth – als ehemaliger mit Egon Krenz gut bekannt – schrieb im September 1984: „Mit Eurem Erich Honecker habt Ihr einen Staatsmann an der Spitze, der durch sein Profil sowohl in der Geschichte der beiden deutschen Staaten als auch in der gegenwärtigen europäischen Politik zu den herausragenden Persönlichkeiten zählt.“
Wie aus dem Selbstzeugnis von Krenz ersichtlich ist, entsprach solch Lob durchaus seiner eigenen Meinung über die Nummer Eins der DDR – jedenfalls zu jener Zeit.

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Doch dann widerfährt Krenz, was er in der Episode mit dem Titel „Eine dramatische Konfrontation im Sommer 1984“ wenige Seiten später dokumentiert: „In einer Sitzungspause kam Marschall Ustinow (der damalige sowjetische Verteidigungsminister – H.B.) auf mich zu […] lud mich zu einem Glas Tee ein. Ich freute mich. ‚Also, Genosse Krenz‘, begann der Marschall das Gespräch, ‚Sie sind im Politbüro der jüngste. Sie müssen einmal das Erbe übernehmen. Sehen Sie nicht, dass Ihr Chef schon alles verspielt?‘“ Da geriet jemand urplötzlich in tiefsten Gewissenskonflikt; bislang zweifelsfrei ein unerschütterlicher Adlatus von Honecker, wird er zum Putsch aufgefordert!
Dieser Offenbarung ist nebenher zu entnehmen, dass Krenz über den sowjetischen Botschafter in der DDR, Wjatscheslaw Kotschemassow, die sowjetische Führung fast wöchentlich bis ins Detail über das Geschehen im Politbüro der SED informiert hat: „Ich war also durchaus ein Mann Moskaus, jedenfalls im ideologischen Sinne.“
Ustinow wusste das oder auch nicht, jedenfalls sprach er weiter: „Meinen Sie nicht, dass die Zeit Ihres Generalsekretärs abgelaufen ist? Wollen Sie das nicht in Ihrem Politbüro besprechen?“
Krenz tat es nicht und behielt das Ansinnen für sich – jedenfalls lange.

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Etwa zu jener Zeit hatte es im SED-Politbüro eine Veränderung gegeben, von der Krenz gewiss nach Moskau berichtet haben dürfte, auch wenn der Vorgang dort schon aus anderer Quelle bekannt war: Die von Honecker im Alleingang durchgesetzte Berufung Herbert Häbers, der nur wenige Monate danach erst zur Causa und dann zum Bauernopfer wurde, ins Politbüro und zum Sekretär des ZK der SED.[5]
Erstaunlicher Weise findet Häber bei Krenz nicht einmal im Text seines neuen Buches Erwähnung, geschweige denn im Personenverzeichnis. Dabei handelt es sich um den zeitweilig engsten Mitarbeiter Honeckers bei dessen Politik gegenüber der Bundesrepublik – und zwar sowohl in toto, als auch in vielerlei konkreten Facetten. Häber hatte lebhafte Kontakte zu Persönlichkeiten der jeweiligen Bonner Regierung und parallel zugleich immer auch zur parlamentarischen Opposition. Das war eine seltene Kombination von Kanälen zur vielseitigen Information wie etwa auch für gegenseitige Kontaktkontinuität bei Regierungswechseln. Eine Position, die es nach Häbers Sturz aus dem Politbüro so nicht mehr gab. (Wenngleich Honecker selbst allerdings ebenfalls persönliche Verbindungen in die Bundesrepublik hielt. „So hat Honecker in vielen Einzelfällen menschliche Härten beseitigt, die ihm von Herbert Wehner, von mir oder von anderen zur Kenntnis gebracht wurden, meistens über Wolfgang Vogel,“ wusste Alt-Kanzler Schmidt zu berichten.[6])
In dem erwähnten Gespräch von Schumann mit Krenz war auch gefragt worden, wie es komme, dass in der zeitgenössischen Publizistik von der engeren Parteiführung nur er, Krenz, eine Rolle spiele, während andere trotz mancher Autobiographien in den Nachwendejahren (Mittag, Schalk-Golodkowski, später Schabowski) nicht mehr präsent seien. Antwort: „[…] dass ich vielleicht stärker als manch anderer in der Öffentlichkeit wahrgenommen werde, hängt wahrscheinlich damit zusammen, dass ich am Ende der DDR an der Staatsspitze stand.“ Und dann lieferte er eine Bestandsaufnahme seiner Politbüro-Kollegen: ein Seitenwechsler, einige tot, andere behindert. „Außer mir leben noch fünf Mitglieder des alten Politbüros.“ War Häber wenigstens dabei mitgezählt?
Krenz wie auch Häber waren (gleichzeitig mit Jarowinsky und Kleiber) ins Politbüro gewählt und zu Sekretären bestimmt worden – auf der 8. Tagung des ZK der SED im Jahre 1984. Honecker ersetzte Paul Verner, der bis dato ohne besondere Fortune für „Westarbeit“ zuständig gewesen war, durch Häber.
Der hatte als Gründungsdirektor des „Instituts für Internationale Politik und Wirtschaft“ der DDR (IPW) der DDR-Führung bereits vor dem parlamentarischen Sturz von Bundeskanzler Schmidt am 1. Oktober 1982 das Angebot der CDU-Führung zu informellen Beziehungen zur SED und zur Fortsetzung entspannter deutsch-deutscher Beziehungen überbracht. Häber genoss Wertschätzung in allen politischen Lagern der herrschenden Kreise der BRD. „Bonn begrüßt Ernennung Häbers“, stand am 26. Mai 1984 auch in der FAZ. Die Welt sekundierte am 29. Mai: „Mit dem Westexperten Häber will Honecker ein Zeichen setzen.“ Das sah man in Moskau auch so und griff zu Gegenmaßnahmen.
Von einer Begegnung mit der sowjetischen Parteiführung am 17. August 1984 kam Honecker mit der „geheimen“ Information zurück, Häber sei einer von zwei „Maulwürfen“ im SED-Politbüro, und als westlicher Agent aktiv.
Honecker war dabei in Moskau, so ist einer inzwischen öffentlichen Niederschrift der betreffenden Begegnung zu entnehmen, direkt mit der Frage konfrontiert worden, wie lange er das dulden wolle?[7]
Auch die Folgen für Häber, die nicht sehr lange auf sich warten ließen, sind bekannt: Honecker besuchte ihn am 16. September 1985 im Krankenhaus, und danach war Häber kein Politbüro-, noch nicht einmal ZK-Mitglied mehr und wurde in eine Nervenheilanstalt verlegt, die wieder zu verlassen ihm nur dank glücklicher Umstände gelang. Er wurde zu Honeckers Bauernopfer an Moskau und zur politischen Unperson; ehemalige Kollegen wechselten später bei Begegnungen die Straßenseite.
„Nicht unbeteiligt war Mittag, der nicht wollte, dass es neben ihm noch einen ZK-Sekretär gab, der sich mit der BRD befasste“, schreibt Karl Seidel, der ungeachtet seiner Funktion als Abteilungsleiter BRD im DDR-Außenministerium, in der praktischen Arbeit Honecker direkt zugeordnet war.
Wie und wo standen die anderen Mitglieder des Politbüros, etwa Krenz, zu Aufstieg und Fall ihres Kollegen? Handelte es sich doch um einen zentralen Akteur der DDR-Friedenspolitik, die mit dessen Abservierung erheblich beschädigt wurde. Darüber hätte man auch 35 Jahre später gern mehr erfahren. Doch dazu auch im neuen Buch – nichts.

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Zum sachlichen Hintergrund – unabhängig von der Person Häber: Zu Beginn der 1980er Jahre war es zu einer scharfen Zuspitzung des Ost-West-Konfliktes durch forciertes Rüsten beider Seiten im Bereich landgestützter nuklearer Mittelstreckenraketen in Europa gekommen – bis an den Rand des Ernstfalls, wie nachträglich bekannt wurde. Solche Konfliktsituationen sind üblicherweise Hochzeiten für gegenseitige Sprachlosigkeit und wechselseitige Anschuldigungen. In dieser Lage hat Honecker etwas Sensationelles getan. Er hat das übliche Handlungsschema polemischen Anklagen gegen die jeweils andere Seite durchbrochen und stattdessen gefordert: Das Teufelszeug muss weg, alles! Also auch das sowjetische. Und Häber war dafür sein Souffleur. Nicht minder bei diesem Brief an Bundeskanzler Kohl vom 5. Oktober 1983: „In vollem Einklang mit den Interessen und Wünschen der Bürger der DDR ist es meine Auffassung, dass sich alle, die das Abgleiten der Menschheit in eine nukleare Katastrophe verhindern wollen, zu einer Koalition der Vernunft zusammentun sollten, um beruhigend auf die internationale Lage einzuwirken und nichts unversucht zu lassen, eine neue Runde des atomaren Wettrüstens zu verhindern.“[8] Kohl griff in seiner Antwort vom 24. Oktober 1984 den „Begriff einer notwendigen Koailtion der Vernunft gerne auf“[9], womit „Koalition der Vernunft“, eine Schöpfung von Häber, in den deutsch-deutschen Beziehungen etabliert war, der – dann erweitert um den der „Verantwortungsgemeinschaft“ – auch beim Besuch Honeckers vom 7. bis zum 11. September 1987 in der BRD von beiden Seiten Verwendung fand. (Da war Stichwortgeber Häber lange schon von der politischen Bühne verschwunden.)
Wie all dies in Moskau gesehen, empfunden, beargwöhnt und retardierend begleitet wurde, bis hin zum letztlichen Meinungsumschwung mit Übernahme der DDR-Positionen durch Gorbatschow, das ist ein Hauptthema von Krenz in seinem neuem Buch.
Dem Versuch Honeckers, seine BRD-Aktivitäten ohne Zustimmung Moskaus zu intensivieren und darüber mehr oder weniger Stillschweigen gegenüber dem „großen Bruder“ zu bewahren, war letztlich ein ziemlich klägliches Ergebnis beschieden. Aus zwei Gründen: Einmal gab es im Politbüro die inzwischen allgemein so genannte „Moskau“-Fraktion, über die Krenz intensiv berichtet, heute mit der Tendenz, sie zu rügen. Überdies informierten aber auch bundesdeutsche Partner die sowjetische Seite, nicht selten als Seitenhieb gegen die DDR. Trotz manch günstiger Entwicklungen in den deutsch-deutschen Beziehungen blieb nämlich Feindschaft vorherrschend. Mitunter wurde dies zwecks Schärfung der Wahrnehmung auch ungeschminkt ausgesprochen, wie von Egon Bahr gegenüber einem langjährigen Gesprächspartner und leitenden Mitarbeiter des IPW – und zwar ausdrücklich mit Bezug auf das SED-SPD-Papier „Der Streit der Ideologien und die gemeinsame Sicherheit“ vom 27. August 1987: „Begreift doch endlich: Die CDU ist unser innenpolitischer Gegner, aber Sie sind unser Feind.“[10]
Erstaunlicherweise kommt bei Krenz in solchen Zusammenhängen der Begriff Interessenpolitik kaum vor, hingegen beschreibt er seine emotionalen Empfindungen bis hin zum Verratsverdacht gegenüber Honecker ziemlich ausführlich, psychoanalytische Momente inbegriffen. Vor diesem Hintergrund erinnere man sich an seine Einlassung, den sowjetischen Genossen ausführlich aus dem Politbüro der SED berichtet zu haben. Falls diese Informationstätigkeit eingeschlafen war oder ab irgendeinem Zeitpunkt bewusst unterblieb, stellt sich doch die Frage: Erkannte Krenz im sowjetischen Politbüro etwa keine unterschiedlichen Tendenzen, die Ausdruck objektiv entgegengesetzter Konzeptionen waren oder darin mündeten? Auf welche Personen dort orientierte er sich? Auf wen waren die anderen SED-Politbüro-Kollegen einschließlich der Moskau-Fraktion orientiert?
Umgekehrt habe, folgt man dem neuen Krenz-Buch, Gorbatschow mit besonderer Wärme von Willi Stoph gesprochen und bedauert, dass der dem Mobbing von Günter Mittag ausgesetzt sei. Ein Schicksal auch anderer „älterer Genossen“; dazu die Empfehlung Gorbatschows an Krenz, diese wieder mehr einzubeziehen.
Da bekannt ist, daß Stoph zu den besonderen Vertrauensleuten der sowjetischen Führung gehörte, war das möglicherweise auch eine Empfehlung an Krenz, eindeutiger zugunsten der KPdSU Partei zu ergreifen.
(Erstaunlich in diesem Kontext ist die sowjetische Kontinuität, denn die gleiche personelle Empfehlung hatte Breschnew 20 Jahre zuvor Honecker bei einem Geheimgespräch 28. Juli 1970 gegeben, als die Ablösung Ulbrichts verabredet wurde: „Wir denken dabei auch an die große Rolle, die Genosse Stoph spielt.“[11])

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Der zweite Agent im Politbüro, vor dem die „sowjetischen Freunde“ bei höchsten Begegnungen intern gewarnt hatten, war übrigens – Günter Mittag. Erstaunlicherweise ereilte diesen nicht Häbers Schicksal. Im Gegenteil. Er stand bei Honecker bis zum Sturz beider von allen Ämtern in ungeschmälerter Gunst.
Am 17. Oktober 1989 wurde Krenz zum Generalsekretär gewählt. Tags darauf wurde Günter Mittag von allen leitenden Funktionen entbunden und einen Monat später aus der SED ausgeschlossen.
In einem Spiegel-Interview im Jahre 1991[12] wurde Mittag gefragt:
Wer hat die Politik bestimmt?
Mittag: „Es gab einen grundlegenden schwelenden Dissens im Politbüro. Er betraf die prinzipielle Gegnerschaft gegen die Kooperation mit dem Westen, speziell zur BRD, als ‚Westdrall‘ apostrophiert, durch eine Gruppe in der Führung um Stoph, Krolikowski und Mielke. Es ist eine Ironie der Geschichte, dass man mir dieses Bestreben nach Kooperation als hochverräterisch ankreiden wollte.“
Haben Sie sich Hoffnungen auf die Nachfolge gemacht?
Mittag: „Nein, ich hatte keine Ambitionen auf den Posten des Generalsekretärs. Krolikowski sagte im Herbst 1989 zu mir: ‚Warum hast Du ihn damals nicht vom Bock gestoßen, als er erkrankt war?‘ Mir kam so etwas nicht in den Sinn, und heute würde ich sagen, dass mir solches Handeln niemand gedankt hätte.“
Für die Politik gegenüber der BRD hatte Mittag die zentrale Position inne, worüber wir bei Krenz wenig bis nichts erfahren, was aber anhand der sogenannten Mittag-Kommission deutlich wird. Das war die bei Krenz nicht einmal erwähnte „Arbeitsgruppe Bundesrepublik Deutschland“ unter Leitung von Mittag; Sekretär der Arbeitsgruppe war Alexander Schalck-Golodkowski.
Karl Seidel als zeitweiliger Teilnehmer berichtet: „Diese ‚Arbeitsgruppe Mittag‘ war ein Gebilde außerhalb jeder staatsrechtlichen Legalität der DDR, aber mit großer Entscheidungsvollmacht. […] Mittag entschied, was an Honecker zur Entscheidung weitergereicht wurde und dieser wiederum, was er davon dem Politbüro vorlegte. […] Die zu ihren Vorlagen geladenen Minister, Staatssekretäre oder Stellvertretenden Minister wurden mitunter von Mittag heftig kritisiert und ohne Ansehen der Person heruntergeputzt. Manch gestandener Minister zitterte förmlich, wenn er in die Arbeitsgruppe Mittag musste.“[13]
Und die Position von Krenz dabei? Seidel: „Da Mittag es für unter seiner Würde hielt, zu Krenz ins Arbeitszimmer zu gehen, wurde Krenz nicht in die Arbeitsgruppe geholt.“[14] Um das daraus sich ergebende personelle Dilemma aufzulösen, ersetzte man die turnusmäßigen Tagungen durch ein „Umlaufverfahren“.
Doch auch als Vorlagen der Mittag-Kommission so behandelt wurden, hatten sie laut Seidel, „quasi Gesetzeskraft, wenn sie von Honecker oder Mittag bestätigt wurden“[15].
Nichts davon wird von Krenz thematisiert. Ebenso wenig, dass Mittag als die wichtigste Person für Honecker dies auch für hochrangige politische Persönlichkeiten und Wirtschaftsführer in der BRD war. Vielleicht erinnern wir hier an Mittags Verbindung zu Birgit Breuel, der späteren Treuhand-Chefin. Wusste wirklich niemand, außer Honecker vielleicht, dass Mittag zumeist bei ihr Station machte, wenn er nach Hannover oder Bonn reiste? Da wurde also noch eine andere Schiene als die von Schalck-Golodkowski zu Strauß gefahren. Wer mag davon profitiert haben?

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Wie schon in früheren Arbeiten geht Krenz auf die von westlichen Kritikern und Medien wiederholt kolportierte Unterstellung ein, unter seiner Leitung sei im Herbst ’89 Waffenhilfe bei den in der DDR stationierten sowjetischen Truppen angefordert worden. Auch Alt-Bundespräsident von Weizsäcker hatte dies behauptet, wie Krenz berichtet. Der mit entsprechenden Belegen von Krenz vorgetragenen Zurückweisung wurde keine entschuldigende Antwort von Weizsäckers zuteil; so können sich böswillige Interpreten bis heute auf dessen Wort als Quelle berufen.
Aktuell geistern erneut Vermutungen herum, die DDR-Führung hätte militärische Unterstützung schon „wollen gewollt“, aber Gorbatschow habe Gegenteiliges befohlen. Die Absicht ist klar: Verunglimpfung der späten SED-Führung.
Aufklärung über die tatsächlichen Abläufe, die zur Sicherung friedlicher Bedingungen bei der Maueröffnung und zuvor schon beim Umgang mit Demonstrationen in der DDR maßgeblich beitrugen – das dürfte ein Hauptaspekt im späten politischen DDR-Leben von Krenz bleiben und nimmt in seiner neuen Publikation einen entsprechenden Platz ein.
Neben dem von Krenz verantworteten Befehl, unter keinen Umständen Waffen gegen Demonstranten einzusetzen, geht es dabei um die Wirkung seiner Bitte an die Führung der Westgruppe der sowjetischen Streitkräfte, in den Kasernen zu bleiben.
Bemerkenswert ist zunächst, dass Krenz fair Honecker als Autor der Bitte ausweist. Der Hintergrund: Der stellvertretende DDR-Verteidigungsminister Fritz Strelitz hatte darauf verwiesen, dass der Herbst jene Jahreszeit sei, zu der sowjetische Einheiten in der DDR planmäßig zu Übungen ausrückten. In der angespannten Situation hätte das nicht nur böswillig so interpretiert werden können, als ginge es um deren Einsatz im Inneren der DDR.
Auch um Sicherheit für die sowjetischen Truppen ging es dabei – um ihren Schutz davor, provoziert zu werden. Des Weiteren wurde vielleicht in Erwägung gezogen, wie sich die unruhige Situation in DDR-Städten auf die Moral der sowjetischen Truppe auswirken würde, wenn sie damit direkt in Berührung käme? Es rumorte unter deren Führungskräften ob des Gorbatschow-Kurses in der eigenen Heimat ja auch schon länger! Ich erinnere an eine frühere Publikation im Blättchen, dass Gorbatschow beim Besuch zum 40. Jahrestag der DDR von der KGB-Dependance in Karlshorst gewarnt worden war, nicht das sowjetische Oberkommando in Wünsdorf aufzusuchen. Man könne nicht sichern, dass er von da unbeschädigt zurückkommen würde.[16]

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Solche Überlegungen sollen und dürfen keinesfalls den Wert der Initiativen von Krenz mindern, sind sie allesamt doch Ausdruck der Einstellung, im Rahmen eigener Möglichkeiten keine militärische Gewalt zuzulassen oder zu dulden.
Eine andere Frage ist, ob sein Appell bei den Chefs der sowjetischen Kontingente in der DDR entscheidend oder auch nur mitentscheidend war. Dazu ein Zeitzeuge: KGB-Oberst Iwan Kusmin, von 1984 bis 1991 Leiter der Informationsabteilung und dann auch stellvertretender Leiter der ganzen KGB-Vertretung in Berlin-Karlshorst, berichtete Jahre später im Deutschland Archiv: „Die Autoren […] sehen manchmal alles zu einfach. Gorbatschow habe beschlossen, dass die sowjetischen Truppen ganz still in ihren Kasernen bleiben sollen, und Botschafter Kotschemassow habe mehrmals den Befehlshaber der Westgruppe, General Snetkow, auf diesen Befehl hingewiesen. Dabei wollen Dutzende deutscher und russischer Politiker und Funktionäre an dem Gorbatschow-Beschluss beteiligt gewesen sein. Freilich entsprach diese Entscheidung vollkommen dem prinzipiellen, schon am Anfang der Perestroika verkündeten Kurs des KPdSU-Generalsekretärs. Aber es handelte sich nicht nur um eine individuelle Entscheidung von Gorbatschow. Das Oberkommando der sowjetischen Streitkräfte vertrat dieselbe Meinung.“[17] Das heißt im Klartext: Es bedurfte keines zusätzlichen Appells seitens der DDR zum Verbleib in den Kasernen.
Kusmin verwies überdies noch auf weitere Aspekte: „Es gab darüber hinaus eine ganze Reihe von objektiven Umständen, die den Einsatz der sowjetischen Truppen gegen deutsche Demonstranten unmöglich gemacht oder zumindest wesentlich erschwert hätten. Man darf nicht außer Acht lassen, dass es keine Polizeitruppen waren. Ihrer Bewaffnung, Ausrüstung und Ausbildung nach waren sie nur für den Einsatz gegen den äußeren Feind geeignet. Psychologisch waren die Soldaten der Westgruppe nicht bereit, ihre Waffen gegen die Zivilbevölkerung zu richten. Die Einstellung dieser Soldaten gegenüber den Ostdeutschen war 1989 ganz anders als 1953. Zudem war die Stimmungslage bei der Truppe, besonders im Offizierskorps, denkbar schlecht. Es herrschte beinahe allgemeine Unruhe wegen der Massenentlassungen sowie wegen der Verlegung vieler Truppenteile aus Ostdeutschland in beinahe unbewohnte Gebiete der Sowjetunion.“[18]
Warum aber kam es überhaupt zur Reduzierung von Kampfkraft der sowjetischen Streitkräfte, gerade in der DDR, an der Nahtstelle zur NATO? Da müssen wir ein paar Schritte zurückgehen, um gleichsam am großen Rad der Zeitgeschichte innezuhalten.

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Bei und nach dem Einmarsch in die Tschechoslowakei zur Niederschlagung des Prager Frühlings 1968 hatte Breschnew verbindlich für den Warschauer Pakt verkündet: Die Sowjetunion und die sozialistische Gemeinschaft hätten das Recht und die Pflicht, nicht nur äußere Angriffe, sondern auch Oppositionsbewegungen im Innern notfalls mit Gewalt zu unterbinden. Dieses Statement wurde im Westen allgemein als Breshnew-Doktrin bezeichnet. Die Prawda vom 25. September 1968 kommentierte: „Die Schwächung eines Gliedes des Weltsystems des Sozialismus wirkt sich direkt auf alle sozialistischen Länder aus, die sich gegenseitig nicht gleichgültig verhalten können.“[19] Entsprechend drohte der KPdSU-Chef später auch Polen, damit dort das Kriegsrecht (1981–1983) eingeführt wurde.
Ein Wandel trat ab 1985 mit Gorbatschow ein. Bereits bei seinem Machtantritt, schon am Tage des Begräbnisses seines Vorgängers Tschernenko am 13. März 1985, hatte Gorbatschow im Kreise hochgestellter Repräsentanten aus aller Welt als neue Doktrin verkündet: Die Achtung der Souveränität und der Unabhängigkeit eines jeden Landes. Und zu der sich anschließenden Friedensoffensive mit immer neuen Initiativen gehörte auch Gorbatschows Ankündigung vor der UN-Vollversammlung vom 7. Dezember 1988, einseitig rund 500.000 Mann der sowjetischen Streitkräfte abbauen und sechs Panzerdivisionen aus der DDR, der CSSR und Ungarn abzuziehen.
Nicht mehr misszuverstehen war die neue Politik Gorbatschows schließlich spätestens ab 25. Oktober 1989, als es nach einem Treffen mit dem finnischen Präsidenten Koivisto in Helsinki in gemeinsamer Erklärung hieß: „Keine Anwendung von Gewalt kann gerechtfertigt werden, weder durch eine militärisch-politische Allianz gegen einen anderen Staat, noch innerhalb von Allianzen, noch gegen jedwede neutrale Länder.“[20] Darüber berichtete man nicht nur im Westen in großer Aufmachung. In der Iswestija 1989 wurde der Text veröffentlicht. Auch sowjetische Militärs in der DDR konnten also daraus ableiten, was das für ihren weiteren Aufenthalt bedeutete.
Für die DDR ergab sich daraus ganz klar, was sowjetischerseits aber noch eine ganze Weile so deutlich nicht ausgesprochen wurde: Was jetzt bei euch geschieht, ist eure Sache. Wir wollen und haben ab sofort weder Verfügungsgewalt noch Verantwortung. Wir, und auch ihr, haben aus unseren bisherigen Verhältnissen keine herrührenden Rechte oder Pflichten mehr. Auch wenn sich bei euch Grundlegendes ändert – wir, die Sowjetunion, mischen uns nicht ein. Wir haben genug mit uns zu tun.
(So erklärt sich wohl, wenn man es realpolitisch und nicht emotional wertet, auch das Wort vom „Ballast (= die DDR – H.B.) abwerfen müssen“[21], das Krenz in den 1990er Jahren, wie er bei seiner Buchvorstellung berichtete, vom früheren sowjetischen Außenminister Schewardnadse angeboten worden war – ein „‚Haken‘, der ihn fast zu Boden geworfen hätte“[22].)
Der damalige Pressesprecher von Außenminister Schewardnadse, Gerassimow, hatte die neue Linie den Journalisten in Helsinki übrigens mittels einer Metapher vorgestellt – als „Sinatra“-Doktrin: „Sie kennen den Song von Frank Sinatra ‚Ich tat’s auf meine Weise‘? Polen und Ungarn tun es nun auf ihre Weise. Ich denke, die ‚Breshnew-Doktrin‘ ist tot.“
Krenz berichtet ausführlich, auch mit Absätzen aus einer entsprechenden Niederschrift[23], über seine Begegnung mit Gorbatschow am 1. November 1989. (Die hat dieser in seinen späteren Veröffentlichungen verschwiegen, wie Krenz vermerkt.). Dabei habe er, Krenz, die Frage gestellt, ob sich die Sowjetunion noch zu ihrer Vaterschaft an der DDR bekenne, und mangelnde Bereitschaft zur Verteidigung der DDR beklagt. Gorbatschows im besten Falle doppelbödige, zum damaligen Zeitpunkt wahrscheinlich noch nicht einmal doppelzüngige Antwort lautete: „Egon, wie kannst du nur so was denken! Nach den Völkern der Sowjetunion ist uns das Volk der Deutschen Demokratischen Republik das liebste.“[24]
Die nachfolgende Entwicklung[25] traf nicht nur Egon Krenz ins Mark. Überdies sprach Gorbatschow spätestens ab Anfang 1990 mit doppelter Zunge. So erklärte er am 30. Januar 1990 gegenüber dem ihn besuchenden DDR-Ministerpräsidenten Hans Modrow: „Das Wichtigste ist der Erhalt der staatlichen Souveränität der DDR, die Nichteinmischung in ihre inneren Angelegenheiten.“[26] Tatsächlich aber hatte er zu diesem Zeitpunkt die DDR als für die weitere Entwicklung in Rechnung zu stellenden Faktor bereits abgeschrieben. Bei einer Diskussion mit seinem Beraterstab am 26. Januar 1990 hatte er mit Blick auf internationale Gespräche, um „die Rechte der Deutschen und die Rechte der Übrigen“[27] zu klären, geäußert, man solle im Unterschied zu 1945 dafür „nicht ,4‘ (die Siegermächte – H.B.) sondern ,5‘ versammeln“[28], wobei Gorbatschow ganz konkret auf eine Beteiligung von Bundeskanzler Kohl[29] abhob. Der müsse im Übrigen damit rechnen, „dass es einige Jahre dauern wird, die DDR wirtschaftlich zu schlucken“[30].
Für andere aus der DDR-Führungsriege dürften die sowjetischen Wandlungen hingegen so überraschend kaum gekommen sein. Erich Mielke etwa hatte im Sommer 1989 einen Freund, den sowjetischen KGB-Chef Krjutschkow, mit einer Nachfrage bei Gorbatschow betraut: „Was denkt sich Gorbatschow eigentlich? Ist ihm klar, dass die DDR, wenn Eure Politik gegenüber Polen und Ungarn so weitergeht, die dadurch freigesetzten Kräfte nicht mehr beherrschen kann? Gorbatschow und Eure Führung sollten begreifen, dass die Deutsche Demokratische Republik zerschmettert wird.“[31]
Gibt’s darauf eine Reaktion, fragte Mielke nach, als er erfuhr, dass die Botschaft Gorbatschow schon länger erreicht hatte. „Keine“, antwortete Krjutschkow.[32]
Das war doch die eigentliche (Vorab-)Antwort auf die Krenz-Frage an Gorbatschow am 1.11.1989.

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In diesem Zusammenhang erreicht der „Tatsachenbericht“ von Egon Krenz seine Kulmination in doppeltem Sinne: In der Darstellung der Ereignisse; aber auch dahingehend, ob der Autor über die Wiederholung früherer Ein- und Auslassungen hinaus zu neuen Erkenntnissen gelangt ist. Festhalten an einer einmal definierten Wahrheit bewirkt leicht Verlust an Glaubwürdigkeit. „Und es werden sich viele falsche Propheten erheben und werden viele verführen“, heißt es bei Matthäus, 24, 11.Doch wer ist im vorliegenden Kontext der falsche Prophet?
Gedanken darüber kann man sich anhand der bereits erwähnten Niederschrift des Treffens Krenz – Gorbatschow vom 1.11.1989 machen.
Eingeleitet wurde das Treffen mit Floskeln wie früher auch und der rituellen gegenseitigen Versicherung, dass es bei ihnen eigentlich ganz gut gehe. Von der Gefahr, dass das weltweite Projekt sowjetischer Prägung bald vor dem Kollaps stehen könnte – keine Andeutung, wohl aber, dass grundlegende Änderungen innerhalb des Systems vonnöten seien. (Vermutlich verstehen beide darunter aber Unterschiedliches.) Dann eint sie dies: Befriedigung über die überfällige Entmachtung von Erich Honecker, verbunden mit der Hoffnung, mit Auflösung dieses Hemmnisses beginne eine neue Etappe enger Brüderlichkeit in den gegenseitigen Beziehungen. Dann Gorbatschow: „Heute geht es in den sozialistischen Ländern darum, daß jeder selbst nachdenkt.“[33]
Wurde Egon Krenz da etwas empfohlen?
Der hatte möglicherweise vergangene Begegnungen zwecks Vorstellung in neuen Funktionen mit überkommener Ergebenheitsadresse in Erinnerung. Und das war ja der klassische Antrittsbesuch mit Unterbreitung einer Bilanz in herkömmlicher Weise. Aber Gorbatschow hatte vermutlich seine Bilanz im Sinn: Wir sind am Ende – ausgereizt.
Am 17. Oktober 1989 war Egon Krenz Generalsekretär geworden, am 24. Oktober Staatsratsvorsitzender. Am 25. Oktober war in Helsinki das Ende der Breshnew-Doktrin verkündet worden – mit der Freigabe an die Warschauer Vertragsstaaten, nach dem Beispiel von Polen und Ungarn ihre inneren Angelegenheiten und ihre auswärtigen Beziehungen selbst zu regeln. Mit der sensationellen Versicherung: Die Sowjetunion wird machtpolitisch nicht eingreifen – was auch bedeutete, selbst auf Anforderung durch dortige Machtinhaber nicht.
Diese neue Situation wurde im vier-Stunden-Gespräch vom 1. November nicht einmal erwähnt. Der oberste Machthaber der DDR jedenfalls fragte nicht nach, was das für das Bündnis bedeutete, und der mächtigste Mann im Bündnis verspürte offenbar keine Neigung zur Erörterung. Die späteren Ereignisse und auch deren Reflexion bei Krenz deuten allerdings an, dass er die Bekräftigung der Aufgabe der Breshnew-Doktrin in ihrer vollen Auswirkung seinerzeit nicht erkannt hat oder nicht glauben wollte. Aber auch 2019 nichts von Krenz zu jener Situation.
Nichts Grundsätzliches jedenfalls, aber immerhin dieses: Auf Seite 240 berichtet er, was damals nach der Audienz kam – ein Essen im Kreml: „Die Atmosphäre war freundschaftlich und entspannt, man erzählte Anekdoten und trank trotz der Anti-Wodka-Beschlüsse auf dieses und jenes, wie ich es auch bei früheren Besuchen in der Sowjetunion erlebt hatte. Gorbatschow plauderte über seine Gespräche, die er kurz zuvor mit dem finnischen Staatspräsidenten geführt hatte, und dass er demnächst den Papst und US-Präsident George Bush treffen würde. Er erzählte von seiner Familie und trug mir ‚allerherzlichste Grüße von Raissa Maximowna für Erika‘ auf.“
Das ist alles, was Egon Krenz dreißig Jahre danach über die „Sinatra“-Doktrin und ihre Auswirkung zu berichten hat. Es geht ihm in diesem Zusammenhang nicht darum, dass die Sowjetunion der DDR den Schutz entzogen hat. Für Egon Krenz ist das Gespräch vom 1. November wohl lediglich als Nachweis wichtig, dass Gorbatschow doppelbödig bis hinterhältig agierte und er, Krenz, bereits bei seinem Amtsantritt dessen Opfer war.

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Wenn die oben nicht mehr können, und die unten nicht mehr wollen und gleichzeitig die Massen aktiv werden, dann dämmert eine revolutionäre Situation herauf. So die Theorie nach Lenin. Dass dieses Axiom auch in Restauration oder Konterrevolution münden kann, offenbarte sich 1989/90.
Wie auch immer, die Bestandsaufnahme ist einfach und eindeutig: Im Wettbewerb der Systeme war das real-sozialistische besiegt.
Hätte man dem zwangsläufigen Zusammenbruch mit Krieg als Ultima Ratio entgegentreten sollen? In Abkehr von der Friedenspolitik als bisherigem Markenkern der sozialistischen Verantwortung für die Welt und als Versuch mit möglicherweise zivilisationsvernichtendem Ausgang? Die Frage stellen heißt, sie beantworten.

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Wenn kein Sozialismus mehr in der bisherigen Sowjetunion oder anderswo in Europa, also auch nicht in der DDR – wozu dann noch eigenstaatliche Existenz zweier deutscher Teilstaaten? Dann war die Übernahme des kleineren Verlierers logisch und eminent praktisch. Die moralische Frage bleibt allerdings, ob dies in der materiellen Substanz, bei den Eigentumsverhältnissen, unbedingt eine „feindliche Übernahme“ sein musste, bei der nahezu jegliches gesellschaftliche Eigentum der DDR in privaten westdeutschen Händen landete und Massenarbeitslosigkeit zum primären ostdeutschen Regelschicksal im „einig Vaterland“ wurde.
Krenz beschäftigt sich mit dem Problem und bemüht dazu auch die seinerzeit gern genutzte Formulierung eines prominenten DDR-Theoretikers mit Hang zur Praxis, Otto Reinhold. Dessen Überlegung ging so: Wenn den Polen oder Ungarn der Sozialismus abhandenkommt, bleiben sie ungeachtet dessen Polen, respektive Ungarn. Was aber bleibt den DDR-Menschen?
Soweit die rhetorische Frage. Ob die als Argument dienen sollte, um mit aller Kraft an der sozialistischen Staatsmacht festzuhalten oder widerspruchslos zur staatlichen deutschen Einheit zu streben, kann im direkten Disput mit dem 2016 verstorbenen Reinhold nicht mehr entschieden werden.
Provokativ war die Fragestellung aber schon damals, denn spätestens bei der Einreise in ferne Länder konnte man bei Vorlage des DDR-Passes der Frage aus Unkenntnis begegnen, was für ein Staat das sei. Die Antwort „ein deutscher“ genügte dann in der Regel zur Aufklärung. Die deutsche Nationalität war den Bürgern in der DDR unabhängig von der herrschenden Gesellschaftsordnung eigen geblieben, bei aller staatlich verordneten Konzentration auf ein Bewusstsein als „DDR-Bürger“. „Wir“ sind nun mal Deutsche. Und die frühere Verfassungsdefinition der DDR als „sozialistischer Staat deutsche Nation“ (Verfassung von 1968, Artikel 1) entsprach dem.

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Was im freundschaftlich geführten Gespräch von Gorbatschow mit Krenz vom November 1989 unfair blieb: Die mangelnde Offenheit darüber, was um die DDR herum an Fakten, die an deren Existenz nagten, auch durch die sowjetische Führung bereits geschaffen worden war.
Zum 20. Jahrestag der Ereignisse vom Herbst ’89 befragte Der Spiegel den seinerzeitigen US-Außenminister James Baker:
Wem gebührt das Verdienst?
Baker: „Den Lorbeer teilen sich viele. Zu nennen ist in jedem Fall der ehemalige sowjetische Führer Michail Gorbatschow, der zusammen mit meinem damaligen Amtskollegen und Freund Eduard Schewardnadse die Grundsatzentscheidung traf: Was auch immer passiert, wir setzen kein Militär ein. Das war für ein Imperium, das mit Hilfe von Gewalt entstanden war und lange durch Gewalt zusammengehalten wurde, eine erstaunliche Festlegung.“
Warum glauben Sie, traf Gorbatschow diese Grundsatzentscheidung?
Baker: „Ich glaube, die sowjetische Führung war damals zu dem Schluss gekommen, dass sie mit dem Westen nicht länger mithalten konnte, wirtschaftlich nicht und auch nicht militärisch.“[34]
Da haben wir den eigentlichen Hintergrund dafür, warum der Herbst ’89 von den äußeren wie inneren Akteuren so unbekümmert gestaltet werden konnte. Die Grundsatzentscheidung, dem unter keinen Umständen einen militärischen Riegel vorzuschieben, war längst oberhalb der und über die DDR gefallen.

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Kommen wir vor diesem Hintergrund nochmals auf das Kommando der Westgruppe zurück.
Bei der Vorstellung seines neuen Buches, so neues deutschland, habe Krenz ausgeführt: „Sowjetische Generäle seien im Gegensatz zu Gorbatschow, der ‚die DDR als Ballast abwerfen wollte‘ […], nicht bereit gewesen, die DDR aufzugeben. ‚Sie war der Vorposten, des sozialistischen Lagers. Und wenn der Vorposten fällt, bricht auch das Hinterland zusammen‘.“[35]
Nun steht ja außer Frage, dass die sowjetischen Kontingente in der DDR insgesamt einheitlich, nicht nur in Wünsdorf, in den Kasernen geblieben sind. Offenbar bis auf „sowjetische Generäle“, mit denen Krenz zusammengetroffen sein oder zumindest intensiv telefoniert haben muss. Waren bestimmte Generäle also mit der DDR-Führung stärker verbunden als mit der Sowjetunion? Wer hat dann aber und wodurch erreicht, dass diese Generale doch nichts zum Schutz der DDR unternahmen? War dies dem Einwirken von Egon Krenz zu verdanken, der auf diesen Hilfsdienst klug verzichtete, wenngleich seine Sympathie für diese Generale unüberhörbar ist? Vom Wünsdorfer Oberkommando gab es jedenfalls keine Weisung, entgegen der „Sinatra“-Doktrin in der DDR doch einzugreifen.
Und die Mauer wurde bekanntlich von innen nach außen geflutet. Also lag auch kein Angriff auf den Geltungsbereich des Warschauer Vertrages vor. Zugleich war es ein Glücksfall infolge kompletter Überraschung, dass die Alliierten in Westberlin das sowjetische Oberkommando nicht aufgefordert haben, die Maueröffnung zu unterbinden und den bisherigen Zustand wieder herzustellen, auf den man sich im Interesse aller Siegermächte nach dem 13. August 1961 bekanntlich geeinigt hatte.
Nicht unwahrscheinlich ist es schließlich, dass am 10. November 1989 ziemlich aufgebrachte Repräsentanten der Führung der Westgruppe beim Staatsratsvorsitzenden Krenz vorstellig geworden sind – mit der energischen Nachfrage, wieso die Grenze nach Westberlin geöffnet worden sei, ohne Wünsdorf rechtzeitig davon zu informieren.
Zumindest diese gefährliche Unterlassung ist aktenkundig und hätte noch in letzter Minute eine Katastrophe auslösen können.
Aber vielleicht hatte der solcher Art bedrängte Krenz da schon das Schreiben von Gorbatschow mit dem Glückwusch zur Maueröffnung in der Hand und konnte damit die Konfrontation auflösen.

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War die Westpolitik Honeckers für das Volk der DDR und Zentraleuropa nun eher nützlich, trotz des Wegdriftens vom „großen Bruder“, oder wäre es besser, klüger und redlicher gewesen, keine Sonderbeziehungen mit der BRD einzugehen?
Bei Krenz fehlt die klare Bewertung: Ja oder Nein?
Krenz’ dadurch offenbarter persönlicher Zwiespalt ist verständlich; aber als Amtsinhaber muss man Prioritäten benennen und für die praktische Politik auch setzen. Freilich darf man im Nachhinein auch sehr persönlich offenlegen, was Unkenntnis, Falschinformation und Fehlanalysen geschuldet war. Die Kurzfassung seiner eigenen Fehlleistungen lautet: Er habe hinsichtlich Honeckers Ablösung zu lange gewartet und Gorbatschow zu lange vertraut.
War’s das also? Da merkt man eben doch, dass Krenz’ „Tatsachen“-Bericht zugleich Memoiren-Literatur ist.
Bei der Vorstellung des Buches hat die Berichterstatterin des rbb fein beobachtet: „Für die einleitenden Worte benutzt Egon Krenz das alte ‚Wir‘ aus dem DDR-Sprachgebrauch, setzt also die Schicksals-Gemeinschaft mit dem Publikum voraus.“ Man könnte hinzufügen, dass er ähnlich auch in Bezug auf „die Russen“ verfährt. Vermutlich sind mehrheitlich die „Sowjetmenschen“ aus den Hochzeiten des Wirkens von Krenz gemeint.
Wenn er sich aber auf die deutsche Gegenwart bezieht, dann wird es heikel. Den Sieg über den Faschismus von Osten her hat die Völkergemeinschaft der UdSSR errungen; „die Russen“ gewiss in besonderem Masse dabei; heute sind das wohl mehrheitlich Bürger der Russischen Föderation und deren Nachfahren. Aber wie wirkt der Sammelbegriff „die Russen“ gegenüber Staaten aus der Erbmasse, an deren Spitze sich sinnigerweise auch ehemalige Politbüro-Mitglieder (Heydar Alijew, Eduard Schewardnadse) als Dauer-Präsidenten installierten? Kann man sie auch unter „die Russen“ subsummieren?
By the way – mit seiner (bewusst oder unbewusst unscharfen) Sprachpraxis ist Krenz ganz nahe bei Angela Merkel; sie kann der Einvernahme aller für ihre Sache bisweilen ebenfalls nicht widerstehen: „Wir (Hervorhebung – H.B.) schaffen das!“
Das Schicksal der DDR ist ein anschauliches Beispiel, wie es mit und in der Gesellschaft so gehen kann: Vom „ich“ zum „wir“ und retour.

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„Was im Herbst 89 an die Oberfläche kam, hat seine Vorgeschichte“, konstatiert Krenz in seinem neuen Buch. Dieser Strang seines Narrativs wird von ihm ausführlich mit Originalunterlagen belegt. Allerdings ohne den erhellenden Rückgriff darauf, dass Walter Ulbricht noch 1969 darüber nachdachte, ob da nicht doch noch was anderes ginge, als mit den zwei sich feindlich gegenüber stehenden deutschen Staaten. Ulbricht war bemüht, „politische Wege zu einer Konföderation zwischen beiden deutschen Staaten zu erkunden, die zu ökonomischer und wissenschaftlich-technischer Kooperation mit beiderseitigem Vorteil führen könnten“, schreibt dessen enger Mitarbeiter Wolfgang Berger.[36]
Soweit greift Krenz nicht zurück, auf Ulbricht aber schon, der Breschnew am 21. August 1970 in Moskau folgendermaßen angesprochen hatte: „Lieber Genosse Leonid! Seien Sie vollkommen beruhigt! […] Wir wollen uns […] in der Kooperation als echter deutscher Staat entwickeln. Wir sind nicht Bjelorußland, wir sind kein Sowjetstaat. Also echte Kooperation.“[37]
Der „große Bruder“ war ob solcher Töne wenig erbaut, hatte aber seinerseits bereits vorgebaut, denn bereits einen Monat zuvor, am 28. Juli 1970, hatte es eine Begegnung zwischen Breschnew und Honecker gegeben – mit folgender Belehrung seitens des KPdSU-Chefs: „Du kannst mir glauben, Erich, die Lage, wie sie sich so unerwartet ergeben hat, hat mich tief beunruhigt. Die Dinge sind schon jetzt nicht mehr eure eigene Angelegenheit. Die DDR ist für uns, für die sozialistischen Bruderländer ein wichtiger Posten. Sie ist das Ergebnis des 2. Weltkrieges, unsere Errungenschaft, die mit dem Blut des Sowjetvolkes erzielt wurde. […] Ich habe bereits einmal gesagt, dass die DDR nicht nur eure, sondern unsere gemeinsame Sache ist, […] Erich, ich sage Dir offen, vergesse das nie, die DDR kann ohne uns, ohne die SU, ihre Macht und Stärke – nicht existieren. Ohne uns gibt es keine DDR.“[38] Breschnew verband dies expressis verbis mit einem Hinweis auf die sowjetischen Truppen in der DDR.[39]
Zu jener Zeit war Honecker ein gelehriger Schüler, und Moskau setzte nachhaltig auf ihn: Am 3. Mai 1971 wurde Honecker Erster Sekretär des ZK der SED; und am 18. Mai 1971 äußerte er in Moskau: „Die DDR ist unser gemeinsames Kind, sie ist das Ergebnis des Sieges des Sowjetvolkes im Großen Vaterländischen Krieg über den Hitlerfaschismus. Das werden wir nie vergessen.“[40]

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Parallel dazu erfolgte eine völlige Veränderung in der Politik der Sowjetunion gegenüber der BRD. Sie schloss im August 1970 mit der Bundesrepublik einen Vertrag „auf Augenhöhe“; jedoch weder als Ersatz für einen ausstehenden Friedensvertrag noch mit Bezug auf sowjetische Rechte als Siegermacht. Beide Seiten verzichteten auf staatliche Ansprüche hinsichtlich bestehender Grenzen. Das war für die Sowjetunion (als auch für Polen, das Im Dezember 1970 einen vergleichbaren Vertrag mit Bonn schloss) von essenzieller Bedeutung. Die Sowjetunion akzeptierte hingegen einen Bonner „Brief“ zum Vertrag – mit dem Vorbehalt, dass die Einheit Deutschlands als politisches Ziel damit nicht aufgegeben sei. Das war auf westdeutscher Seite das Werk von Brandt, Bahr sowie Scheel. Der Vertrag selbst begründete die Männerfreundschaft von Breschnew und Brandt. Als dieser später weniger über den DDR-Spion, als vielmehr durch die Intrige seiner eigenen Parteifreunde mit Wehner an der Spitze fiel, soll Breschnew gegrollt haben, da müsse er wohl seine Panzer rollen lassen. Es blieb aber offen, wohin und mit welcher operativen Absicht die Panzer denn hätten fahren sollen. Persönlich war Breschnew ja eher Auto-Fan; Mercedes in Sonderausfertigung rangierte auf einem der vorderen Plätze seiner Lieblingsmarken.
„Ohne die flexible Außenpolitik der DDR hätte es weder 1970 den Moskauer Vertrag mit der BRD noch 1971 das Vierseitige Abkommen (hinsichtlich Westberlin nebst Transit – H.B.) gegeben“, schreibt Krenz in diesem Zusammenhang und meint in zeitlicher Verkennung der Abläufe wohl die verspätete Mitwirkung der DDR an dieser Entwicklung. Die führte zum Grund(lagen)vertrag vom Dezember 1972, der bis zum Anschluss der DDR an den Vertragspartner die Basis aller Vertragspolitik zwischen beiden deutschen Staaten war – zunächst als Appendix des Verhältnisses von Moskau zu Bonn, dann zunehmend gegen den Widerstand der UdSSR als Bindeglied zwischen Berlin, Hauptstadt der DDR, und Bonn.
Ein Beispiel der Dialektik von Entwicklung in Widersprüchen.
Das Prinzip der friedlichen Koexistenz – der damals gebräuchlichste Begriff für die Neugestaltung der internationalen, insbesondere der Ost-West-Beziehungen – bedeutete aber keineswegs die Aufhebung von Widersprüchen, sondern nur, dass sich die beiden weltpolitischen Antipoden innerhalb ihrer Möglichkeiten jeweils um größtmögliche Attraktivität bemühen sollten, um den Wettbewerb zwischen sich zu entscheiden. Also reguliert, aber ohne Garantie, dass man daraus als Sieger hervorgehen würde. Schon gar nicht per Beschluss, dass man bereits der Sieger der Geschichte sei. Diese Absichtserklärung bedeutete idealtheoretisch nur: im friedlichen Wettstreit, möglichst ohne Aufrüstung, sondern mit gegenseitiger Herabrüstung, zunächst den Status quo erhalten.
Im westlichen System sah man gerade dies gleich zu Beginn und dann zunehmend als hinderlich an. Friedlich: ja, aber Status-quo-Erhalt auf Dauer: nein. Sinn der Sache und Ziel sei vielmehr die Veränderung desselben.
Diese Sicht der Dinge stand, wie man inzwischen weiß, der Dynamik, die der Geschichte immer wieder eigen ist, deutlich näher als die implizite Erwartung der Politbüros im Osten, auf diese Weise dem wind of change auf Dauer entgehen zu können.

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Bei dem weiten Feld, das immer noch zu beackern wäre und das allein schon in diesen bilanzierenden Anmerkungen zu mancher Weiterung verführt hat, gehört es zu den Vorzügen des neuen Werkes von Egon Krenz, diszipliniert allgemein gültige Erörterungen zu minimieren, um Platz für die Tatsachenvermittlung zu haben. Wer, wenn nicht Krenz, könnte so auch berichten, dass das unangemessene und sachlich unzutreffende Vergleichsbild vom Tapetenwechsel im Originaltext von Kurt Hager nicht drinstand. „Den hatte ihm Erich Honecker hineingeschrieben. Es sprach für Hagers loyalen Charakter, dies nie öffentlich gemacht zu haben.“
Ähnlich die Rolle Honeckers beim Kommentar des ND, dass „wir“ den Ausgereisten „keine Träne nachweinen“. „Ungeheuerlich“ war dieser Satz für Krenz, als er ihn im Flugzeug las, und entsetzt war er, als er später herausfand, dass auch hier Honecker der Urheber war.
Hatte Krenz als Honecker-Nachfolger eine Chance, noch etwas Grundlegendes zu ändern? Hier muss man es fairerweise bei der Frage belassen, denn eine substanzielle Frist war ihm ja nicht beschieden.
Der von ihm immer wieder beklagte Verrat an der DDR ist der Kern seiner Erklärung für das Geschehen von 1989/90. Doch selbst wenn das so war: Was sollte denn aus der bisherigen DDR werden? Ohne sozialistische Gemeinschaft in Wirtschafts- und Sicherheitsfragen, ohne Sowjetunion; ohne sozialistisches Weltsystem. Konnte bei diesem Umfeld eine, auch reformierte DDR als Leuchtturm des Untergegangen bestehen bleiben?
Aber: Der Fall war ja auch gar nicht vorgesehen, nie als Option gedacht, jedenfalls nicht bei der führenden Kraft der DDR – trotz umfänglicher Not- und Einsatzpläne, trotz regelmäßiger Manöver und Übungen, auch der Zivilverteidigung unter der Losung „Mit der Staatsmacht lassen wir nicht spielen.“
Versungen – und vertan!

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Mehrere Stunden verbrachte eine Tagesspiegel-Mitarbeiterin nach der Vorstellung des neuen Krenz-Buches beim Autor in Dierhagen, wo er lebt. „Krenz spricht ausladend und besteht darauf, auch so wiedergegeben zu werden. Er ist sehr bestimmt, hier auf seiner Gartenbank: Wie ein Staatsoberhaupt, dem nur der Staat abhandengekommen ist.“[41]
Und die Mit- und Gegenspieler?
Honecker starb am 29. Mai 1994.
Michail Gorbatschow hat im November 2015 wieder ein Buch – mit dem Titel „Das neue Russland“ – auf den Markt bringen lassen, wenn auch weniger ins politische Gespräch gebracht. Der ihm wohlgesonnene Zeit-Rezensent schrieb: „Dieses Buch will das neue Russland entwerfen, und es stimmt traurig. […] Über weite Strecken zeigt es ihn als einen rastlos Reisenden in der Stratosphäre einer virtuellen Welt-Überpolitik, in der er unter verflossenen und amtierenden Staatsmännern und Laureaten aller Länder in Form von Reden, Konferenzen und Resolutionen wirkt. Ob es um den Weltfrieden, das Weltklima, den Welthunger, die Weltkultur geht, stets ist er der unermüdliche Verkünder einer universalen Perestroika. Freilich ist diese alle Klassen, Nationen und Religionen übergreifende Idee einer kooperativen Weltpolitik genau das, wofür er in aller Welt geehrt, von einem Gutteil der Öffentlichkeit seines eigenen Landes aber als Kapitulant oder Verräter verachtet wird.“[42]
Mit seinem japanischen Partner Daisaku Ikeda hat Gorbatschow bereits um die Jahrtausend-Wende seine Lebensleistung als Hauptakteur beim „Triumph der moralischen Revolution“ vorgestellt, die in der Beseitigung des Kommunismus in der Welt bestehe. Dabei die Liquidierung der Sowjetunion als Kollateralschaden hinnehmend – oder beabsichtigt, wie manche später meinten.
Bei dieser Größenordnung seines Wirkens verbietet sich die Frage fast von selbst, ob ihm da an der kleinen DDR mit ihren vertrauensseligen Genossen wirklich etwas hat gelegen sein können.
Der letzte DDR-Botschafter in Moskau, Gerd König, gelangte in seinen bitteren Memoiren jedenfalls zu dem Fazit, dass die DDR von 1949 bis zu ihrem Ende „in erster Linie einen zentralen Faktor der sowjetischen machtpolitischen und Sicherheitsinteressen in Europa“[43] darstellte, und dass die insgesamt „asymmetrischen Beziehungen […] es vorwiegend der Sowjetunion [gestatteten], ihre Interessen und Ziele durchzusetzen, oft in Übereinstimmung mit der Führung der DDR, nicht selten aber auch gegen deren Willen“[44].

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„Fiasko eines Bruderbundes“ – das ist die Bilanz, und Egon Krenz mittendrin. Lebenslänglich. Und hat erneut ein wichtiges Buch vorgelegt, durchaus in seiner „historischen Mission“.
Historiker sollten ihm als Zeitzeugen danken; Zeitgenossen – Akteure wie Betroffene – tun es gewiss auch.
Ich schon.

Egon Krenz: „Wir und die Russen Die Beziehungen zwischen Berlin und Moskau im Herbst ’89“, edition ost, Berlin 2019, 304 Seiten, 16,99 Euro.

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[1] – Herbert Bertsch: Neue „deutsche Frage“ – was nun?, Das Blättchen, 11/2019; https://das-blaettchen.de/2019/05/neue-„deutsche-frage“-–-was-nun-48478.html – aufgerufen am 22.08.2019.

[2] – Theo Sommer: Von den Atomwaffengegnern verkannt, zeit.de, 06.08.2019; https://www.zeit.de/politik/ausland/2019-08/helmut-schmidt-inf-vertrag-abruestung-atomwaffen-wettruesten – aufgerufen am 15.09.2019.

[3] – Diese Zahl nannte Helmut Domke, von 1990 bis 1994 der Beauftragte des Brandenburger Ministerpräsidenten für den Abzug der sowjetischen Streitkräfte aus Deutschland; siehe sputniknews.com, 17.08.2019; https://de.sputniknews.com/interviews/20190817325615977-nato-osterweiterung-nach-ddr-zusammenbruch/ – aufgerufen am 12.09.2019.

[4] – Siehe Viktor Knoll / Lothar Kölm (Hrsg.): Der Fall Berija. Protokoll einer Abrechnung. Das Plenum des ZK der KPdSU Juli 1953. Stenographischer Bericht, Berlin 1993, S. 257 f.

[5] – Siehe dazu ausführlich den anschließenden Beitrag in dieser Sonderausgabe – Wolfgang Schwarz: Die Causa Häber.

[6] – Helmut Schmidt: Die Deutschen und ihre Nachbarn, Berlin 1990, Seite 40.

[7] – Siehe D. Nakath / Gerd-Rüdiger Stephan (Hrsg.): Die Häber-Protokolle, Berlin 1999, S. 398 ff.

[8] – Brief von Erich Honecker an Helmut Kohl, 5. Oktober 1983; http://www.chronik-der-mauer.de/material/178863 – aufgerufen am 04.09.2019.

[9] – Zit. nach Herman Wentker: Außenpolitik in engen Grenzen. Die DDR im internationalen System 1949 – 1989, München 2007, S. 506.

[10] – Bahrs klare Aussage war MfS-Minister Mielke eine Sonderinformation an Honecker wert, bei dem sich Mielke allerdings eine herbe Abfuhr einfing: SPD-Chef Hans-Jochen Vogel habe ihn, Honecker, im Zusammenhang mit dem SED-SPD-Papier des ganzen Gegenteils versichert!
Das war jener SPD-Vogel, der wenig später, so Helmut Kohl in seinen Memoiren, zum entscheidenden Weichensteller dafür wurde, dass die höchsten Amts- und Funktionsträger der DDR – darunter neben Honecker auch Krenz – nach dem 3. Oktober 1990 nicht von strafrechtlicher Verfolgung freigestellt wurden. Vgl. Helmut Kohl: Erinnerungen 1990 – 1994, München 2007, S. 320. Kohls Resümee: „Hans-Jochen Vogel, der dem Staatsratsvorsitzenden jahrelang politisch wie menschlich mit großem Entgegenkommen begegnet war, zeigte Honecker jetzt die kalte Schulter.“ (Ebenda.)

[11] – Protokoll einer Unterredung zwischen L. I. Breschnew und Erich Honecker am 28. Juli 1970, in: Peter Przybylski: Tatort Politbüro. Die Akte Honecker, Berlin 1991, S. 280.

[12]Der Spiegel, 37/1991.

[13] – Karl Seidel: Berlin-Bonner Balance, Berlin 2002, S. 22 f.

[14] – Ebenda, S. 22.

[15] – Ebenda.

[16] – Siehe Herbert Bertsch: Wie beim Häuten der Zwiebel. Nur umgekehrt, Das Blättchen, 3/2013; https://das-blaettchen.de/2013/02/wie-beim-haeuten-der-zwiebel-nur-umgekehrt-20645.html – aufgerufen am 22.08.2019.

[17] – Iwan N. Kusmin: „Zum Nachteil unseres Landes“. Die Sowjetunion und der deutsche Vereinigungsprozeß, Deutschland Archiv. Zeitschrift für das vereinigte Deutschland, 3/2000, S. 268.

[18] – Ebenda.

[19] – Zit. nach Bundeszentrale für politische Bildung: Vor 50 Jahren: „Breschnew-Doktrin“ von der eingeschränkten Souveränität sozialistischer Bruderstaaten, bpb.de, 12.11.2018; http://www.bpb.de/politik/hintergrund-aktuell/279720/breschnew-doktrin – aufgerufen am 04.09.2019.

[20]Iswestija, 26.10.1989.

[21] – Zit. nach Barbara Nolte: Egon Krenz über den Mauerfall – „Ich hatte in der Nacht, das sage ich ganz ehrlich, Angst“, tagesspiegel.de, 12.07.2019; https://www.tagesspiegel.de/berlin/egon-krenz-ueber-den-mauerfall-ich-hatte-in-der-nacht-das-sage-ich-ganz-ehrlich-angst/24586476.html – aufgerufen am 15.09.2019.

[22] – Zit. nach ebenda.

[23] – Siehe ausführlich Niederschrift des Gesprächs des Genossen Egon Krenz, Generalsekretär des ZK der SED und Vorsitzender des Staatsrates der DDR, mit Genossen Michail Gorbatschow, Generalsekretär des ZK der KPdSU und Vorsitzender des Obersten Sowjets der UdSSR, am 1.11.1989 in Moskau; http://www.chronik-der-mauer.de/material/178905/niederschrift-des-gespraechs-von-egon-krenz-und-michail-gorbatschow-in-moskau-1-november-1989 – aufgerufen am 04.09.2019.

[24] – Hier zit. nach Barbara Nolte: „Noch vier Wochen vorher applaudierten sie mir“, Der Tagesspiegel, 29.07.2019; https://www.tagesspiegel.de/gesellschaft/besuch-beim-ex-ddr-staatschef-egon-krenz-honeckers-vita-beeindruckte/24701300-2.html – aufgerufen am 04.09.2019.

[25] – Die Veränderungen der sowjetischen Position hin zur Aufgabe der DDR lässt sich nachverfolgen in Aleksandr Galkin / Anatoli Tschernajew (Hrsg.): Michail Gorbatschow und die deutsche Frage. Sowjetische Dokumente 1986–1991, München 2011.

[26] – Ebenda, S. 301.

[27] – Ebenda, S. 287.

[28] – Ebenda.

[29] – Siehe ebenda.

[30] – Ebenda.

[31] – Zit. nach George Bailey / Sergej. A. Kondraschow / David E. Murphy: Die unsichtbare Front. Der Krieg der Geheimdienste im geteilten Berlin, Berlin 2000, S. 456.

[32] – Zit. nach ebenda.

[33] – Niederschrift des Gesprächs des Genossen Egon Krenz, a.a.O.

[34]Der Spiegel, 39/2009.

[35] – Karlen Vesper: Es grenzt an ein Wunder, neues-deutschland.de, 13.07.2019; https://www.neues-deutschland.de/artikel/1122806.es-grenzt-an-ein-wunder.html – aufgerufen am 16.09.2019.

[36] – Wolfgang Berger: Als Ulbricht an Breschnew vorbei regierte, Neues Deutschland, 23./24. März 1991.

[37] – Aus einem geheimen Vermerk über die gemeinsame Besprechung der Delegation des ZK der KPdSU mit der Delegation des ZK der SED am 21. August 1970 in Moskau, in: Peter Przybylski, S. 296.

[38] – Protokoll einer Unterredung zwischen L. I. Breschnew und Erich Honecker am 28. Juli 1970, S. 280 f.

[39] – Vgl. ebenda, S. 281.

[40] – Zit. nach Klaus Wiegrefe: Honecker und Brežnew auf der Krim. Eine Aufzeichnung über das Treffen vom 19. August 1976, Vierteljahreshefte für Zeitgeschichte, 4/1993, S. 592, Fußnote 15.

[41] – Barbara Nolte, a.a.O.

[42] – Gerd Koenen: Gefesselter Prometheus, Die Zeit, 48/2015; https://www.zeit.de/2015/48/michail-gorbatschow-das-neue-russland – aufgerufen am 04.09.2019.

[43] – Gerd König: Fiasko eines Bruderbundes, Berlin 2011 (2. Auflage), S. 36.

[44] – Ebenda, S. 39.