19. Jahrgang | Sonderausgabe | 14. November 2016

Fünf Jahre NSU-Ermittlungen – Fakten, Fakes & Fehler

von Gabriele Muthesius

Am 4. November 2016 jährte sich der Auffindetag jenes Wohnmobils vom Typ FIAT „Capron“ mit den Leichen von Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt im Eisenacher Stadtteil Stregda zum fünften Male. Kurz darauf tauchte das Kürzel NSU erstmals in den Medien auf.[1] Am 23. Februar 2012 erklärte Angela Merkel auf der Trauerfeier für die dem NSU-Komplex zugeordneten zehn Ermordeten gegenüber deren Angehörigen: „Als Bundeskanzlerin […] verspreche ich Ihnen: Wir tun alles, um die Morde aufzuklären und die Helfershelfer und Hintermänner aufzudecken und alle Täter ihrer gerechten Strafe zuzuführen.“[2]
Im November 2016 – unter anderem zwölf NSU-Untersuchungsausschüsse im Bundestag und in sieben Länderparlamenten sowie deutlich über 300 Verhandlungstage beim Münchner NSU-Prozess später – fasst Christian Bommarius, Chefkommentator der DuMont Redaktionsgemeinschaft, das Zwischenergebnis folgendermaßen zusammen: „Weder sind bis heute die Morde aufgeklärt noch sind die Hintermänner und die Helfershelfer ermittelt. Das ist erbärmlich. Aber dass bis heute das Interesse der Behörden, das zu ändern, sehr verhalten ist – das ist bedrohlich.“[3]

*

Der nachfolgende Beitrag knüpft direkt an die Blättchen-Sonderausgabe vom 5. September 2016[4] an. Die Fortführung des Themas beruht dabei vor allem auf:

  • der Analyse weiterer Ergebnisse aus polizeilichen Ermittlungsunterlagen zum NSU-Komplex,
  • der fortgeführten Durchsicht von Sitzungsprotokollen der NSU-Untersuchungsausschüsse im Bundestag und in den Landtagen sowie
  • der Befragung eines Experten zur Funktionsweise der Waffe, mit der der Tod von Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt herbeigeführt worden sein soll.

Dabei werden teilweise auch bereits früher im Blättchen behandelte Fragestellungen nochmals aufgegriffen, soweit dazu weitere – im Rahmen der vorliegenden Darstellung neue – Erkenntnisse vorliegen.

Teilkomplex: „Bekenner“-Video

Zur öffentlichen Bezeichnung NSU („Nationalsozialistischer Untergrund“) kam das Trio bekanntlich erst nach dem Ableben von Mundlos und Böhnhardt sowie der Verhaftung von Zschäpe. Grundlage dafür ist ein „Bekenner“-Video (auch als „Paulchen Panther-Video“ bezeichnet), das mit der folgenden Texteinblendung beginnt: „Der Nationalsozialistische Untergrund ist ein Netzwerk von Kameraden mit dem Grundsatz – Taten statt Worte – Solange sich keine grundlegenden Änderungen in der Politik, Presse und Meinungsfreiheit vollziehen werden die Aktivitäten weitergeführt“[5].
Kopien dieses Videos auf DVDs wurden sowohl aus dem in Eisenach-Stregda am 4. November 2011 aufgefundenen Wohnmobil, in dem sich auch die Leichen von Mundlos und Böhnhardt befanden, als auch am letzten Wohnort der Drei in Zwickau asserviert.
Im Camper wurden sechs DVDs[6] gefunden. In einem Tourenrucksack[7], für den protokolliert ist: „Gesichert am 05.11.2011“[8] und „Gesichert wo: Bildtafel 21.16; auf Matratze“[9]. Die angegebene Bildtafel zeigt den Rucksack nebst Inhalt; DVDs sind keine dabei.[10] (Abb. 1)
Für die DVDs selbst ist protokolliert: „Gesichert am 01.12.2011“[11] und „Gesichert wo: Bildtafel 21.16; aus innenliegender Deckeltasche der BT 21.16“[12]. Auch dazu gibt es ein Asservatenfoto.[13] (Abb. 2)
Festzuhalten bleibt: Am 05.11.2011 wurden der Tourenrucksack gesichert, sein Inhalt entnommen und alles zusammen fotografiert. Am 01.12.2011, knapp vier Wochen später, wurde der Rucksack – ja was? Erneut untersucht? Und dabei weiterer Inhalt – die DVDs mit dem „Bekenner“-Video – „gefunden“?
Die zeitliche Diskrepanz sowie der Sachverhalt, dass immerhin sechs DVDs bei der ersten Untersuchung des Rucksackes (im Unterschied zu dessen diversen anderen Inhalten) nicht aufgefunden worden waren, lassen – so lange beides nicht plausibel erklärt ist – die spätere „Entdeckung“ der DVDs in einem fragwürdigen Licht erscheinen.
Der Inhalt[14] des Videos ist durch die Ermittlungsbehörden bekanntlich dahingehend interpretiert worden, dass die darauf dokumentierten Verbrechen durchweg dem Zwickauer Trio zugeschrieben wurden. Auch das ist fragwürdig:

  • Die schriftliche Eingangssentenz ist das einzige „Bekennerhafte“ in diesem Video.
  • Das Video verwendet ausschließlich öffentlich zugängliches Film- (etwa WDR) und Fotomaterial (diverser Medien) und offenbart keinerlei darüber hinausgehendes Täterwissen.
  • Es gibt auch keine separate Audiospur neben den Original-Spracheinblendungen aus den Paulchen-Panther-Filmen.

Zugleich ist das Video mit einigem technischen Aufwand hergestellt worden. So setzt etwa die Einfügung von graphischen „NSU“-Inhalten in die Original-Paulchen-Panther-Filmsequenzen einiges an Know-how und Spezialsoftware voraus. Das wirft die Frage auf, ob in der Zwickauer Wohnung des Trios die technischen Voraussetzungen (Hardware, Software) dafür gegeben waren, um ein solches Video zu produzieren, oder wo, respektive durch wen es sonst hergestellt worden sein könnte.

Teilkomplex: Raubüberfälle

Von den Ermittlungsbehörden sind Mundlos und Böhnhardt insgesamt 15 Raubüberfälle[15] zugeordnet worden.
Einer davon soll am 07.09.2011 in Arnstadt stattgefunden haben. Dazu enthalten, wie bereits in der erwähnten Blättchen-Sonderausgabe angeführt, die polizeilichen Unterlagen (Lagefilm-Ordner) einen Hinweis auf „zwei Täter, davon einer dunkelhäutig“, bestätigt vom BKA: „gemischtrassig, afrikanischer Phänotyp, Mulatte“[16].
Generell gilt für alle Raubüberfälle wie auch für die anderen dem Zwickauer Trio angelasteten Verbrechen, also die zwei Attentate in Köln und die neun Morde an Kleinhändlern mit Migrationshintergrund, was Andreas Förster, der ein Buch[17] zum NSU-Komplex herausgegeben hat, kürzlich nochmals feststellte: „[…] an keinem der Tatorte […] Fingerabdrücke oder DNA-Material der beiden mutmaßlichen Täter Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt“[18].
Allerdings hat die Chance, Mundlos und Böhnhardt gegebenenfalls zumindest einen der Überfälle nachzuweisen, durchaus bestanden: Im Oktober 1999 wurde nach dem Raub in einer Postfiliale in Chemnitz auf einem Holzteil, das die Täter mitgebracht hatten, um die Tür der Filiale zu blockieren, und dann zurückließen, ein Haar gefunden und asserviert. Das musste nicht zwangsläufig von einem der Täter stammen. Aber wenn ein späterer DNA-Abgleich mit Mundlos und Böhnhardt einen genetischen Treffer ergeben hätte, dann wäre davon auszugehen gewesen, dass das Haar von einem der Täter stammte, der damit zugleich namhaft gemacht worden wäre. Das ergibt sich aus der Sachdarstellung des Kriminaloberkommissars Jens Merten, Polizeidirektion Chemnitz-Erzgebirge, vor dem zweiten NSU-Ausschuss des Bundestages.[19]
Das Asservat wurde zunächst in Chemnitz aufbewahrt und 2005 zur DNA-Bestimmung an das Landeskriminalamt Sachsen geschickt.
Darüber, was weiter geschah, informiert folgender Dialog im ersten NSU-Ausschuss des Bundestages:
Zeuge Jens Merten: […] Wir haben […] versucht, als das gegen Mundlos und Böhnhardt bekannt wurde, natürlich dieses Haar […] mit Böhnhardt und Mundlos zu vergleichen. Aber es gibt dort ein kleines Fragezeichen hinsichtlich des Verbleibes dieser Spur –
Patrick Kurth (Kyffhäuser) (FDP): Aha.
Zeuge Jens Merten: – das ist also auch aus der Spurentabelle ersichtlich -, sodass uns das einfach nicht mehr möglich war. […]
Patrick Kurth (Kyffhäuser) (FDP): Also, die DNA ist weg? Diese Spur ist weg?
Zeuge Jens Merten: Richtig. Die haben wir einfach nicht mehr.
Patrick Kurth (Kyffhäuser) (FDP): Die ist nicht mehr aufzufinden?
Zeuge Jens Merten: Genau, ja. Deswegen lässt sich da also heutzutage auch nicht mehr ein Abgleich machen.
Patrick Kurth (Kyffhäuser) (FDP): Das ist aber mal interessant. […] Kommt das häufiger vor, dass Spuren weg sind?
Zeuge Jens Merten: Nein, das sollte eigentlich gar nicht vorkommen.“[20]
Zufall?
Schlamperei?
Vorsatz?
Wer die letztgenannte Frage stellt, sieht sich rasch mit dem Stigma „Verschwörungstheoretiker“ etikettiert. Damit kann man leben. Viel wichtiger ist, ob es im NSU-Komplex irgendwann so etwas wie einen breakeven point geben wird – einen Punkt also, an dem es ein Zufall, eine Schlamperei zu viel sein wird (und einige weitere Schritte in diese Richtung werden hier gleich folgen), um noch darüber hinwegzusehen, das mit dem Zwickauer Trio etwas inszeniert worden ist – vielleicht so eine „Schlussstrichgeschichte“[21], wie sie Wolfgang Schorlau in seinem Roman „Die schützende Hand“ fiktiv als Lösung entwickelt hat.

Teilkomplex: Michael Menzel

Dass der verantwortliche polizeiliche Ermittlungsleiter am Auffindeort des Wohnmobils mit den Leichen von Mundlos und Böhnhardt in Eisenach-Stregda am 4. November 2011, Michael Menzel – damals Leitender Polizeidirektor in Gotha und im Februar 2015 zum „Referatsleiter 40 – Kriminalitätsbekämpfung“ im Thüringer Innenministerium befördert[22] – wahrscheinlich über Vor-, respektive Täterwissen verfügt hat, wurde ausführlich bereits in der Blättchen-Sonderausgabe dargestellt: Bereits gegen 16:30 Uhr an diesem Tage hatte er Kollegen in Baden-Württemberg informiert, dass im Camper die Dienstwaffe der in Heilbronn ermordeten Polizistin Michèle Kiesewetter sichergestellt worden sei. Diesen Ablauf haben Polizeibeamte aus Stuttgart bei ihrer Einvernahme vor dem zweiten Thüringer NSU-Ausschuss am 02.06.2016 bestätigt.[23] Die Kiesewetter-Waffe war jedoch laut polizeilichem Einsatzverlaufsbericht über den 04.11.2011 erst nach 23:00 Uhr geborgen und identifiziert worden.[24]
Dem dadurch begründeten Verdacht im Hinblick auf Vorwissen versuchte Menzel sich bei seiner erneuten Einvernahme vor dem zweiten Thüringer NSU-Ausschuss am 28. April 2016 dadurch zu entziehen, dass er durch eine beiläufige Bemerkung seine früheren Aussagen quasi en passant widerrief: „[…] ich hatte damals, glaube ich, gesagt Kiesewetter, aber es war Arnold“[25].
Der Ausschuss ließ dies unbeanstandet passieren.
Einige Zeit später in derselben Einvernahme dann noch dieser Dialog:
Abg. Henke: Und wie wurde die Waffe Kiesewetter identifiziert?
Herr Menzel: Die Identifizierung der Waffe Kiesewetter ist nach meinem Gedächtnisstand am 04.11. in den späten Abendstunden gewesen.
Abg. Henke: Gut, vielen Dank.“[26]
Ist damit der Teilkomplex Kiesewetter-Waffe für Menzel erledigt? Wenn der Ausschuss die Frage nicht noch einmal aufgreift, muss dies befürchtet werden.
Allerdings liegen dem Ausschuss ja nicht nur die bereits erwähnten ausführlichen Aussagen der Stuttgarter Beamten vor. Menzel hatte dem ersten Thüringer NSU-Ausschuss vielmehr, wie eine Durchsicht von dessen Abschlussbericht ergab, auch noch „haarklein“ auseinandergesetzt, wie er selbst die Kiesewetter-Waffen im Camper angeblich als Polizeiwaffe identifiziert hatte, bevor er den Tatort um 14:32 Uhr[27] bereits wieder verließ. In den Worten des Abschlussberichtes: „Die Pistole, die vom Anschein her Ähnlichkeiten zu einer Dienstwaffe aufgewiesen habe, habe auf dem Tisch der Sitzecke gelegen und sei teilweise von Brandschutt verdeckt gewesen. Sie habe seine Aufmerksamkeit erregt, weil der Plastikbereich des Magazinbodens offenbar durch thermische Verformung aufgeweicht gewesen sei, sodass die im Magazin befindliche Feder eine von den Patronen aus dem Magazinboden nach unten herausgedrückt habe. Deswegen sei die Waffe relativ gut zu sehen gewesen. Er habe diese Pistole als eine mögliche Polizeiwaffe anhand des Griffstückes, des Magazinbodens aus Plaste und der Verwendung polizeitypischer Munition (‚9 mm Para‘) identifiziert.“[28]
Dass es sich hier um eine offensichtliche (weitere[29]) Falschaussage Menzels handelt, macht nicht nur der schon angeführte Einsatzverlaufsbericht deutlich, auch Aufnahmen vom Tatort sind in dieser Hinsicht eindeutig. Ein Ermittlungsfoto der Auffindesituation der Kiesewetter-Waffe[30] dokumentiert das Gegenteil von „relativ gut zu sehen gewesen“. (Abb. 3) Die Ermittler fertigten ein gesondertes Foto an[31], um dem Betrachter das Erkennen der weitgehend im Brandschutt verborgenen Waffe zu ermöglichen. (Abb. 4)

Teilkomplex: Identifizierung in Gotha

Schwerwiegende Fragen werfen nach wie vor auch die Abläufe um die Identifizierung von Mundlos und Böhnhardt durch die von Menzel in Gotha gebildete und geleitete Soko „Capron“[32] auf.
Die kriminaltechnischen Ermittlungen im Wohnmobil am 04.11.2011 erbrachten nach Aussage von Menzel vor dem ersten Thüringer NSU-Ausschuss keine Hinweise auf die tatsächliche persönliche Identität der Toten: Nach 16:00 Uhr[33] seien „die Spurensuche und -sicherung intensiviert worden mit dem Ansatz, schnellstmöglich die Personen, die sich in diesem Fahrzeug befinden, zu identifizieren und ggf. Asservate, also Gegenstände, die sich in diesem Fahrzeug befinden, für eine Identifizierung beizuziehen. […] Es wurden eine ganze Reihe von Ausweisen, Bahncards in diesem Fahrzeug aufgefunden, die teilweise optisch mit den in dem Fahrzeug liegenden Personen übereinstimmten, aber eine zweifelsfreie Identifizierung nicht stattfinden konnte.“[34]
Zum weiteren Verlauf informierte Menzel den Ausschuss: „Zur Identifizierung der Leichen, die in diesem Fahrzeug lagen, wurde in Zusammenarbeit mit der Gerichtsmedizin und mit der Tatortgruppe entschieden, dass diese Personen zur Gerichtsmedizin nach Jena kommen und dort sowohl die Todesart, als auch die Todesursache ermittelt wird und gleichzeitig dazu die Identifizierung der Leichen stattfinden kann.“[35] Und weiter: „Da ist es dann dort ein Standardverfahren, neben der Todesart, Todesursache eben auch die Identifizierung zu machen. Diese Identifizierung kann unterschiedlich stattfinden, DNA, Zahnstatus, Fingerabdrücke. Wenn man das über Fingerabdrücke machen will, muss man in der Regel die Hände säubern und dann dort wie im alten Verfahren über Daktyloskopie diese Papillarleisten abnehmen, mit dem Zettel zur Polizei gehen und das dann dort in das System THEA, also Thüringer Erkennungsdienst-Arbeitsplatz, einlesen. Dann werden diese Daten, die da eingelesen sind, diese Fingerabdrücke, automatisch mit einer Datenbank abgeglichen.“[36]
Menzel selbst will schließlich folgendermaßen von der erfolgten Identifizierung von Mundlos erfahren haben: „Als ich am nächsten Tag auf Arbeit kam, ist mir dann berichtet worden, dass in der Nacht eine dieser Personen identifiziert worden ist anhand von Fingerabdrücken, welche in der Vermisstenakte vorhanden war. Es handelt sich hierbei um die Person Uwe Mundlos.“[37]
Menzel gab als Zeitpunkt, zu dem die Nachricht über die Identifizierung von Mundlos die Soko in Gera erreicht habe, mit „auf die Minute […] 3.17 Uhr“[38] in der Nacht an.
Soweit, so unzutreffend – zunächst was die von Menzel dargestellte Rolle der Jenenser Rechtsmedizin anbetrifft, die in der Nacht zum 05.11.2011 überhaupt nicht involviert war, gar nicht sein konnte – mangels Leichen[39]. Mundlos‘ Obduktion wurde dort überhaupt erst am 05.11.2011, in der Zeit zwischen 13:30 und 15:30 Uhr, durchgeführt.[40]
Menzel machte seine diesbezügliche Aussage vor dem ersten Thüringer NSU-Ausschuss etwas über zwei Jahre nach diesen Vorgängen. Da hätte er über deren tatsächlichen Verlauf eigentlich besser Bescheid wissen müssen. Aber auch weitere zwei Jahre später, gegenüber dem zweiten Thüringer NSU-Ausschuss, blieb er bei seiner Version[41], nur dass er dieses Mal noch das BKA mit ins Spiel brachte: „Das BKA ist in der Nacht über die AFIS, also über das Automatisierte Fingerabdrucksystem, an der Identifizierung der Person Mundlos beteiligt gewesen.“[42]
Zum eigentlichen Identifizierungshergang lässt sich den Ermittlungsunterlagen entnehmen, dass durch die Tatortgruppe von beiden Leichen nach deren Bergung aus dem Wohnmobil am 04.11.2011[43] Fingerabdrücke genommen wurden. Das ist der fast 1.500-seitigen Zusammenstellung der Untersuchungsergebnisse des Landeskriminalamtes Thüringen zum Tatort Eisenach-Stregda und zu weiteren Komplexen (wie Banküberfall Eisenach, Vermieter Wohnmobil) zu entnehmen.[44] Dieses daktyloskopische Material „wird in der Nacht vom 04.11. zum 05.11.2011 durch PK Hopf ins TLKA (Thüringer Landeskriminalamt – Anmerkung G.M.) gebracht und eine sofortige Täteridentifizierung veranlasst“[45].
Die Nachricht von der Mundlos-Identifizierung könnte demnach vom TLKA zur Soko in Gotha gelangt sein. Die Frage der Vorsitzenden der beiden Thüringer NSU-Ausschüsse, Dorothea Marx, gestellt bei Menzels erneuter Einvernahme am 28.04.2016: „Wer hat um 3.17 Uhr den Anruf entgegengenommen aus Ihrem Bereich, dass Herr Mundlos identifiziert wurde?“[46] konnte Menzel nicht beantworten.[47]
Und Böhnhardt? Dazu heißt es im Abschlussbericht des ersten Thüringer NSU-Ausschusses: „Uwe Böhnhardt soll erst Tage später identifiziert worden sein, weil für ihn keine Fingerabdrücke gespeichert gewesen sein sollen.“[48]
Doch nun zu den schwerwiegenden Fragen, die sich aus Sachverhalten ergeben, die verdeutlichen, dass im Bereich der Soko Gotha die Identität der Toten bereits vor 3:17 Uhr am 05.11.2011 bekannt gewesen sein muss und dass schon am Morgen 05.11.2011 in der ersten Dienstbesprechung der Soko „Capron“ zu diesem Fall umfangreiches Wissen zum Zwickauer Trio, also einschließlich Beate Zschäpe, und zu dessen Umfeld auf einem Whiteboard im Besprechungsraum präsent war – obwohl, wie Menzel vor dem ersten Thüringer NSU-Ausschuss betont hatte, in den Jahren zuvor weder er noch seine Gothaer Mitarbeiter irgendetwas mit dem Zwickauer Trio zu tun gehabt hatten[49]:

  • Der Beamte Jürgen Dressler, Erster Kriminalhauptkommissar beim LKA Thüringen, erfuhr bereits am Abend des 04.11.2011 aus dem Bereich der Polizeidirektion Gotha von der Identität der Toten. Er sagte dazu vor dem ersten NSU-Ausschuss des Bundestages aus:
    „Zeuge Jürgen Dressler: Also, der 04. war für mich noch relativ normal. Also, dass abends mich ein Kollege anrief von der Polizeiinspektion Gotha, mit dem ich eigentlich ein privates Gespräch führte, und er am Rande mir mitteilte: Übrigens – das war ja damals allgegenwärtig, zumindest erst mal, dass dieser Banküberfall stattgefunden hat, dass diese zwei Toten im Wohnwagen lagen –, einer der zwei soll wohl Böhnhardt oder Mundlos sein. Ich weiß es jetzt nicht mehr. Wie sich im Nachhinein herausstellte, wusste der Kollege nicht mal, dass ich damals irgendwas mal im Vorfeld mit dieser ganzen Sache zu tun hatte.
    […]
    Patrick Kurth (Kyffhäuser) (FDP): – Und dann am 04., 05., 06.?
    Zeuge Jürgen Dressler: Dann war am 04. nichts weiter.“[50]
    Darüber sprach Dressler mit einem weiteren Kollegen vom Thüringer LKA, mit dem Kriminalhauptkommissar Sven Wunderlich, der das seinerseits vor dem ersten NSU-Ausschuss des Bundestages zu Protokoll gab.[51]
    Zwar war Dressler im Bundestagsausschuss seltsamerweise nicht danach gefragt worden, wer ihn aus Gotha am 04.11.2011 angerufen habe, doch das geschah später im ersten Thüringer NSU-Ausschuss:
    „Vors. Abg. Marx:
    Welcher Kollege war das, der Sie dort angerufen hat? Ein Kollege von der Polizeiinspektion Gotha haben Sie gesagt in Berlin.
    Herr Dressler:
    Ja, mit dem privaten Gespräch im Hintergrund müsste das Kollege Nuschke gewesen sein, der temporär dort gearbeitet hat. […] Der war dort zeitweise eingesetzt im Rahmen eines Umlaufes. Wir haben früher sehr eng zusammengearbeitet in anderen Arbeitsbereichen und da hat es sich so in dem Gespräch ergeben.“[52]
    Es war also nicht einmal ein Stammmitarbeiter der Polizeidirektion Gotha, der bereits am 04.11.2011 Bescheid wusste, und der auch nicht zur Soko „Capron“ gehörte, wie Menzel bestätigte[53].
  • Die offiziellen polizeilichen Sterbefallanzeigen von Mundlos und Böhnhardt, die deren komplette Personalien (Namen, Vornamen, Geburtsdatum, Wohnort[54]) sowie Angaben zu den nächsten Angehörigen enthalten, weisen in der vorgegebenen Rubrik „Aufnahmezeit (Datum, Uhrzeit)“ folgenden Eintrag aus: „04.11.2011, 23:13 Uhr“[55]. Zu diesem Zeitpunkt lagen die Toten noch „unidentifiziert“ in einer Werkhalle des Abschleppunternehmens Tautz in Eisenach, wohin das Fahrzeug samt Leichen am Nachmittag verbracht worden war.
    Gezeichnet sind die Anzeigen mit „Lotz, KOK“, verfertigt also vom damaligen „Leiter des K1, […] Tötungsdeliktermittlung, in Eisenach“ [56], der am 04.11.2011 auch am Tatort in Eisenach-Stregda im Einsatz war[57].
  • Im Fallbearbeitungssystem[58] Damoko[59] der Gothaer Polizei findet sich bereits am 05.11.2011 ein Auftrag dokumentiert („vom 5. November 2011, erledigt am 5. November 2011“[60]), der alle drei Mitglieder des Trios namentlich benennt: „KHK Krech soll eine Recherche im VP-Kreis betreiben hinsichtlich der drei relevanten Personen Mundlos, Böhnhardt, Zschäpe.“[61]

Als am Morgen des 05.11.2011 zur ersten Dienstberatung die Stuttgarter Polizisten Alexander Rinderknecht (Kriminalhauptkommissar beim LKA Baden-Württemberg[62]), Tamara Hemme und Sabine Rieger (Kriminalhauptkommissarin beim LKA Baden-Württemberg[63]) – angereist aufgrund von Menzels am Nachmittag des Vortages übermittelter Information, dass die Kiesewetter-Waffe sichergestellt worden sei – den Besprechungsraum der Soko „Capron“ betraten, fanden sie dort auf einem Whiteboard Bild- und Informationsmaterial zu Mundlos, Zschäpe und Böhnhardt vor.
Die Stuttgarter Polizisten sagten dazu in Erfurt unter anderem folgendes aus:
Rinderknecht: „Es war auch das Fahndungsplakat von 1998 an einer Wandtafel aufgehängt, wo die Bilder von den dreien drauf waren.“[64] Und zu Menzels Einlassungen zu Beginn der Dienstberatung: „In diesem Zusammenhang wies uns Herr Menzel darauf hin, dass es einen Sachverhalt gab aus dem Jahre 1998, wo eine, ich sage mal, Tätergruppierung, wo drei Personen einen versuchten Sprengstoffanschlag verübt haben und seit diesem Zeitpunkt untergetaucht waren. Eine von diesen drei Personen war eben dieser Uwe Mundlos. So wurde bereits eigentlich zu Beginn der Besprechung die These in den Raum gestellt, dass es sich bei der zweiten Person, die ebenfalls damals untergetaucht ist, um Herrn Böhnhardt handeln könnte. Eine weitere Person war dort schon im Gespräch, die ebenfalls dort zu dieser Gruppierung gehörte, die Beate Zschäpe.“[65]
Daher hätten sie (die Stuttgarter Polizisten – G.M.), so Rinderknecht weiter, „bereits um 10.25 Uhr beim LKA Baden-Württemberg die Personalien Böhnhardt, Mundlos und Zschäpe abklären lassen“[66] können. „Das heißt, bereits zu diesem Zeitpunkt standen diese Personen im Raum.“[67]
Gegen 11:00 Uhr[68] stieß ein weiterer Beamter des Thüringer LKA, Kriminalhauptkommissar Sven Wunderlich[69], zu dieser Dienstberatung.
In diesem Zusammenhang erinnerte sich Hemme, dass Wunderlich „reinkam und hat auf diese Wand geguckt und hat dann auf dieses Fahndungsplakat geguckt und hat gesagt, ja, die kenne ich, an denen war ich ja dran als Zielfahnder und kurz bevor ich quasi zugreifen konnte, bin ich damals abgezogen worden, weil die abgedeckt worden sind“[70].

Zu allen diesen Sachverhalten ist Menzel am 28.04.2016 durch den zweiten Thüringer NSU-Ausschüsse befragt worden:

  • Seinem damaligen Mitarbeiter Nuschke sprach er dabei Kenntnis überhaupt ab und seinem Kollegen Dressler richtiges Erinnerungsvermögen:
    „Abg. König:
    Woher kann der (Nuschke – Anmerkung G.M.) das wissen?
    Herr Menzel:
    Ich glaube, der konnte das nicht wissen, weil wir es alle noch nicht wussten, aber über das Erinnerungsvermögen des einen oder anderen Zeugen in dem Untersuchungsausschuss will ich hier nicht spekulieren. Auf jeden Fall scheint mir die zeitliche Arabeske, die man da im Kopf hat, die wesentlich schlechtere zu sein zu meiner.“[71]
  • Im Hinblick auf Lotz‘ Eintragungen in die Sterbefallanzeigen von Mundlos und Böhnhardt empfahl Menzel dem Ausschuss: „Das muss man den Beamten selber fragen, warum hier 23.13 Uhr steht bzw. was mit Aufnahmezeit gemeint ist.“[72] Der erste Thüringer NSU-Ausschuss ist dieser Anregung ausweislich seines Abschlussberichtes leider nicht gefolgt, und der jetzige Ausschuss hat dies nach Kenntnis der Autorin bisher auch nicht nachgeholt.
  • Auf den Hinweis des Ausschussmitgliedes Katharina König, dass im Bereich der Polizeidirektion Gotha ebenfalls bereits am 05.11.2011 „KHK Krech“ mit einer Recherche konkret nach „Mundlos, Böhnhardt, Zschäpe“ beauftragt wurde, ging Menzel gar nicht ein; er führte stattdessen aus: „Das ist eine ganz normale polizeiliche Ermittlung, und zwar: Die Polizei hat VPs (Vertrauenspersonen – G.M.) im Bereich der allgemeinen Kriminalität, und wenn man eine Straftat hat, eine schwere Straftat hat, wie die räuberische Erpressung eben auf dieser Sparkasse, werden Informationen in dem Bereich Eisenach nicht nur durch Rundumermittlungen und die Befragung von Bürgern erreicht, sondern dann wird auch der kriminelle Kreis gefragt.“[73]
  • Die Ausschussvorsitzende Marx nahm Bezug auf die Stuttgarter Zeugen Tilmann Halder (Diplomchemiker) und Manfred Nordgauer[74] (Kriminalhauptkommissar), die ausgesagt hätten:
    Abg. Marx:
    […] dass sich Whiteboards an der Wand befunden haben des Lageraums, wo es schon ein Beziehungsgeflecht zu entdecken gab des Herrn Mundlos und die beiden anderen Namen des Trios hätten auch schon auf diesem Whiteboard gestanden an dem Samstagmorgen um 9.00. Dann ist hier die Frage […] wie kommt diese Erkenntnis nach 15 Jahren des Verschwindens um 9.00 Uhr früh auf das Whiteboard?“[75]
    Und:
    Vors. Abg. Marx:
    Wer jetzt diese erste Skizze dort an das Whiteboard geschrieben haben kann, das können Sie jetzt nicht sagen?
    Herr Menzel:
    Doch.
    Vors. Abg. Marx:
    Doch?
    Herr Menzel:
    Klar.
    Vors. Abg. Marx:
    Wer?
    Herr Menzel:
    Frau Schilling oder Herr Aßmann.
    Vors. Abg. Marx:
    Aha.“[76]

Die Autorin befragte den Wissenschaftsjournalisten Ekkehard Sieker[77] nach seiner Bewertung dieses Teilkomplexes: „Die aufgeführten Sachverhalte lassen den Schluss zu, dass es bereits spätestens am Abend des 4. November 2011 im Bereich der Polizeidirektion Gotha einen ganzen Personenkreis gegeben haben muss, der über die Identität von Mundlos und Böhnhardt Bescheid wusste, darunter selbst periphere Mitarbeiter – Nuschke, Lotz, Schilling, Aßmann. Die beiden letzteren beziehe ich hier mit ein, weil jemand, der seit dem Abtauchen des Trios im Jahre 1998 nicht mit dem Fall befasst war, einiges an Zeit benötigt haben muss, um zusammenzutragen, was bei der frühen Dienstberatung am folgenden Morgen dann via Whiteboard zum Allgemeingut der Ermittler wurde. Nur war eben bis mindestens 3:17 Uhr in der Nacht zum 5. November jedes Wissen zur Identität der Toten Vor- oder Täterwissen. Die Frage, wer das wann in die Ermittlungen ‚einfließen‘ ließ, ist von ganz entscheidender Bedeutung für die Aufklärung der Vorgänge. Den Anruf in der Nacht kann es dann natürlich gegeben haben. Aber dokumentiert hätte ich das auch schon noch gern gesehen. Dass im Übrigen ausgerechnet der Gothaer Behördenleiter bis zum Morgen des 5. November keine Kenntnis von der Identität der Toten gehabt haben will, erscheint mir vor diesem Gesamthintergrund sehr zweifelhaft. Und Menzels eigene Einlassung, dass ihn seine Mitarbeiter nach Zugang der Identifizierungsnachricht um 3:17 Uhr aus Rücksicht auf seinen Nachtschlaf nicht sofort informiert hätten[78], lässt ja durchaus Spielraum für eine ganz andere Interpretation: Es war gar nicht nötig, ihn zu informieren …“
Was den Wissensstand bei der Polizeidirektion Gotha zum Zeitpunkt der Dienstberatung am Morgen des 05.11.2001 anbetraf, dazu hat sich auch der Zeuge Rinderknecht vor dem zweiten Thüringer NSU-Ausschuss geäußert: „Auch dieses Fahndungsplakat, das mit Sicherheit nicht bei jedem in der Schublade liegt, war schon aufgehängt in diesem Besprechungsraum. Insoweit war das mit Sicherheit nicht erst eine halbe Stunde davor bekannt geworden.“[79]
Sieker weiter: „In den diversen NSU-Untersuchungsausschüssen sitzen im Übrigen in der Regel keine professionellen Befrager. Man sollte daher Sachverhalte wie unterlassenes Nachhaken nicht überbewerten. Erstaunlich ist aber trotzdem, wenn etwa:

  • im ersten NSU-Ausschuss des Bundestages einfach nicht nach dem Namen eines wichtigen Zeugen wie dem des Telefonpartners des Herrn Dressler am Abend des 4. November gefragt wird;
  • oder wenn die Ausschussvorsitzende in Erfurt die Aussage Menzels, Mitarbeiter von ihm hätten das Whiteboard vor der Dienstberatung der Soko ‚Capron‘ am Morgen des 5. Novembers 2011 mit Informationen versehen – mit Informationen wohlgemerkt, über die sie nach der offiziellen Darstellung der Identifizierungsabläufe[80] zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht hätten verfügen können – lediglich mit einem lapidaren ‚Aha.‘ quittiert;
  • oder wenn eine eigentlich bestens informierte und scharfzüngige Befragerin wie Katharina König sich von Menzel damit abspeisen lässt, dass der ihre Frage nach der Krech-Recherche einfach ignoriert und stattdessen ein Kurzreferat zu ‚ganz normaler polizeilicher Ermittlung‘ hält.“

Zur Erinnerung: Es war, wie in der Blättchen-Sonderausgabe bereits erwähnt, allerdings auch Katharina König, die nur zwei Tage später die Öffentlichkeit in einem Rundfunkinterview wissen ließ, dass nach dieser erneuten Befragung Menzels am 28.04.2016 nun „die großen Fragen und vor allem die großen Theorien und Möglichkeiten, was da am 4.11. nun alles hätte passieren können oder vielleicht passiert ist, durch den Thüringer Untersuchungsausschuss ausgeräumt“[81] seien.

Teilkomplex: Todeszeitpunktermittlung

Dass die Chefin der Jenenser Rechtsmedizin, Prof. Dr. med. Gitta Mall, dem zweiten Thüringer NSU-Ausschuss am 3. März 2016 erklärt hatte, dass wegen des Brandes im Wohnmobil eine Todeszeitpunktschätzung im Falle von Mundlos und Böhnhardt „aus rechtsmedizinischen Anhaltspunkten völlig unmöglich“[82] gewesen sei, ist bereits in der Blättchen-Sonderausgabe thematisiert worden.
Unverständlich ist allerdings, dass der Ausschuss diese Erklärung unwidersprochen hingenommen hat, denn dem Ausschuss war seit der Einvernahme Malls am 27.08.2015 bekannt, dass diese am Auffindeort keinerlei Untersuchungen an den Leichen vorgenommen, ja das Wohnmobil nach eigenem Bekunden gar nicht betreten hatte:
Vors. Abg. Marx:
Okay. Jetzt waren Sie also praktisch komplett vor Ort und dann setzen Sie sich in Bewegung und nehmen dann sicherlich das Wohnmobil und seinen Inhalt in Augenschein. Wie hat sich das genau gestaltet?
Prof. Dr. Mall:
Ich habe einmal kurz einen Blick reingeworfen. Es waren vielleicht ein paar – also ganz kurz. Und das war es.
Vors. Abg. Marx:
Also Sie haben das nicht betreten.
Prof. Dr. Mall:
Nein.
Vors. Abg. Marx:
Also Sie haben von außen reingeschaut?
Prof. Dr. Mall:
Ja, also es kann sein – ich kann mich wirklich nicht mehr genau erinnern, das ist einfach wirklich zu lange her und so weit war ich mit dem Fall dann auch nicht mehr befasst, dass ich mir jetzt so Einzelheiten richtig gemerkt hätte. Wir haben auch keinen Tatortfundbericht oder Fundortbericht geschrieben, weil wir eigentlich auch nichts weiter gemacht haben.“[83]
An anderer Stelle in den Ausschussunterlagen ist dokumentiert, dass Mall wahrscheinlich nicht länger als sechs Sekunden von außen in den Camper geblickt hat. Am 14. Januar 2016 wurde der Journalist Norman Meißner im Ausschuss gehört, der am 04.11.2011 in Stregda Aufnahmen gemacht hatte:
Vors. Abg. Marx:
Na gut, wir haben ja noch weitere Bilder. Dann schauen wir mal, wie es weitergeht. Es scheint noch jemand durch das zerstörte Fenster zu schauen. – Gut, weiter. Vielleicht schauen wir hier an der Stelle noch mal auf den Zeitstempel, um zu sehen, wie lange Frau Mall eben reinschaut. 14:14:20 Uhr. Also das ist jetzt noch im Sekundenbereich nach der ersten Aufnahme, wo sie schaut. – Dann weiter bitte. – Ja, und wieder weiter. Also sie steht dort und dann würde ich vorschlagen, wir schauen das nächste Mal auf den Zeitstempel, wenn sie nicht mehr da steht. Vielleicht sehen wir auch, dass sie die Position irgendwie verändert. – Sie schaut immer noch. […] Schauen wir uns noch mal das letzte Bild mit Frau Mall an und da noch mal den Zeitstempel: 14:14:26 Uhr. Das sind alles doch relativ kurze Fristen. Dann hat das Motiv anscheinend nichts Neues hergegeben. Und dann fotografieren Sie noch woandershin.
Herr Meißner:
Ich habe immer dann Bilder gemacht, wenn mir das erschien, dass da viel Trubel war um das Wohnmobil. Dann habe ich immer abgedrückt.“[84]
Malls Erklärung von der völligen Unmöglichkeit, für Mundlos und Böhnhardt den Todeszeitpunkt zu ermitteln, basierte also auf einem flüchtigen, nur Sekunden währenden Blick von außen in das Wohnmobil.
Dass zumindest an Mundlos die forensisch üblichen Temperaturmessungen zur Todeszeitpunktbestimmung durchaus hätten vorgenommen werden können, war bereits in der Blättchen-Sonderausgabe dargelegt worden.[85] Gestützt wird diese Auffassung auch durch folgende Einlassung Menzels gegenüber dem ersten Thüringer NSU-Ausschuss:
„Abg. Untermann:
So, nun sagen Sie aber, dass hinten in dem Wohnmobil keinerlei Brandspuren oder zumindest nicht angegriffen war. Das ist richtig, ja?
Herr Menzel:
Das ist auch richtig.“[86]
Der Abschlussbericht dieses Ausschusses hielt dazu fest: „Nach seiner (Menzels – G.M.) Erinnerung seien bei der zweiten Person im hinteren Teil des Fahrzeuges fast gar keine Brandverletzungen zu sehen gewesen.“[87]

Teilkomplex: Selbsttötung?

Grundlegende Fragen wirft nach wie vor der Tod von Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt auf, die am 04.11.2011 gegen 12:00 Uhr[88] mittags in dem von ihnen genutzten Wohnmobil in Eisenach-Stregda aufgefunden worden waren.
Die offizielle Darstellung der Ermittlungsbehörden lautet: erweiterte Selbsttötung – zunächst erschoss Mundlos Böhnhardt, anschließend legte er Feuer im Camper und erschoss sich danach selbst.[89] Er soll dazu den vor seiner Leiche sichergestellten Vorderschaftrepetierer (Pumpgun) Winchester 1300 Defender[90] benutzt haben[91].

*

CO-Hb-Spiegel: Normalerweise lässt sich in einem Organismus, der an einem Brandherd zu Tode gekommen ist, auf forensischem Wege die Einatmung von Rauchgas (konkret: Kohlenmonoxid) nachweisen. Wenn schon keine Rußpartikel im Rachenraum und in den weiteren Atemwegen evident sind, so gilt doch die Kohlenmonoxid-Hämoglobin-Konzentration im Herzblut (Co-Hb-Wert) als sicherer Indikator dafür, ob ein Körper zum Zeitpunkt des (Ausbruchs des) Brandes noch am Leben war oder nicht.[92]
Der Befund bei Mundlos sprach für tot, wie bereits in der Blättchen-Sonderausgabe ausgeführt wurde.[93]
Folgerichtig wurde im Abschlussbericht des ersten Thüringer NSU-Ausschusses konstatiert: „Dass beide Toten vor ihrem Tod keinen Ruß und auch kein Rauchgas eingeatmet haben, wirft klassischerweise die Frage auf, ob der Brand nicht erst nach dem Tod der beiden und damit von einem Dritten gelegt wurde, der damit auch als Täter für die Tötungen in Betracht käme.“[94] Und: „Insbesondere wäre es aus Sicht des Untersuchungsausschusses notwendig, Sachverständige zu hören, die zu den Fragen der fehlenden Rußspuren in den Lungen der zwei Toten Stellung nehmen. Dem Untersuchungsausschuss fehlt für eine entsprechende Bewertung dieses irritierenden Faktes die notwendige Kompetenz.“[95]
Zur „Bewertung dieses irritierenden Faktes“ hörte der zweite Thüringer NSU-Ausschuss am 03.03.2016 zunächst Mundlos’ ersten Obduzenten, Dr. Reinhard Heiderstädt:
Vors. Abg. Marx:
[…] die Frage ist und das ist ja die Hypothese, dass einer den anderen erschossen hat, dann den Brand gelegt hat und sich selbst erschoss – und trotzdem sind kein Ruß und kein Rauchgas in der Lunge?
Dr. Heiderstädt:
Man stößt eben drauf, weil selbstverständlich für gewöhnlich, wenn man Rauchgas einatmet, dann ist auch Rauchgas, wenn man lebt, in den Lungen nachzuweisen, zumindest CO nachzuweisen oder auch Ruß, je nachdem. Das war bei beiden nicht. Das ist eben auffällig. Die Frage ist: Kann man damit ausschließen, dass sie noch gelebt haben bei Brandentstehung? Und das kann man eben nicht ausschließen. Wir finden durchaus in der Literatur 3 bis 10 Prozent – das wankt –, dass man auch Brandleichen hat, die auch nur zulassen, dass sie durch den Brand umgekommen sind, als Todesursache, und kein CO nachgewiesen wurde. Manchmal hat man kein Ruß und CO oder- umgekehrt – CO oder Ruß. Normalerweise hat man beides. Ich wollte nur sagen: Aber dass beides nicht vorhanden ist, weder Ruß noch das andere, ist vorgekommen, wird beschrieben. Das erst einmal als Fakt. Also muss man hier überlegen, ob das auch in Betracht kommt. Warum die jetzt keinen Ruß haben, weiß ich nicht. Da kann ich mir auch nur überlegen, wie das passiert sein könnte, ohne dass das eine endgültige Erklärung sein soll. Aber wenn ich mir vorstelle, dass in dem kleinen Auto ein Brand gesetzt wird […], dass jemand in irgendeinem Bereich einen Brand setzt, CO-Gas ist leichter als Luft, steigt auf; es ist nicht zu vermuten, dass man, wenn man einen kleinen Brandherd erst mal setzt, seinen Kopf – wie auch immer – oder seine Nase über den Brandherd direkt setzt und damit CO einatmet. Man wird sich wahrscheinlich, wenn man einen Brand setzt, mit dem Kopf auch etwas wegbeugen in eine andere Richtung. Das Zweite wäre, wenn es dann brennt, entsteht natürlich Ruß. Aber man wird sich gewohnterweise vielleicht auch nicht gleich über die Brandstelle so bewegen, dass man den Ruß einatmet. Man will ja auch einen freien Blick haben. Der Rauch steigt auf, sammelt sich, davon gehe ich aus, unter der Decke – eigentlich wird er von oben nach unten breiter –, die Hitze und das CO. Wenn man also einen Brand so entstehen lässt, würde man sich selbst möglicherweise in einem Bereich aufhalten, wo jetzt noch nicht so dieser Brand oder CO entstanden ist. Dann kann es natürlich brennen, aber man ist nicht drin. Irgendwann – gut – wird auch der Schuss gesetzt. Es wäre eine reine Hypothese. Früher haben wir alle zu Hause geheizt. Man versucht ja doch dem Rauch auch auszuweichen. Wenn sich natürlich der Raum gefüllt hat mit Rauch und auch mit CO, dann kann ich Ihnen das nicht erklären. Allerdings gibt es wiederum in der Literatur Fälle, wo man sagt, der Raum war voll Rauch und muss auch voll CO gewesen sein und trotzdem kein CO und kein Ruß festgestellt. Es ist schwer, aber denkbar ist es.“[96]
Bei zwischen drei und zehn Prozent aller Fälle also, bei denen Menschen an Brandherden zu Tode kommen, sei forensisch kein erhöhter CO-Hb-Wert im Blut und kein Ruß in den Atemwegen nachweisbar – so die Literatur laut Heiderstädt. Dieses Phänomen stellt demzufolge einen seltenen Ausnahmetatbestand dar, der in 90 bis 97 Prozent aller Fälle nicht auftritt.
Für die Ausnahmefälle allerdings ist Heiderstädts Mitteilung an den Ausschuss missverständlich, denn unter die verbleibenden drei bis zehn Prozent sind unter anderem auch Fälle subsummiert, die extremer Voraussetzungen bedürfen, sodass sie für eine Wahrscheinlichkeitsbewertung im Falle Mundlos unzutreffend sind. Das betrifft zum Beispiel den „Tod durch perakuten Verbrennungsschock […], wenn […] zwischen Brandbeginn und Todeseintritt eine sehr kurze Zeitspanne lag“.[97] Dabei versterben die Betroffenen direkt mit Ereigniseintritt – durch ein plötzliches, häufig expIosionsartig auftretendes Brandgeschehen mit extremer Hitzeentwicklung, das unmittelbar zu großflächigen Verbrennungen der Körperoberfläche sowie zum Einatmen heißer, meist auch toxischer Brandgase und – in deren Folge – zu gleichzeitigen Verbrennungen im Bereich der Atemwege führt.[98] Bei einer Untersuchung von 202 Brandleichen betrug der Anteil solcher Fälle immerhin knapp acht Prozent.[99] Gemeinsames Merkmal: „Trotz offensichtlich vitaler Verbrennung lag weder eine Rußaspiration noch ein wesentlich erhöhter CO-Hb-Spiegel im Leichenblut vor.“[100] Wegen des augenblicklich eintretenden Todes war es zu keiner nachweisbaren Einatmung mehr gekommen.
Zurück zur Erklärung Heiderstädts: Sein Bemühen, auch für Mundlos einen möglichen Ausnahmetatbestand zu beschreiben, ist wohl eher als vom „gesunden Menschenverstand“ geprägt („Früher haben wir alle zu Hause geheizt.“) zu bewerten, denn als wissenschaftlich fundierte Expertise – das schwante ihm offenbar auch selbst; sein Fazit „schwer, aber denkbar“ legt dies zumindest nahe.
In derselben Ausschusssitzung wie Heiderstädt wurde auch Dr. Frank Theodor Peters[101] einvernommen. Der bestätigte einerseits für beide, dass die „Kohlenmonoxid-Hämoglobin-Konzentration […] bei 3  Prozent“[102] lag und dass diese „3 Prozent, die wir da im Herzblut festgestellt haben, […] toxikologisch völlig bedeutungslos“[103] seien.
Darüber hinaus führte er aus: „Das Maximum an CO-Hb-Konzentration, was sich einstellt, das hängt eben davon ab, wie viel CO-Hb (sic! – G.M.) in der Atemluft ist. Auch wie schnell dieses Maximum erreicht wird, hängt auch von der CO-Hb (sic!)-Konzentration in der Atemluft ab. Von daher, wenn Sie überhaupt keine Informationen darüber haben, wie viel CO-Hb (sic!) da war, wann der Brand war, wann der entstanden ist, wann der Tod im Verhältnis zur Entstehung des Brandes entstanden ist, dann kann man da weder irgendwas ausschließen noch irgendwas bestätigen, weil das einfach zu viele Variablen sind, die man nicht kontrollieren kann.“[104]
Wäre es in diesem Falle aber nicht folgerichtiger, eben keinen Ausnahmetatbestand im Falle Mundlos zu konstruieren, sondern quasi von der Normalverteilung auszugehen?

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Spurenbild im Camper: Dass bei der Tötung von Böhnhardt und Mundlos im Wohnwagen durch die Krönleinschüsse, durch die beide mutmaßlich starben, etwa zwei Kilogramm Hirngewebe und zusätzlich Fragmente von Schädelknochen hätten verteilt werden müssen, nichts davon sich jedoch unter den Asservaten befindet, ist in der Blättchen-Sonderausgabe ausführlich behandelt worden; auch dass der erste Thüringer NSU-Ausschuss als Erklärung dafür seltsamerweise die angebliche Entsorgung als Sondermüll am 05.11.2011 durch die mit der Spurensicherung befassten Polizisten akzeptiert hat.[105]
Ebenfalls in der Sonderausgabe war darauf verwiesen worden, dass die Fläche um Mundlos‘ Kopf kein für einen Schädelnahdurchschuss typisches Spritzmuster (Blut, Gewebe, Knochensplitter) aufweist, wie ein Ermittlungsfoto zeigt. (Abb. 5)
Die Thüringer Landtagsabgeordnete Katharina König (Die Linke) hatte dieser Feststellung vor einigen Monaten auf einem Podium im Grünen Salon der Volksbühne zu Berlin[106] mit dem Hinweis widersprochen, der Thrüringer Ausschuss verfüge „seit ungefähr zwei Monaten“[107] über die dreidimensionalen sogenannten Spheron-Aufnahmen der Ermittler, „und darauf sieht man alles“[108] – „darauf sieht man sowohl die Blutspuren an den Wänden, auf denen sieht man die Gehirnmasse“[109]. Auf den Spheron-Aufnahmen allerdings, die das Thüringer Landeskriminalamt in die Dokumentation seiner Ermittlungsunterlagen aufgenommen hat, ist nichts dergleichen zu sehen.[110] (Abb. 6)
Auch ein „Verschwörungstheorie“-Kritiker im Internet spricht im Hinblick auf Mundlos von einer „Verteilung der Blut- und Gewebespritzer in seiner Nähe“[111] und führt als Beleg das Foto von Mundlos‘ Auffindesituation an, speziell die von ihm eingekreisten und mit der Ziffer „2“ nummerierten Spritzer (Abb. 7), demonstriert damit aber nur seine komplette Unkenntnis bezüglich der Wirkung großkalibriger Jagdmunition vom Typ Brenneke (Geschossmaterial: Blei, Gewicht: circa 20 Gramm) auf den Kopf eines Menschen bei Nahdurchschuss.
Diese wenigen Spritzer wie auch weitere in der Nasszelle des Wohnmobils[112] sind möglicherweise durch den Löschwassereintrag der Feuerwehr entstanden.
Zur Wirkung von Brenneke-Geschossen, die zu völlig andersartigen Spurenbildern führen, hat R. Heiderstädt am 21. Mai 2014 beim Münchner NSU-Prozess ausgesagt: Die tödliche Verletzung von Mundlos habe gewirkt „wie eine Explosion von innen“, verursacht durch das Geschoss, das durchs Gehirn getreten sei: „Wir haben so eine Art hydrodynamische Explosion.“ Die werde in der Literatur „Krönleinschuss“ genannt. Das Gehirn sei „herausgeschleudert worden”[113].
Heiderstädts Kollegin und zweite Obduzentin von Mundlos und Böhnhardt, Dr. Juliane Höfig, erläuterte dies dem zweiten Thüringer NSU-Ausschuss am 03.03.2016 ähnlich drastisch:
Abg. König:
Nah, okay. Jetzt hatten Sie gesagt, dass der Kopf sozusagen durch diesen Schuss gesprengt wird und dadurch ja auch – ist ja dann auch festgestellt worden in der Obduktion – kaum noch Gehirnmasse vorhanden war. Ist es möglich, dass durch diesen Schuss das Gehirn sozusagen herausgepresst wird?
Dr. Höfig:
Das zerspringt, ja, also ich würde sagen, in größeren und kleineren Teilen wird das herauskatapultiert.“[114]
Und fügte hinzu: „Ich hätte jetzt erwartet, dass auch noch kleinere Teile irgendwo zerspritzt – sage ich jetzt mal – aufgefunden wurden.“[115]
Obduktionsfotos insbesondere vom Schädel des Uwe Mundlos bestätigen diese Ausführungen der Gerichtsmediziner.[116]
Wer sich im Übrigen von den Wirkungen eines solchen Geschehens in geschlossenen Räumlichkeiten partout ein konkretes Bild machen will, der wird ohne weiteres zum Beispiel in Fernsehserien wie „Dexter“ oder „The Walking Dead“ (beide USA) sowie „Der Tatortreiniger“ (NDR) fündig.

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Schmauchspuren: Nach offizieller Hergangsdarstellung hat Mundlos am 04.11.2011 im Wohnmobil binnen weniger Sekunden[117] zweimal mit der Pumpgun Winchester geschossen. Handschuhe trug er nicht, wie ein Foto der Auffindesituation seiner Leiche zeigt. (Noch einmal Abb. 5. Auch die Winchester ist deutlich zu erkennen.)
Ein solcher Ablauf hätte zu, wie der Fachausdruck lautet, schusshandtypischen Schmauchspuren an Mundlos‘ Händen, Unterarmen und auf den Ärmeln seines Pullovers (oder T-Shirts) führen müssen.
Nach der Bergung von Mundlos und Böhnhardt wurden „durch die Beamten der Tatortgruppe spurensicherungssystematisch Schmauchspuren von den Händen der Leichen gesichert“[118], die sich bei Mundlos dann als lediglich zwei einzelne Schmauchpartikel – und zwar auch noch von unterschiedlichen Waffen – erwiesen (siehe weiter unten).
In diesem Falle wurde der Ausnahmetatbestand, der es trotz fehlender Spuren möglich machen sollte, Mundlos zum Täter zu erklären, dem beauftragten Gutachter im Rahmen der Formulierung seiner Arbeitsaufgabe gleich direkt mitübermittelt. Unter „Untersuchungsanfragen / Ziel der Untersuchung“ heißt es: „Ist es hypothetisch möglich, dass die Hitzeeinwirkung, die Einwirkung des Löschwassers […] sowie die verwendeten Langwaffen zu einer Schmauchabtragung bzw. zu einer geringen Schmauchauftragung geführt haben, so dass nicht ausgeschlossen werden kann, dass die beiden Tatverdächtigen 1.1 (Böhnhardt – G.M.) und 1.2 (Mundlos – G.M.) jeweils mindestens eine Schusswaffe abgefeuert haben?“[119]
Das Gutachten weist für die „Leiche hinten (Mundlos – G.M.) Spur 1.2/10.0 rechtes Handgelenk ein Partikel PbBaSbSn und ein Partikel PbBaCaSi“[120] aus. Und: „Der Nachweis von mehreren Schmauchsorten ist durch den Umgang mit unterschiedlichen Waffen erklärbar.“[121]
Fazit des Sachverständigen: „Diese geringe Schmauchmenge erscheint in erster Betrachtung nicht schusshandtypisch.“[122]
Als zweite Betrachtung – quasi auftragsgemäß – folgt dann noch diese Passage: „Es kann aber hypothetisch trotzdem nicht ausgeschlossen werden, dass an den Händen Beschmauchungen vorhanden waren, die durch eine Schussabgabe entstanden sind. Wenn es schusshandtypische Beschmauchungen gegeben hat, sind diese mit Sicherheit durch die Begleitumstände (Brandausbruch, Hitzeeinwirkung, massive Brandschuttantragungen an den Händen, starke Löschwasserbeeinflussung der Hände) so verändert worden, dass eine Schussabgabe kriminaltechnisch nicht mehr eindeutig nachgewiesen werden kann.“[123]
Seltsam nur, dass die vier vom Gutachter aufgezählten Spurenbeseitigungssachverhalte offenbar nicht in vergleichbarer Weise auf die zweite Leichen eingewirkt haben, obwohl diese viel dichter am Brandherd gelegenen hat und wohl schon deshalb besonders stark von Löschwasser beeinflusst worden sein muss, im Übrigen aber auch sehr viel stärker brandgeschädigte und mit Brandschutt kontaminierte Leiche war. Letzteres zeigen Ermittlungsfotos zur Auffindesituation von Böhnhardt[124] (Abb. 8).
Für Böhnhardt erläuterte Heiderstädt dem zweiten Thüringer NSU-Ausschuss die Ergebnisse der gerichtsmedizinischen Untersuchung: „Einschuss […] an der linken Schläfe […] und auch Schmauchspuren unterhalb des Einschusses“[125] Weiter: „ […] mit der Beschmauchung […] handelt es sich […] um einen relativen Nahschuss“[126].

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Fehlende Fingerabdrücke: Im Hinblick auf die mutmaßliche Tatwaffe gibt es noch einen weiteren Sachverhalt, der die Benutzung der Waffe durch Mundlos und deren vorherige Aufmunitionierung durch diesen (oder durch Böhnhardt) ebenfalls zweifelhaft erscheinen lässt – es waren keine Fingerabdrücke vorhanden:

  • Im Gesamtüberblick des BKA zu den im Wohnmobil (und am Zwickauer Wohnort des Trios) aufgefundenen Waffen heißt es zu dieser Winchester: „keine daktyloskopischen Spuren an Waffe“[127].
    Die Waffe war zwar wahrscheinlich Beeinträchtigungen durch Löschwasser und durch die Hitze des Brandes ausgesetzt. Auch wies der Griff – augenscheinlich durch den Brand verursachte – Anhaftungen auf, allerdings nur auf einer Seite.
    Andererseits sind die sichtbar zu machenden Muster von Fingerabdrücken Ablagerungen von Handschweiß, die überwiegend aus Salzen und Fetten bestehen. Diese Melange ist nicht so leicht wasserlöslich und „brennt“ sich bei plötzlichen Temperaturerhöhung in geeignete Oberflächen zunächst einmal ein. Das völliges Fehlen von Fingerabdrücken auf der Pumpgun ist daher zumindest ungewöhnlich.
  • Vor allem aber: Auch für die aus dem Magazin geborgenen fünf Patronen („Kaliber 12/70; RWS; Flintenlaufgeschoss [Brenneke]“[128]; Asservatennummern 1.4.2.1. bis 1.4.2.5.[129]) lautet der gutachterliche Befund für jede einzelne: „Es konnten an der Patrone keine daktyloskopischen Spuren gesichert werden.“[130]
    Das ist umso verwunderlicher, weil der Lademechanismus bei Vorderschaftrepetierern dazu zwingt, die Patronen mit dem Daumen in das Magazin zu drücken und zwar mit zunehmender Kraft, je mehr die Feder im Magazin dabei zusammengedrückt wird, die beim Nachladen der Waffe für die Patronenzufuhr in die Kammer sorgt. Handschuhe, wie bereits erwähnt, trug Mundlos nicht, und es sind auch nur zum Laden einer Waffe ungeeignete Handschuhe für Radfahrer aus dem Camper asserviert[131]

Auch die weiteren im Wohnmobil sichergestellten aufmunitionierten Waffen wiesen übrigens jeweils gleich lautende Befunde auf:

  • Pumpgun Mosberg Maverick: „keine daktyloskopische Spuren an Waffe und Munition“[132].
  • Revolver Alfa-PROJ, Modell 3831: „keine daktyloskopische Spuren an Waffe und Munition“[133]
  • Pistole Heckler und Koch Mod. 2000 (Dienstwaffe M. Kiesewetter, Heilbronn): „keine daktyloskopische Spuren an Waffe und Munition“[134]
  • Maschinenpistole Pleter 91: „keine daktyloskopische Spuren an Waffe und Munition“[135].
  • Pistole Heckler und Koch Mod. P2000 (Dienstwaffe Martin A., Heilbronn): „keine daktyloskopische Spuren an Waffe und Munition“[136].
  • Pistole Ceska 70, 7.65 Browning: „keine daktyloskopische Spuren an Waffe und Munition“[137].

Ein bisschen viel „keine daktyloskopische Spuren“.
Wäre in diesem Kontext von ernstzunehmender NSU-Ausschussarbeit nicht zumindest zu erwarten, die lapidare Ursachenerklärung des BKA – „Aufgrund der Hitzeeinwirkung auf die sichergestellten Waffen konnten keine auswertbaren daktyloskopischen Fingerabdruckspuren mehr gesichert werden.“[138] – durch einen unabhängigen Experten überprüfen zu lassen?

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Entladene Pumpgun: Ein weiteres maßgebliches Indiz dafür, dass im Falle von Mundlos und Böhnhardt keine erweiterte Selbsttötung vorlag, ist der funktionale Auffindezustand der mutmaßlichen Tatwaffe; die Winchester 1300 Defender wurde mit folgendem Vermerk asserviert: „Verschluss offen, im Röhrenmagazin mind. 1 Patrone sichtbar; geladen“[139].
Die Mechanik dieses Waffentyps bedingt, dass der Schütze nach Auslösen eines Schusses den unter dem Lauf angebrachten Repetierschlitten manuell zurückziehen muss, damit der Verschluss sich öffnet und die leere Patrone ausgeworfen wird. Das hätte, so eine erste Überlegung, Mundlos also tun müssen, nachdem ihm der Schuss einen großen Teil des hinteren Schädels sowie fast zwei Drittel des Gehirns[140] weggesprengt hatte. „Unmöglich“, hieß es dazu in der Blättchen-Sonderausgabe.[141]
Dass diese Schlussfolgerung zutreffend ist, bestätigen Einlassungen des Mundlos-Obduzenten Heiderstädt beim Münchner NSU-Prozess: Es habe sich bei Mundlos „um eine Kopfdurchschussverletzung mit Handlungsunfähigkeit und sofortigem Tod gehandelt“[142], infolge „völliger Zerstörung des Gehirns“[143]; wodurch „sofortige Handlungsunfähigkeit“[144] bewirkt worden sei.
Wie die Waffe dennoch ohne Beteiligung Dritter in ihren Auffindezustand gelangt sein soll, hatte Michael Menzel dem ersten Thüringer NSU-Ausschuss am 31.03.2014 folgendermaßen vorgetragen: „Bei der kriminaltechnischen Untersuchung […] hat man natürlich dann diese zweite Hülse gefunden und vor dem Hintergrund der Bewaffnung oder dieser Pumpguns war natürlich die Frage sofort mehr wie brandaktuell: Gibt es denn eine logische Erklärung für diese zweite ausgeworfene Hülse oder gibt es die nicht? Vor diesem Hintergrund hatte ich angewiesen, dass man hierzu Prüfungshandlungen vornimmt, die dergestalt aussehen, dass man sich eben über die Funktionsweise dieser Waffe ein Bild macht und gegebenenfalls dazu auch einen sogenannten kriminalistischen Versuch. Das hat im Ergebnis dazu geführt, dass die KPI Gotha über ihren Waffensachbearbeiter sich ein Gewehr besorgt hat, was baugleich war, hat de facto die Munition eingeladen, hat repetiert, hat abgeschossen oder hat das Gewehr betätigt, den Abzug und dabei ist festzustellen, dass der Verschluss dieses Gewehrs sich auf, glaube ich, 90 Prozent öffnet und nur die Patrone in einer ganz kleinen Kralle noch festhängt. Wenn das Gewehr auf den Boden gestaucht wird mit einer sehr geringen Energie, konnte man sehen, dass diese Hülse nach außen fällt, also sprich, dass die seitlich rausgeworfen wird. Dazu gibt es entsprechend in den Ermittlungsakten ein Protokoll mit Videoaufnahmen, die diese Funktionsweise darlegen. Dieses Ergebnis hatte ich bereits sehr zeitnah, so dass sich für mich diese Spur de facto nicht in Richtung dritter Täter, sondern eher als Folge der Benutzung der Waffe beim Herrn Böhnhardt wiedergegeben hat.“[145]
Die falsche Schlussfolgerung am Ende fiel dem Ausschuss seinerzeit nicht auf: Wenn Mundlos erst Böhnhardt und dann sich selbst erschossen haben soll, kann der vorgefundene Zustand der Waffen nicht „Folge der Benutzung […] beim Herrn Böhnhardt“ sein.
Im weiteren Verlauf von Menzels Befragung dann auch dieser Dialog:
Abg. Adams:
Ich möchte dazu noch einmal nachfragen: Sie haben jetzt eben erklärt, durch das Betätigen des Abzuges, anders als sich das der Laie vorstellt, wird auch das Auswerfen der Hülse zu 90 Prozent, so nenne ich es jetzt mal, durchgeführt. Nur eine kleine Vorrichtung hält die Hülse in der Waffe fest, bis wieder durchgeladen wird. Das Durchladen kann aber auch ersetzt werden durch ein Stauchen auf dem Boden, so dass die Hülse rausfliegt. Habe ich das richtig verstanden?
Herr Menzel:
Also genau so. Wenn man das Gewehr bedient, öffnet der Verschluss so weit, dass die Hülse vollkommen sichtbar ist und nur an der Ausziehkralle im Prinzip noch hängt, und der Kraftaufwand oder die Funktionsweise ist in der Waffe deswegen so gemacht, damit der Kraftaufwand für das neuerliche Repetieren, das Zurückziehen des Handgriffs, so gering wie möglich ausfällt. Und wenn man diese Waffe de facto auf einen Gegenstand aufschlägt, ist durch die kinetische Energie, die damit natürlich auch mit auf das Griffstück wirkt, das Ausfallen des Patronenlagers damit gegeben.“[146]
Wenig später wies Menzel dann noch ein Foto vor, das zu Protokoll genommen wurde:
„[…] Frau Vorsitzende, ich habe ein Bild […] mitgebracht, wo Sie gerne einsehen können, wie die Waffe mit ihrem Verschluss aussieht, wenn sie benutzt worden ist.
Vors. Abg. Marx:
Gerne, wenn Sie das zeigen wollen, dann nehmen wir das zu den Akten und wir beschreiben das mal. – So, das ist jetzt die benutzte Pumpgun sozusagen.
Herr Menzel:
Ja, so sieht der Verschluss aus, wenn de facto der Schuss abgegeben worden ist, und da sieht man sehr deutlich, dass die Patronenkammer fast komplett geöffnet ist und dass es also nicht so ist, dass der Verschluss zugezogen ist, so dass ein Auswerfen gar nicht möglich ist, sondern – wie beschrieben – hängt das dann an der Ausziehkralle de facto und es ist ein ganz geringer Kraftaufwand – das steht auch im Protokoll, wie groß der sein muss – geeignet, um diese Hülse auszuwerfen.“[147]
Also doch erweiterter Selbstmord von Mundlos und Böhnhardt?
Ekkehard Sieker und die Autorin sind nicht überzeugt, denn Menzels Ausführungen widersprechen eindeutig Funktionsdemonstrationen von Vorderschaftrepetierern, die man sich unter anderem auf Youtube ansehen kann. (Zu einem dieser Videos hier klicken!). Da aber beide in Sachen Schusswaffen Laien sind, könnte vielleicht die Befragung eines Experten Aufschluss bringen.
Ein solcher Experte ist Siegmund Mittag, der im brandenburgischen Luckenwalde seit 2002 eine selbständige Waffenwerkstatt betreibt. Dort wartet und repariert er vornehmlich Jagdwaffen aus der Umgebung, darunter auch Pumpguns, und in diesen Räumlichkeiten – hinter schwer vergitterten Fenstern, wie sie gesetzlich vorgeschrieben sind – fand am 23. Oktober 2016 ein entsprechendes „Kolloquium“ statt.
Siegmund Mittag nahm sich anfangs erst einmal Zeit, die Aussage von Menzel eingehend zu studieren. Dann führte er aus: „Zunächst einmal fällt auf, dass der Herr Menzel von einer ‚baugleichen‘ Waffe spricht. Er hat den Versuch also nicht mit der Originalwaffe durchführen lassen. Da muss man mit Schlussfolgerungen prinzipiell vorsichtig sein, denn auch baugleiche Waffen weisen individuelle, auch funktionale Unterschiede auf. Überdies könnte ein waffentechnischer Defekt vorliegen.“
Die Schilderung Menzels widerspreche jedenfalls grundsätzlich der Funktionsweise von Pumpguns: „Im Unterschied zu halbautomatischen oder automatischen Waffen verfügt ein Vorderschaftrepetierer eben über keinerlei Mechanismus, der mittels der im Lauf expandierenden Gase der gezündeten Treibladung einer Patrone nach dem Schuss den Verschluss der Waffe öffnet, die leere Hülse auswirft und damit Platz schafft für eine neue, die eine Feder im Magazin in die Patronenkammer drückt, sowie das Schloss erneut spannt und die Feuerbereitschaft wiederherstellt. Das Schloss einer Pumpgun bleibt nach dem Schuss grundsätzlich geschlossen beziehungsweise kann nur durch manuelles Zurückziehen des Repetierschlittens durch den Schützen geöffnet werden, wodurch zugleich die leere Hülse ausgeworfen wird.“
Siegmund Mittag demonstrierte dies bei seinen Ausführungen mit einer der Pumpguns, die er gerade in der Werkstatt hatte, natürlich ohne Munition, und ließ die Besucher anschließend auch ein paar persönliche Versuche machen.[148] Dabei fiel auf, dass es nur eines nicht sehr großen Kraftaufwandes bedarf, um den Repetierschlitten manuell zu bewegen. „Das täuscht insofern“, hakte Mittag an dieser Stelle ein, „als der nötige Kraftaufwand, um eine abgeschossene Patrone auszuwerfen, merklich höher ist: Durch die Explosion der Treibladung wird die Hülse gegen den Lauf gepresst. Sie lidert aus, wie der Fachmann sagt. Auch das spricht übrigens gegen einfaches Herausfallen, wie es Herr Menzel schildert.“
Ist dessen Darstellung also völlig unmöglich? „Das will ich gar nicht behaupten“, meinte Mittag, „mir ist ein vergleichbarer Fall aus meiner Praxis zwar nicht bekannt, aber vielleicht lag ja irgendein waffentechnischer Defekt vor.“
Bei der Versuchswaffe der Gothaer Polizei wohlgemerkt, denn dass ein Defekt bei der Originalwaffe aus dem Wohnmobil nicht vorlag, ist aktenkundig: Das BKA hat mit dieser Waffe einen sogenannten Funktions- und Vergleichsbeschuss durchführen lassen; das zugehörige Protokoll hält im Einzelnen fest:

  • „Bei dem Asservat handelt es sich um 1 Flinte Winchester, Modell 1300 Defender, Waffennummer L2456506, Kaliber 12.“[149]
  • „Die Waffe wurde im Innenraum des Wohnmobils in Eisenach am 04.11.2011 aufgefunden. Die Waffe war durch indirekte Brandeinwirkung stark verschmutzt. Um die Waffe beschießen zu können wurde die Waffe gereinigt. Bei dem durch das Kriminaltechnische Institut KTU 21 durchgeführten Funktions- und Vergleichsbeschuss funktionierte die Waffe einwandfrei (Hervorhebung – G.M.).“[150]

Unabhängig vom Erklärungsversuch Menzels soll es zu dieser Frage, einem „Verschwörungstheorie“-Kritiker im Internet zufolge, auch ein BKA-Dokument geben: „Ein Gutachten vom 4. Mai 2012 besagt, dass bei einer herabfallenden Flinte durch die Erschütterung beim Aufprall die leere Hülse ausgeworfen werden kann. Die Versuche des BKA wurden später von anderen wiederholt und bestätigt.“[151]
Der Kritiker beschränkt sich allerdings auf diese Behauptung. Angaben zur Versuchsanordnung fehlen ebenso wie die präzise Nennung der Quelle.
Auch führt sich der Kritiker selbst insofern ad absurdum, wenn er zugleich zur Position von Mundlos im Moment der vorgeblichen Selbsttötung angibt: „Er dürfte sich eher in einer sitzenden oder hockenden Stellung befunden haben.“[152] Also in einer Position, in der von Fallhöhe nicht wirklich die Rede sein kann.
Da aber die Mechanik eines Vorderschaftrepetierers durchaus die Vorstellung zulässt, dass die wirksam werdende kinetische Energie, wenn eine Pumpgun aus einer gewissen Fallhöhe senkrecht und unverkantet auf einen harten Boden aufschlägt, ausreicht, um den Repetierschlitten zurück zu bewegen, ist Ekkehard Sieker dieser Frage nachgegangen.
Die Gelegenheit dazu ergab sich, als er bei Dreharbeiten zur Verfilmung von Schorlaus NSU-Krimi Anfang November in Berlin als Berater am Set agierte, speziell für die Nachstellung der mutmaßlichen Abläufe im Wohnmobil von Mundlos und Böhnhardt am Mittag des 4. Novembers 2011. Zusammen mit dem dort ebenfalls eingesetzten Waffenmeister nahm er einige Versuche vor: „Es zeigte sich, dass sich beim geraden Fall aus etwa einem Meter Höhe – Schütze steht –beim Aufprall der Waffe auf einen Steinboden in etwa einem von zehn Fällen der Verschluss ungefähr halb öffnet, ohne dass die Patrone ausgeworfen wird. Um den Verschluß gänzlich zu öffnen und einen Auswurf der Patronenhülse zu erreichen, musste die mit einem Pistolengriff versehene Waffe (Dies entspricht der Winchester aus dem Wohnmobil; Abb. 9G.M.) von Hand mehrmals sehr kräftig aufgeschlagen werden.
Das Öffnen des Verschlusses der Winchester-Pumpgun ist ohne Beteiligung Dritter also nur dann vorstellbar, wenn die Waffe mit einer vom Rückstoß auftrifft und der Repetierschlitten sich in einer Trägheitsbewegung weiter Richtung Unterlage bewegt. Dabei darf die Pumpgun sich im Fallen aber nicht aus der vertikalen Fallebene herausdrehen, also nicht verkanten, da sonst beim Auftreffen auf den Untergrund die Trägheitsbewegung des Schlittens nicht ausreicht, um den Verschluss überhaupt oder gar ganz zu öffnen. Was wegen des Pistolengriffes schon mal schwierig ist. Geht dem Aufprall der Waffe jedoch eine Selbsttötung des stehenden Schützen voraus, ist ein senkrechter Aufprall nahezu unmöglich, wenn der Schütze sich die Waffe erstens schräg nach oben in den Mund schiebt und wenn der Schütze zweitens durch den Schuss nach oben und nach hinten geschleudert und ihm die Waffe durch den Rückstoß aus den Händen gerissen wird.
Bei sitzender oder hockender Position des Schützen mit aufgestützter Waffe funktioniert das Ganze übrigens gar nicht. Und der Plastikboden eines Wohnmobils dürfte insgesamt auch keine geeigneten Voraussetzungen für die skizzierte Versuchsanordnung bieten.“

*

Brenneke-Hülsen im Camper: Zurück nach Luckenwalde. Der eigentliche Paukenschlag bei der Befragung von Siegmund Mittag erfolgte gegen Ende des Gespräches – völlig unerwartet, als Ekkehard Sieker mit dem Fachmann die Ermittlungsfotos zur Auffindesituation der Winchester und zugeordneter (abgeschossener) Patronenhülsen vom Typ Brenneke durchging. Von letzteren tauchen insgesamt zwei in den Asservatenunterlagen auf.[153]
Auf das Foto „Teilübersicht Auffindungslage Hülse Flintenlaufgeschoss Brenneke Sp.1.4_3.0 – an vorderer linker Sitz“[154] genügte Mittag ein Blick: „Das ist keine leere Hülse. Das ist eine volle Patrone.“ (Abb. 10) Das für Brenneke-Geschossmunition typische sogenannte Zwischenmittel – ein Filzpfropf zwischen Geschoss und Treibladung – sei klar zu erkennen: „Das ist dieser graue Ring in der Mitte des durchscheinenden Hülsenkörpers.“ (Abb. 11)
Auf der Rückfahrt nach Berlin kreiste das Gespräch zwischen Ekkehard Sieker und der Autorin logischerweise um das daraus sich ergebende Phänomen: Zwei Tote, aber von den beiden asservierten Brenneke-Hülsen nur eine offenbar leer …

Zwischenstand

„Spätestens an dieser Stelle“, so resümiert Ekkehard Sieker, „erscheint im Hinblick auf den Tatablauf Wohnmobil Eisenach-Stregda folgende Frage unabweisbar: Wie wahrscheinlich ist eigentlich eine offizielle Hergangsdarstellung – Mundlos erschoss erst Böhnhardt, legte dann Feuer und erschoss anschließend sich selbst –, wenn zu entscheidenden Teilaspekten jeweils Ausnahmetatbestände herangezogen werden müssen, also das eher Unwahrscheinliche, um dieser Darstellung überhaupt so etwas Plausibilität zu verleihen?“
Hier die betreffenden Punkte nochmals kurz zusammengefasst:

  • Menschen, die an Brandherden zu Tode kommen, atmen in 90 bis 97 Prozent aller Fälle Rauchgase ein und weisen eine nachweisbar erhöhte Kohlenmonoxid-Hämoglobin-Konzentration im Blut auf. Nicht so im Falle Mundlos.
    Erklärt wird dies durch die Heiderstädtsche Konstruktion eines Ausnahmeablaufes sowie einen unzureichend spezifizierten Hinweis auf „die Literatur“.
  • Organische Spuren an Tatorten werden, auch im Falle von Selbsttötung, nach kriminaltechnischer Standard-Praxis sorgfältig und vollständig asserviert. Für das Wohnmobil in Eisenach-Stregda akzeptierte der Thüringer NSU-Ausschuss das Gegenteil als quasi normal – die Erklärung, dass die organischen Spuren (etwa zwei Kilogramm Hirnmasse sowie Schädelknochenfragmente) zwar wahrscheinlich dagewesen, aber komplett nicht asserviert, sondern als Sondermüll entsorgt worden seien.
  • Das Abfeuern einer Waffe ohne Handschuhe führt üblicherweise zu schusshandtypischen Schmauchspuren mindestens an den Händen des Schützen. Nicht so bei Mundlos, obwohl der die Waffe sogar zweimal benutzt haben soll.
    Erklärt wird das durch Sondertatbestände. Denen war Böhnhardts Leiche allerdings ebenfalls und mutmaßlich stärker ausgesetzt – ohne bei dieser Schmauchspuren verschwinden zu lassen.
  • Beim Laden (ohne Handschuhe) von Patronen in ein Pumpgun-Magazin entstehen Fingerabdrücke auf den Hülsen, insbesondere Daumenabdrücke auf den Patronenböden. Im Falle der Winchester – komplett Fehlanzeige. Als Ursachenerklärung wird ein Sondertatbestand bemüht – „Hitzeeinwirkung“
  • Waffen vom Typ Pumpgun müssen zum Herstellen der Feuerbereitschaft manuell geladen und nachgeladen werden. Das schließt den Auswurf leerer Hülsen ein.
    Damit Mundlos‘ Waffe sich nach dessen Tod dennoch selbst entladen haben könnte, müssen wiederum angeblich (Menzel) oder tatsächlich mögliche Sondertatbestände herhalten.

Überdies führen großkalibrige Kopfdurchschüsse aus Nahdistanz zu einer Art hydrodynamischer Explosion im Schädel, der Schädelknochen im Austrittsbereich fliegt auseinander, das Gehirn „zerspringt“ und wird aus dem Schädel herausgeschleudert. Insbesondere in geschlossenen Räumen sind entsprechend großflächige Blut-, Gewebe- und Knochensplitter-Spritzmuster die Folge. Nichts davon auf den Tatortfotos vom Inneren des Wohnmobils.

*

Die Publikationen zum NSU-Komplex sind längst Legion, und ohne Rückgriff aus Originalquellen ist es für den Leser praktisch unmöglich, Inhalte zu veri- oder zu falsifizieren beziehungsweise festzustellen, wo ein Text den Boden der Tatsachen verlässt. Auch große Namen bieten in diesem Zusammenhang keine Garantie für Richtigkeit.
Stefan Aust, der frühere Spiegel-Chefredakteur und heutige Herausgeber der Welt versprach seinem Publikum vor kurzem unter der Überschrift: „Der NSU – ein mörderisches Mysterium“ eine „ […] minutiöse Rekonstruktion, denn tatsächlich lässt sich […] ein Großteil der Geschichte des NSU genau erzählen“[155]. Und genau so – wie eine Erzählung eher belletristischer Provenienz – beginnt es dann auch, wenn Aust und sein Co-Erzähler Dirk Laabs folgendermaßen loslegen: „Die Mordserie begann vor 16 Jahren in München, als aus dieser Ceská 83 mit verlängertem Lauf und Schalldämpfer mehrere Schüsse auf einen türkischen Blumenhändler abgefeuert wurden, und sie endete vor fünf Jahren mit der Explosion in einem Zwickauer Wohnhaus, in dem dann diese Waffe gefunden wurde.“[156]
Dass die Schüsse beim ersten der dem NSU-Komplex zugeordneten Morde nicht in München, sondern in Nürnberg fielen, am 09.09.2000, ist dank Wikipedia[157] quasi Allgemeinwissen.
Die Ceská 83 aber – „Pistole, Made in Czechoslowakia, mit Schalldämpfer, Kal. 7,65 mm, Modell 83“[158], in den Ermittlungsunterlagen als Spur W04[159] geführt – wurde nicht in dem Zwickauer Wohnhaus gefunden, in dem sich die Unterkunft des Trios befand, sie wurde vielmehr im Brandschutt entdeckt, der mittels Bagger aus dem nach einer Explosion ausgebrannten Teil dieser Wohnung vor das Haus beräumt worden war[160].
Ermittlungstechnisch läuft dieses Material – „einige Tonnen“[161] – unter der Bezeichnung „Bereich N“[162] (= „Bereich der Nachsuche, wo der Bagger in die Wohnung hinein gegriffen“[163] hat).
Gesichert wurde die in Rede stehende Ceská aus dem „Bereich N“ im Übrigen überhaupt erst am 09.11.2011.[164]
Erbsenzählerei?
Mitnichten.
Für keinen der neun Mordtatorte, für die diese Ceská 83 als Tatwaffe identifiziert wurde, sind Spuren von Mundlos und Böhnhardt nachgewiesen.
Keine Fingerabdrücke, keine DNA.
Ähnlich sieht es bei Zeugenaussagen aus.
Dass Mundlos und Böhnhardt überhaupt mit diesen Morden in Verbindung gebracht werden können, beruht im Kern allein auf dem Auffinden des „Bekenner“-Videos und dieser Ceská 83. Auf der wiederum ebenfalls keine Spuren von Mundlos und Böhnhardt festgestellt werden konnten.[165]
Da der Ermittlungsstand bezüglich Fingerabdrücke, DNA sowie Zeugenaussagen zum Heilbronner Polizistenmord, zu den beiden Attentaten in Köln sowie zu den 15 Raubüberfällen vergleichbar dürftig ist, bleibt als Zwischenstand zu konstatieren: Ermittlungsbehörden, Dienste und Staatsanwaltschaften haben definitive Beweise für die Anwesenheit von Mundlos und Böhnhardt an den Tatorten der ihnen zur Last gelegten Morde, Attentate und Raubüberfälle bisher nicht erbracht. Und zwar nicht für einen oder zwei Tatorte, das soll schon vorgekommen sein, sondern für alle 27 Tatorte (zehn Morde, zwei Attentate, 15 Raubüberfälle).

––––––––––

[1] – Im Spiegel z. B. – ausweislich seines Online-Archivs – am 13.11.2011; siehe: http://www.spiegel.de/panorama/justiz/neonazi-terrorgruppe-polizei-nimmt-vierten-verdaechtigen-fest-a-797485.html – aufgerufen am 05.11.2016.

[2]https://www.zdf.de/politik/frontal-21/frontal-21-vom-1-november-2016-100.html, ab Minute 31:45 – aufgerufen am 04.11.2016.

[3] – Christian Bommarius: Gift für das Vertrauen in den Rechtsstaat, Berliner Zeitung, 04.11.2011, S. 8.

[4] – Siehe: Gabriele Muthesius: „Besenrein“ – oder: „Wie viel Staat steckt im NSU?“, Das Blättchen, Sonderausgabe 05.09.2016; http://das-blaettchen.de/2016/09/„besenrein“-–-oder-„wie-viel-staat-steckt-im-nsu“-37111.html – aufgerufen am 21.10.2016.

[5] – Nationalsozialistischer Untergrund: Frühling (Video), ab Minute 00:00.

[6] – Siehe: TH1309-023340-11/9, Stregda, publiziert am 27.12.2011 (im Folgenden: Stregda), S. 1395, Foto unten.

[7] – Siehe: Ebenda.

[8] – Ebenda. S. 1393.

[9] – Ebenda.

[10] – Siehe: ebenda, S. 350.

[11] – Ebenda, S. 1396 ff.

[12] – Ebenda.

[13] – Siehe: ebenda, S. 1395.

[14] – Konkret zeigt das 14:57 Minuten lange Video unter anderem Filmsequenzen und Fotos im Zusammenhang mit dem Attentat in der Kölner Probsteigasse und mit Morden an Kleinunternehmern mit Migrationshintergrund sowie von der Beerdigung der in Heilbronn ermordeten Polizistin M. Kiesewetter. All diese Elemente sind durch einen Rahmen von Ausschnitten aus der bekannten Pink-Panther-Trickfilmserie verbunden.
Ein Transskript des Videos kann aus dem Internet heruntergeladen werden; https://www.apabiz.de/2011/transkript-des-nsu-bekennervideos/ – Aufruf und Download – 29.10.2016. Eine von BILD kommentierte Kurzfassung ist auf Youtube einsehbar: https://www.youtube.com/watch?v=tpvYmVJABLg – Aufruf und Download – 29.10.2016.

[15] – Siehe Anklagesatz des Münchner NSU-Prozesses: Der Generalbundesanwalt beim Bundesgerichtshof, Anklageschrift, BJs 162/11-2, 2 StE 8/12-2, 05.11.2012,S. 18 ff.

[16] – Thüringer Landtag, 6. Wahlperiode, Untersuchungsausschuss 6/1 „Rechtsterrorismus und Behördenhandeln“, 15. Sitzung am 28. April 2016: Wortprotokoll der öffentlichen Beweisaufnahme (im Folgenden: UA 6-1, 15), S. 147.

[17] – Siehe: Andreas Förster: Geheimsache NSU: Zehn Morde, von Aufklärung keine Spur, Klöpfer & Meyer, Tübingen 2014.

[18] – Andreas Förster: Keine Spuren an Waffen, viele im Wohnmobil, Berliner Zeitung, 15./16. Oktober 2016, S. 2.

[19] – Siehe: 17. Wahlperiode. 2. Untersuchungsausschuss: Protokoll Nr. 43 (Zeugenvernehmung: Öffentlich), 11. Januar 2013 (im Folgenden: Protokoll Nr. 43), S. 118.

[20] – Ebenda, S. 119 f.

[21] – Siehe: Wolfgang Schorlau: Die schützende Hand. Denglers achter Fall, Köln 2015, S. 189 oder Gabriele Muthesius: „Besenrein“, Sucheingabe: Schlussstrich.

[22] – Siehe: Landesportal der Thüringer Polizei: Medieninformation. Neubesetzung von Führungsfunktionen in der Thüringer Polizei, 12.02.2015; http://www.thueringen.de/th3/polizei/landespolizeidirektion/aktuell/mi/83001/ – aufgerufen am 21.10.2016.

[23] – Siehe ausführlich: Gabriele Muthesius: „Besenrein“; Sucheingabe: 16. Ausschusssitzung.

[24] – Siehe: Kriminalpolizeistation Eisenach, Aktenzeichen TH1309-023340-11/9 (Sachbearbeitung durch Möckel, KHM): Einsatzverlaufsbericht (im Folgenden: EVB), S. 2.

[25] – UA 6-1, 15, S. 35. – „Arnold“ bezieht sich auf Kiesewetters Kollegen, dessen Dienstwaffe ebenfalls im Wohnmobil, und zwar bereits in den Nachmittagsstunden, geborgen und identifiziert worden war; siehe ausführlich: Gabriele Muthesius: „Besenrein“; Sucheingabe: Laut Einsatzverlaufsbericht ist.

[26] – UA 6-1, 15, S. 117.

[27] – Angabe Menzels – siehe: Thüringer Landtag, 5. Wahlperiode, Untersuchungsausschuss 5/1 „Rechtsterrorismus und Behördenhandeln“, 60. Sitzung am 31. März 2014: Wortprotokoll der öffentlichen Beweisaufnahme (im Folgenden: UA 5-1, 60), S. 19.

[28] – Thüringer Landtag, 5. Wahlperiode, Drucksache 5/8080, 16.07.2014: Bericht des Untersuchungsausschusses 5/1 „Rechtsterrorismus und Behördenhandeln“ (im Folgenden: Abschlussbericht UA 5-1), S. 1275.

[29] – Eine Falschaussage Menzels liegt auch zum Identifizierungsablauf der Arnold-Waffe vor; siehe ausführlich: Gabriele Muthesius: „Besenrein“; Sucheingabe: Laut Einsatzverlaufsbericht.

[30] – Siehe: Stregda, S. 461, Fotos oben und unten.

[31] – Siehe: ebenda, S. 460.

[32] – Benannt nach der Marke des von Mundlos und Böhnhardt gefahrenen Wohnmobils.

[33] – Dieser Zeitpunkt ergibt sich aus den unmittelbar vorangegangenen Ausführungen Menzels; siehe: UA 5-1, 60, S. 8.

[34] – Ebenda, S. 9.

[35] – Ebenda. Etwas später in dieser Einvernahme formulierte Menzel dann noch so: „Die Tatortgruppe hat dann die Leichen aus dem Wohnmobil geborgen und zur Rechtsmedizin geschafft und ich vermute mal, dass die notwendigen Identifizierungsmaßnahmen in der Rechtsmedizin gemacht worden sind.“ (Ebenda, S. 29.)

[36] – Ebenda, S. 141.

[37] – Ebenda, S. 9 f.

[38] – Ebenda, S. 41.

[39] – Die Leichen waren erst um 00:03 Uhr am 05.11.2011 der Stadtwirtschaft Eisenach übergeben (siehe: EVB, S. 2) und wahrscheinlich in Eisenach zwischengelagert worden. Die Jenenser Gerichtsmedizinerin, Dr. Juliane Höfig, zweite Obduzentin von Mundlos und Böhnhardt, erklärte vor dem zweiten Thüringer NSU-Ausschuss: „Ich kann es nicht genau sagen, aber es ist meine Erinnerung, dass wir gewartet haben, und dann kam der Bestatter mit diesen beiden verpackten Leichnamen.“ (Siehe: Thüringer Landtag, 6. Wahlperiode, Untersuchungsausschuss 6/1 „Rechtsterrorismus und Behördenhandeln“, 12. Sitzung am 3. März 2016: Wortprotokoll der öffentlichen Beweisaufnahme [im Folgenden: UA 6-1], 12, S. 143.) Als erster wurde am 05.11.2011, ab 10:30 Uhr, Böhnhardt obduziert; siehe: Universitätsklinikum Jena. Institut für Rechtsmedizin, 28.11.2011, Unsere Zeichen 7181-11-1 HEI/sei: Sektionsprotokoll, Sektionsfall „unbek. männl. Eisenach 1“, zwischenzeitlich identifiziert als Böhnhardt, Uwe (im Folgenden: Sektionsprotokoll Böhnhardt), S. 1.

[40] – Siehe: Universitätsklinikum Jena. Institut für Rechtsmedizin, 28.11.2011, Unsere Zeichen 7182-11-1 HEI/sei: Sektionsprotokoll, Sektionsfall Mundlos, Uwe (im Folgenden: Sektionsprotokoll Mundlos), S. 1.

[41] – Siehe: UA 6-1, 15, S. 32.

[42] – UA 6-1, 15, S. 102; siehe auch: ebenda, S. 32.

[43] – Die Bergung der ersten Leiche erfolgte um 18:00 Uhr; siehe: EVB, S. 1. Die Bergungszeit der zweiten Leiche wurde nicht protokolliert; siehe: ebenda, S. 1 f.

[44] – Siehe: Stregda, S. 2 und 53 (Böhnhardt); S. 2 und 165 (Mundlos).

[45] – Ebenda, S. 8

[46] – UA 6-1, 15, S. 30.

[47] – Siehe: ebenda, S. 30 ff.

[48] – Abschlussbericht UA 5-1, S. 1573.

[49] – Konkret sagte Menzel aus, dass er „in Jena mit der Fahndung oder mit den Sachverhalten nichts zu tun hatte“ (UA 5-1, 60, S. 31) und dass „wir nichts mit dem Fall zu tun hatten, von Gotha“ (ebenda, S. 32).

[50] – 17. Wahlperiode. 2. Untersuchungsausschuss: Protokoll Nr. 54 (Zeugenvernehmung: Öffentlich), 10. April 2013 (im Folgenden: Protokoll Nr. 54), S. 43 f.

[51] – „Patrick Kurth (Kyffhäuser) (FDP): Sie sagten gerade eben: Am Vorabend wurde der Kollege Dressler informiert. – Vorabend von was? 05.11.? Zeuge Sven Wunderlich: Vom 05.11. Patrick Kurth (Kyffhäuser) (FDP): Also am 04.11. wurde er informiert? Zeuge Sven Wunderlich: Ja. Patrick Kurth (Kyffhäuser) (FDP): Am 04.11. abends Herr Dressler? Zeuge Sven Wunderlich: Ja.“ (Deutscher Bundestag. 17. Wahlperiode. 2. Untersuchungsausschuss: Protokoll Nr. 51 [Zeugenvernehmung: Öffentlich], 19. März 2013 [im Folgenden: Protokoll Nr. 51], S. 62.)

[52] – Thüringer Landtag, 5. Wahlperiode, Untersuchungsausschuss 5/1 „Rechtsterrorismus und Behördenhandeln“, 58. Sitzung am 10. März 2014: Wortprotokoll der öffentlichen Beweisaufnahme (im Folgenden: UA 5-1, 58), S. 113 f.

[53] – „Abg. König: […] Der Herr Dressler hat bei uns ausgeführt, dass er am 04.11. abends die Information, dass es sich bei dem Toten um Mundlos handele, bereits von seinem Kollegen Nuschke oder Nutschke, erfahren hätte. War denn Herr Nuschke bzw. Nutschke Teil der Ermittlungseinheit? Herr Menzel: Nein.“ (UA 5-1, 60, S. 42.)

[54] – Siehe: Kriminalpolizeistation Eisenach, Az TH1380-014717-11/8, Schlüssel: 1385: Sterbefallanzeige – Erfassungsbeleg, S. 1 (Mundlos). / Kriminalpolizeistation Eisenach, Az TH1380-014715-11/0, Schlüssel: 1385: Sterbefallanzeige – Erfassungsbeleg, S. 1 (Böhnhardt).

[55] – Ebenda.

[56] – Angabe von M. Menzel; siehe: UA 6-1, 15, S. 29.

[57] – Siehe u.a.: UA 5-1, 60, S. 30.

[58] – Siehe: UA 6-1, 15, S. 135.

[59] – Menzel: „[…] einzelne Ermittlungsschritte, alle meine Ermittlungsschritte, alle meine Anweisungen sind dort niedergeschrieben.“ (Ebenda, S. 36.)

[60] – So die Formulierung des Ausschussmitgliedes K. König; ebenda, S. 88.

[61] – Ebenda, S. 88.

[62] – Siehe: Thüringer Landtag, 6. Wahlperiode, Untersuchungsausschuss 6/1 „Rechtsterrorismus und Behördenhandeln“, 16. Sitzung am 2. Juni 2016: Wortprotokoll der öffentlichen Beweisaufnahme (im Folgenden: UA 6-1, 16), S. 6.

[63] – Siehe: ebenda, S. 84.

[64] – Ebenda, S. 10. Diese Aussage wurde von seiner Kollegin Hemme bestätigt; siehe: ebenda, S. 63.

[65] – Ebenda, S. 9.

[66] – Ebenda.

[67] – Ebenda.

[68] – Zeitangabe der Zeugin Rieger – siehe: UA 6-1, 16, S. 87.

[69] – Wunderlich war als Zielfahnder des Landeskriminalamtes Thüringen seit 1998 mit der Suche nach Mundlos, Böhnhardt und Zschäpe befasst. Die Beauftragung der Zielfahndung des Thüringer LKA datierte offiziell vom 28.02.1998 (siehe: Abschlussbericht UA 5-1, S. 871) bis zum 22.08.2001 (siehe: ebenda, S.892). Praktisch war der Zeitraum jedoch kürzer, wie der Abschlussbericht des ersten Thüringer NSU-Ausschusses konstatierte: „Tatsächlich endete am 2. November 2000 die letzte Maßnahme der Zielfahndung. Jedoch wurden die Akten erst am 22. August 2001 an das Dezernat Staatsschutz zurückgegeben.“ (Ebenda, S. 1867.) – Zur Dienstberatung der Soko „Capron“ hinzugezogen wurde Wunderlich durch Menzel – mittels Telefonanruf am 05.11.2011, gegen 9:30 Uhr, wie beide bestätigten. (Menzel – siehe: UA 5-1, 60, S. 32.; Wunderlich – siehe: Abschlussbericht UA 5-1, S. 1291.)

[70] – Ebenda, S. 67.

[71] – UA 5-1, 60, S. 42.

[72] – Ebenda, S. 41.

[73] – Ebenda, S. 89.

[74] – Halder und Nordgauer hatten im Januar 2016 vor dem zweiten Thüringer NSU-Ausschuss ausgesagt; siehe: Thüringer Landtag, 6. Wahlperiode, Untersuchungsausschuss 6/1 „Rechtsterrorismus und Behördenhandeln“, 9. Sitzung am 14. Januar 2016: Wortprotokoll der öffentlichen Beweisaufnahme (im Folgenden: UA 6-1, 9), S. 25 ff.

[75] – UA 6-1, 15, S. 34.

[76] – Ebenda, S. 36 f,

[77] – Wie bei den früheren Beiträgen der Autorin zum NSU-Komplex (siehe: Gabriele Muthesius: „Besenrein“ und dieselbe: Das NSU-Phantom, Das Blättchen, Ausgabe 26/2015; http://das-blaettchen.de/2015/12/das-nsu-phantom-34760.html – aufgerufen am 21.10.2016) waren es wiederum maßgeblich Siekers Recherchen, die den vorliegenden Beitrag ermöglicht haben.

[78] – Menzel vor dem ersten Thüringer NSU-Ausschuss: „Da bin ich meinen Leuten bis heute dankbar. Ich hatte meinen letzten Arbeitstag eigentlich, der 04.11. Dieser letzte Arbeitstag war nicht davon geprägt, hier 18 Stunden am Stück zu machen oder 20 Stunden, sondern hat mich in der Phase damals begleitet, wo ich erkrankt war. Ich bin um 21.45 Uhr aus der Arbeitsstelle raus, bin um ca. 22.45 Uhr zu Hause gewesen und habe bis früh um 2.00 Uhr Telefongespräche entgegengenommen […] und ich war recht froh, dass meine Mitarbeiterinnen entschieden haben, mich um 3.17 Uhr nicht noch einmal anzurufen, um mir den Informationsgehalt ‚wir haben ihn identifiziert‘ mitzuteilen, wenn das früh um 8.00 Uhr genauso geht.“ (UA 5-1, 60, S. 41.)

[79] – UA 6-1, 16, S. 50.

[80] – Gegenüber dem ersten Thüringer NSU-Ausschuss hatte Menzel überdies behauptet, dass eine Quasi-Identifizierung Böhnhardts auch schon am 05.11.2011 erfolgt sei: „Es wurde am 05.11. ebenfalls versucht, die zweite Person zu identifizieren. Dort hat man bei der Gerichtsmedizin festgestellt, dass es auffällige Tätowierungen gab. Aus dem Bereich, ich kann es heute nicht mehr genau sagen, der Ermittlungsgruppe von uns gab es den Hinweis, dass Böhnhardt ggf. so eine Totenkopf-Tätowierung hat. Das ist in der Gerichtsmedizin soweit erst einmal abgeklärt worden. Es stand also nicht fest, wer die zweite Person ist, aber zumindest ließ sich der Verdacht erhärten, dass es sich ggf. hier um die Person Böhnhardt handeln könnte.“ (UA 5-1, 60, S. 10.) Für die Erklärung der Inhalte auf dem Whiteboard wäre aber selbst dies irrelevant: Die Sektion von Böhnhardt begann an diesem Tage überhaupt erst um 10:30 Uhr. (Siehe: Sektionsprotokoll Böhnhardt, S. 1.)

[81] – FSK 93,0: Ein Prozess – Ein Land – Keine GesellschaftViel NSU, 30.04.2016, Interview mit Katharina König; http://www.freie-radios.net/76977 – Aufruf und Download am 09.05.2016; ab Minute 00:11.

[82] – UA 6-1, 12, S. 8.

[83] – Siehe: 6. Wahlperiode, Untersuchungsausschuss 6/1 „Rechtsterrorismus und Behördenhandeln“, 5. Sitzung am 27. August 2015: Wortprotokoll der öffentlichen Beweisaufnahme (im Folgenden: UA 6-1, 5), 320.

[84] – Siehe: Thüringer Landtag, 6. Wahlperiode, Untersuchungsausschuss 6/1 „Rechtsterrorismus und Behördenhandeln“, 9. Sitzung am 14. Januar 2016: Wortprotokoll der öffentlichen Beweisaufnahme (im Folgenden: UA 6-1, 9), S. 17.

[85] – Siehe G. Muthesius: „Besenrein“, Sucheingabe: völlig unmöglich.

[86] – UA 5-1, 60, S. 125.

[87] – Abschlussbericht UA 5-1, S. 1274.

[88] – „Gegen 12:00 Uhr wurde eine Funkwagenbesatzung, die im Rahmen der Fahndungsmaßnahmen im Nachgang zum Sparkassenraub den nördlichen Bereich von Eisenach bestreifte, auf das in der Straße ,Am Schafrain” abgestellte Wohnmobil aufmerksam.“ (Bundeskriminalamt/LKA Thüringen, BAO ST TRIO 2011 – RegEA TH, 21.11.2011- VS – Nur für den Dienstgebrauch: VERMERK. Betreff: Ermittlungsverfahren gegen 1. Beate ZSCHAPE 2. Holger GERLACH 3. Andre EMINGER 4. Ralf WOHLLEBEN 5. Max-Florian BURKHARDT wegen des Verdachts der Bildung oder Unterstützung einer terroristischen Vereinigung gemäß § 129a Abs. 1 Nr. 1 StGB u. a. (Ermordung von acht türkischen und einem griechischen Staatsangehörigen sowie Ermordung der Polizeibeamtin Michele Kiesewetter; Vereinigung ,Nationalsozialistischer Untergrund” – NSU), Az. GBA 2 BJs 162111-2 (VS-NfD), hier: Darstellung der Ereignisse zum Bankraub und zum Geschehen am Wohnmobil am 04.11.2011 – im Folgenden: BKA-Ereignisdarstellung, o.S.)

[89] – Im Abschlussbericht des ersten Thüringer NSU-Ausschusses heißt es: „Ergebnis der bisherigen Ermittlungen ist, dass Uwe Mundlos zunächst Uwe Böhnhardt erschoss, danach das Wohnmobil in Brand setzte und sich schließlich mit derselben Waffe das Leben nahm.“ (Abschlussbericht UA 5-1, S. 18.)

[90] – Siehe: Stregda, S. 449 (Foto).

[91] – „Mit der u.a. Waffe (Winchester, Modell1300 Defender – G.M.) hat MUNDLOS den BÖNHARDT in die linke Kopfseite geschossen. Anschließend hat sich MUNDLOS mit u.a. Waffe selber in den Kopf geschossen.“ (Bundeskriminalamt, ST 14 – 140006/11, GBA 2 BJs 162/11-2, BAO TRIO, 07.02.2012: Betreff Ermittlungsverfahren gegen Beate ZSCHÄPE u.a. wegen des Verdachts der Bildung einer terroristischen Vereinigung, des Mordes und anderer Straftaten gemäß § 129a, 211 StGB u.a. [„Nationalsozialistischer Untergrund“ -NSU-] hier: Asservatenauswertung – im Folgenden: BKA-Beschuss-Protokoll Winchester, S. 4.)

[92] – „CO (Kohlenmonoxid  – G.M.) besitzt eine über 200-fach höhere Affinität zum Hämoglobin als Sauerstoff, so dass bereits bei einem CO-Gehalt der eingeatmeten Luft von nur 0,1 % das Gesamthämoglobin je zur Hälfte Sauerstoff und CO bindet.“ (https://www.charite.de/fileadmin/user_upload/microsites/m_cc05/ilp/referenzdb/33874.htm – aufgerufen am 30.10.2017.)

[93] – Siehe G. Muthesius, „Besenrein“; Sucheingabe: Kohlenmonoxid.

[94] – Abschlussbericht UA 5-1, S. 1574.

[95] – Ebenda, S. 1575.

[96] – UA 6-1, 12, S. 81 f.

[97] – Christoph Reinhold Werner: Makro- und Histomorphologie des Respirationstrakts von Brandleichen. INAUGURAL – DISSERTATION zur Erlangung des Medizinischen Doktorgrades der Medizinischen Fakultät der Albert–Ludwigs–Universität Freiburg im Breisgau, vorgelegt 2003, S. 6 f.; https://freidok.uni-freiburg.de/dnb/download/714 – Aufruf und Download am 25.10.2016.

[98] – Ältere Leser werden sich noch an Bilder von Napalm-Einsätzen im Vietnamkrieg wie diese erinnern: https://www.youtube.com/watch?v=wgiol0_WeX0 – aufgerufen am 25.10.2016. Napalm ist ein Kampfmittel, das unter anderem auf die Tötung von Menschen durch perakuten Verbrennungsschock hin entwickelt worden war.

[99] – Siehe: Christoph Reinhold Werner, S. 7.

[100] – Ebenda, S. 7.

[101] – Peters war zum Zeitpunkt der Sektionstoxikologie von Mundlos und Böhnhardt Leiter des Arbeitsbereichs Toxikologie im Institut für Rechtsmedizin Jena.

[102] – UA 6-1, 12, S. 153.

[103] – Ebenda.

[104] – Ebenda, S. 154.

[105] – Siehe: G. Muthesius: „Besenrein“; Sucheingabe: Schädelknochenfragmente.

[106] – Ein Tonmitschnitt der Veranstaltung (im Folgenden: Tonmitschnitt Grüner Salon) wurde der Autorin von Alexej Stoljarow zur Verfügung gestellt; siehe: G. Muthesius: „Besenrein“, Endenote 2.

[107] – Tonmitschnitt Grüner Salon, ab Minute 32:10.

[108] – Ebenda, ab Minute 32:20.

[109] – Ebenda.

[110] – Siehe: Stregda, S. 428 f.

[111] – Siehe: Thomas Lecorte: NSU: Faktencheck Schorlau – „Die schützende Hand“… weder Hand noch Fuß!, 15.02.2016 – http://www.lecorte.de/2016/02/faktencheck-schorlau-die-schuetzende-hand-weder-hand-noch-fuss/, Aufruf und Download 26.10.2016; Sucheingabe: Gewebespritzer.

[112] – Siehe Fotos: Stregda, S. 1242 ff. (Abb. 12)

[113] – NSU Watch: Protokoll 114. Verhandlungstag – 21.05.2014 (im Folgenden: Protokoll 114. Verhandlungstag); https://www.nsu-watch.info/2014/06/protokoll-114-verhandlungstag-21-mai-2014/ – aufgerufen am 21.10.2016; Sucheingabe: Explosion.

[114] – UA 6-1, 12, S. 133.

[115] – Ebenda, S. 134.

[116] – Siehe: Stregda, S. 179, 183, 186.

[117] – Die Zeitangabe ergibt sich aus den Aussagen der beiden Streifenpolizisten, die das Wohnmobil am 04.11.2011 gegen 12:00 Uhr in Eisenach-Stregda entdeckten und sich diesem annäherten. Darüber, was folgte, heißt es in den Ermittlungsunterlagen:
„Vor dem Wohnmobil angekommen (Pos. 2), vernahm POK [Name gelöscht – G.M.], ein ,Bewegungsgeräusch, als ob man ein Möbelstück rücken würde‘. Unmittelbar darauf folgte ein von beiden Beamten wahrgenommener Schuss. Die Funkwagenbesatzung suchte daraufhin hinter einem PKW (Pos. 3) und einem Papiermüllcontainer (Pos. 4) Deckung.
Während die Beamten sich auf dem Weg hinter die Deckung befanden, sei direkt darauf ein zweiter Schuss gefallen. POK [Name gelöscht – G.M.] berichtet von einem Zeitabstand zwischen den Schüssen von einer, maximal zwei Sekunden. Der andere Beamte, PHM [Name gelöscht – G.M.], berichtet von einem Abstand von drei bis fünf Sekunden.
Aus der Deckung vernahmen die Kollegen einen dritten Knall/Schuss. POK [Name gelöscht – G.M.] schätzte den Abstand zwischen den Schuss zwei und Schuss drei auf drei bis fünf Sekunden. PHM [Name gelöscht – G.M.] schätzte diesen Abstand auf zehn bis 15 Sekunden.“ (BKA-Ereignisdarstellung, o.S.)

[118] – Stregda, S. 8.

[119] – Landeskriminalamt Thüringen, Geschäftszeichen: 411.000.-2841-1488 / 11, Behördengutachten gem. § 256 StPO zur Untersuchung von Schmauch zum Delikt: Schwere räuberische Erpressung und doppelter Suizid, 23.12.2011 (im Folgenden: LKA-Schmauchgutachten), S. 3.

[120] – Ebenda.
PbBaSbSn: Schmauch mit der Zusammensetzung Blei, Barium, Antimon, Zinn; siehe: ebenda.
PbBaCaSi: Schmauch mit der Zusammensetzung Blei, Barium, Kalzium, Silizium; siehe: ebenda.

[121] – Ebenda, S. 4.

[122] – Ebenda.

[123] – Ebenda.

[124] – Siehe: Stregda, S. 434.

[125] – UA 6-1, 12, S. 65.

[126] – Ebenda.

[127] – Bundeskriminalamt, ST.14- 140006/11, GBA2BJsl62/ll-2, BAOTRIO, 06.12.2011: Betreff Ermittlungsverfahren gegen 1. Beate ZSCHÄPE, 2. Holger GERLACH, 3. Andre EMINGER, 4. Ralf WOHLLEBEN, 5. Max-Florian BURKHARDT 6. Matthias Rolf DIENELT 7. Mandy STRUCK wegen des Verdachts der Bildung oder Unterstützung einer terroristischen Vereinigung gemäß § 129a Abs. 1 Nr. 1 StGB u.a. (Ermordung von acht türkischstämmigen und einem griechischen Staatsangehörigen sowie Ermordung der Polizeibeamtin Michele Kiesewetter; Vereinigung „Nationalsozialistischer Untergrund“ – NSU), hier: Gesamtüberblick über sichergestellte Waffen (im Folgenden: Gesamtüberblick über sichergestellte Waffen), S. 3.

[128] – Stregda, S. 517 ff.

[129] – Siehe: ebenda.

[130] – Bundeskriminalamt, ST 14 – 140006/11, GBA 2 BJs 162/11-2, BAO TRIO, 08.01.2011: Betreff Ermittlungsverfahren gegen Beate ZSCHÄPE u.a. wegen des Verdachts der Bildung einer terroristischen Vereinigung, des Mordes und anderer Straftaten gemäß § 129a, 211 StGB u.a. („Nationalsozialistischer Untergrund“ -NSU-), hier: Asservatenauswertung, S. 2 ff.

[131] – Siehe Stregda, S. 553 ff.

[132] – Gesamtüberblick über sichergestellte Waffen, S. 3.

[133] – Ebenda, S. 4.

[134] – Ebenda.

[135] – Ebenda, S. 4 f.

[136] – Ebenda, S. 5.

[137] – Ebenda, S. 6.

[138] – Ebenda, S. 2.

[139] – Stregda, S. 514. „Verschluss offen“ ist auch fotografisch dokumentiert; siehe: ebenda, S. 516, Foto oben.

[140] – Bei der Obduktionsbericht betrug das noch im Schädel befindliche „Resthirngewicht 558 g“; Sektionsprotokoll Mundlos, S. 5.

[141] – Siehe: Gabriele Muthesius: „Besenrein“; Sucheingabe: unmöglich.

[142] – Protokoll 114. Verhandlungstag; Sucheingabe: Kopfdurchschussverletzung.

[143] – Ebenda; Sucheingabe: Zerstörung.

[144] – Ebenda; Sucheingabe: sofortige.

[145] – UA 5-1, 60, S. 122.

[146] – Ebenda, S. 122 f.

[147] – Ebenda, S. 131.

[148] – Unter anderem zeigte sich, dass sich eine Pumpgun zum Zwecke der Selbsttötung durch schräg nach oben gerichteten Schuss durch den Mund am einfachsten, respektive – in der Führung des Laufes – am sichersten handhaben lässt, wenn der Täter die Waffen mit der Nichtschusshand nicht am Repetierschlitten hält, sondern am oberen Laufende.

[149] – BKA-Beschuss-Protokoll Winchester, S. 1.

[150] – Ebenda, S. 3.

[151] – Lecorte: NSU: Faktencheck Schorlau; Sucheingabe: Erschütterung.

[152] – Ebenda; Sucheingabe: hockenden.

[153] – „Auf dem Gangboden zwischen den Leichen werden […] zwei Hülsen ‚RWS, Kal. 12/70 -Flintenlaufgeschoss Brenneke‘ […] gesichert.“ (Stregda, S. 424.) Es handelt sich um die Spuren „1.4./3.0 eine Hülse […] Kaliber 12/70; RWS; Flintenlaufgeschoss (Brenneke) […] Gesichert wo: im Aufenthaltsraum auf Boden […] an rechter Sitzbankecke vorn“ (ebenda, S. 519) sowie „1.4./11.0 eine Hülse […] RWS; Kal. 12/70; Flintenlaufgeschoss Brenneke […] Gesichert wo: im Aufenthaltsraum auf Boden vor K.1.5-Hygieneraum“ (Stregda, S. 527).

[154] – Siehe: ebenda, S. 451.

[155] – Stefan Aust / Dirk Laabs: Der NSU – ein mörderisches Mysterium, Welt am Sonntag, 3010.2016; https://blendle.com/i/welt-am-sonntag/morderisches-mysterium/bnl-wams-20161030-13_1 – aufgerufen via BLENDLE und ausgedruckt am 08.11.2016.

[156] – Ebenda.

[157] – Siehe: https://de.wikipedia.org/wiki/Ceska-Mordserie#Enver_.C5.9Eim.C5.9Fek – aufgerufen am 08.11.2016.

[158] – Bundeskriminalamt, BAO TRIO, 2BJs 162/11-2, ST 14 – 14000/6/11: Asservate, Objekt 2, Waffen, Frühlingstr. 26, Zwickau, Asservaten Nr. W01 – W11, Vorgangsnummer 269/11/173120 (im Folgenden: Vorgangsnummer 269/11/173120), S. 2. An anderer Stelle ist diese Waffe bezeichnet als „ERSTE TATWAFFE ZU DEN ‚DÖNERMORDEN‘“ (Gesamtüberblick über sichergestellte Waffen S. 5.).

[159] – Siehe: ebenda.

[160] – Der Baggereinsatz war noch am Tage des Brandes, am 04.11.2011, erfolgt; siehe: Polizeidirektion Südwestsachsen, Kriminaltechnischer Untersuchungsbericht: Zur Explosion mit Brandfolge des Wohnhauses Frühlingsstraße 26, in 08058 Zwickau, am 04.11.2011 gegen 15:08 Uhr, Aktenzeichen: GBA 2BJs 162/11-2, S. 7.

[161] – NSU Watch: Protokoll 38. Verhandlungstag – 24. Sept 2013; https://www.nsu-watch.info/2013/09/protokoll-38-verhandlungstag-24-sept-2013/ – aufgerufen am 09.11.2016, Sucheingabe: Tonnen.

[162] – Ebenda, Sucheingabe: Bereich N.

[163] – Ebenda, Sucheingabe: Bagger.

[164] – Siehe Vorgangsnummer 269/11/173120, S. 2.

[165] – Gesamtüberblick über sichergestellte Waffen, S. 6.