18. Jahrgang | Nummer 16 | 3. August 2015

Ballade von der entflogenen Lerche
aus dem „Lerchenquartett“

von Renate Hoffmann

Herr Joseph Haydn, Musikus,
saß im entfernten Schlosse,
wo er zu eigenem Verdruss
bei seinem Fürst noch bleiben muss –
er hat sie satt, die Chose.

Dann eines Tags, des Morgens früh
tönt drauß’ vom hohen Zaune
eine Wonnemelodie,
dergleichen hörte er noch nie.
Es bessert seine Laune.

Die Lerche war’s, die jubilierte,
Kadenzen sang und tirilierte.
Als sie sich in die Lüfte schwang,
da überlegte er nicht lang
und komponierte …

– Das Lerchenquartitett –
Herr Haydn fand es selbst ganz nett.

Doch als er’s spielen wollte,
demnächst in Engeland,
stellt sich heraus – o welche Schand,
dass eine Lerche draus entschwand.
Der Komponist, er schmollte.

Auf der Insel Hiddensee
sang heut ein Vogel wonniglich,
so glockenhell, ich wundre mich.
Ist es die Lerche, die entwich?
Großes Malheur – herrjemineh.

Sie aber trällert spitzbübisch:
Ein Trio klingt doch auch recht hübsch.
Bis dass der Meister eingetroffen,
steht mir der Himmel weit, weit offen.
Die Partitur hab ich im Ohr,
deshalb flieg ich einstweilen vor.