19. Jahrgang | Nummer 5 | 29. Februar 2016

Bemerkungen

Warum soviel Trauer

Euch zuzusprechen bin ich lang geübt.
Nichts widerfuhr mir, nennt mich nicht betrübt.
Kein Sturmgespenst braust neu mir durch den Sinn,
Das, was ich Gutes tat, nochmals zerfetzt.
Mein Auge ist die große Welt: ich bin
Von soviel Ungerechtigkeit verletzt.

Oskar Loerke

Der Dichter starb am 24. Februar 1941 in Berlin am durch die deutschen Zustände gebrochenen Herzen. – W.B.

Kurze Notiz zu Wernigerode

In dieser Stadt befinden sich der Brocken und die Hasseröder Bierbrauerei. Aber beeindruckend, ja geradezu atemberaubend ist Wernigerode aus zwei ganz anderen Gründen. Einmal, natürlich, wegen des bekannten Schlosses, das die Stadt im Harz überragt – und zugleich den Wahlspruch Wernigerodes als „bunte Stadt im Harz“ Lügen straft. Denn hier sitzt auch mal für ein paar Tage am Stück der Regen fest und hüllt Landschaft, Stadt und Schloss in graue Wolken. Die Einheimischen sind im Pulk vorm Schloss daran zu erkennen, dass sie keine Schirme tragen und auch nicht mit zusammengekniffenen Augen auf die herrlich herrschaftliche Fassade oder die Fachwerk- und Plattenbaustadt im Tal schauen. Sie sind den Regen gewöhnt. Und auch den Sturm, der sich über den Schlossplatz austobt. Sind sie aber auch das Schloss gewohnt? Schwer vorzustellen.
Denn dieses schmucke Häuschen, das einst die hiesigen Grafen errichtet und später die Fürsten zu Stolberg ausgebaut haben, ist schon eine Wucht! Vor allem – was in Sachsen-Anhalt ja eher selten ist – weil es vollständig restauriert wurde. Und weil es bis unter die Dachspitze vom Bergfried vollgestopft ist mit Mobiliar. Egal ob seidengestickte Wandtapete im Arbeitszimmer, Silberteller im Speisezimmer oder Nachttopf im Ankleidezimmer: Wie die Fürsten zu Bismarcks Zeiten lebten, verrät das Schloss noch heute. Der Besucher muss sich zwangsläufig bewegt zeigen – nicht nur, weil er im unablässigen Gedränge von einem grobmotorischen Greis aus dem Weg gestoßen und vom haftcremegeschwängerten Atem der Frau hinter ihm narkotisiert wird: Da ist ja eine ganze Ära inklusive Kaiser-Wilhelm- und Goethebüste konserviert, lebendig und doch so denkbar unaktuell. Oder doch nicht: Wie viele Monarchen beherbergt die Europäische Union?
Atemberaubend ist Wernigerode auch am Markt. Nicht wegen des ebenfalls bekannten Rathauses, das ja eher etwas ratlos macht: Ein Foto mit den Liebsten zwischen den beiden Türmen oder auf der Treppe – und dann? Wie lange muss diese geschnitzte Fassade angeschaut werden, dass es nicht kulturbanausisch wirkt – vor allem im Regen? Nein, wer wirklich zutiefst beeindruckt werden will von Wernigerode, sollte ein Café am Markt besuchen. Die Preise übertreffen die großstädtischen im Land ungelogen um das Dreifache! „Die nehmen’s von den Lebendigen!“, klagt die Matrone am Nachbartisch und kiekst missmutig ihre Erdbeer-Marzipanschnitte an. Aber der Protest bleibt gelinde, man ist ja – wie die meisten Touristen hier – keine sechzig mehr.
Und so ist Wernigerode trotz all der Besucher eine sehr ruhige Stadt. Verschlafen im Regen, zusammengekauert in Fachwerkhäusern und niedrigen Platten. Dem Zugverkehr reicht ein Gleis. Man ist ja – wie übrigens auch das nahe Quedlinburg – keine Kreisstadt mehr.

Thomas Zimmermann

Film ab

Wer des Phänomens noch nicht Herr geworden ist, aber immer schon mal gern gewusst hätte, wodurch sich schwarzer englischer Humor auszeichnet und wie der funktioniert, dem sei Danny Boyles Regiedebüt „Kleine Morde unter Freunden“ von 1994 empfohlen – nachgerade ein Beispiel par excellence für dieses Genre.
Zwei junge Männer, einer Reporter, einer Buchhalter, und eine ebenso adrette wie taffe junge Frau, Ärztin, – klingt nach Dreiecksgeschichte und ist auch eine, mit wechselnden Präferenzen der Adretten – suchen den fehlenden vierten Mitbewohner für ihre WG. Und als der gefunden ist, nimmt das Verhängnis seinen Lauf.
Kaum eingezogen, setzt sich der Neue den goldenen Schuss und hinterlässt einen Koffer voller Geld. Der wird fürderhin zum Transmissionsriemen der Handlung, doch zuvor muss die Leiche entsorgt werden. Das erledigt der Regisseur zwar durchaus mit Liebe zum makabren anatomischen Detail, aber auch in der Tradition Hitchcockscher Suspense. Also im Wissen darum, wie man filmhandwerklich Gänsehaut und Entsetzen über die Phantasie der Zuschauer erzeugt, ohne die Kamera immer so gnadenlos draufzuhalten wie bei Zombiefilmen, wo selbst bei Vivisektion nicht mehr abgeblendet wird. Es folgen diverse muntere Wendungen, wobei – auch das very English – ausgerechnet die zu Beginn pedantisch-trockene Büroklammer (Ewan McGregor) das stärkste Potenzial entwickelt, bevor der Regisseur, als alles schon beendet scheint, noch eine hübsche Schlusspointe setzt.

Clemens Fischer

„Kleine Morde unter Freunden“, Regie: Danny Boyle. Auf DVD.

WeltTrends aktuell

Cyberattacken hätten IT-Systeme einiger Kliniken getroffen, meldete die Presse Mitte Februar. Ein Vorfall von vielen im zivilen Bereich. Die Gefahren gehen jedoch weit darüber hinaus. Nicht nur Militärs und Geheimdienste denken seit längerem über Angriffe im Cyberspace nach. Im Thema diskutieren Experten diese Gefahren. Während Kai Denker auf die Ursprünge des Cyberwar eingeht, verweist Thomas Reinhold auf die Verwundbarkeit staatlicher und sicherheitsrelevanter Kommunikationsstrukturen. Blättchen-Chefredakteur Wolfgang Schwarz warnt, dass die inflationäre Verwendung des Begriffes Cyberwar noch für die letzte Hacker-Attacke die Gefahren völlig vernebele, die vor allem IT-vernetzten zivilgesellschaftlichen Infrastrukturen drohen, und zwar nicht nur durch feindliche Eingriffe, sondern auch durch natürliche elektromagnetische Phänomene. Götz Neuneck entwickelt Vorschläge zur Vertrauensbildung und Rüstungskontrolle im Cyberspace.
EU – Atompause oder Stillstand? Darum geht es im Forum in Reaktion auf einen Beitrag des ehemaligen EU-Kommissars Günter Verheugen im Dezember-Heft. Ob Flüchtlings-, Wirtschafts- oder institutionelle Krise – die EU verfüge über die Mittel, die Herausforderungen zu lösen, meint Jean Asselborn, Außenminister Luxemburgs. Für eine eigenständigere deutsche Außenpolitik und die Aufhebung der Sanktionen gegen Russland spricht sich im Kommentar der junge CSU-Bundestagsabgeordnete Tobias Zech aus. Erstmals gibt es den Bücherfrühling – in 11 Beiträgen werden Neuerscheinungen zu außenpolitischen, militärischen und historischen Problemen rezensiert.

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WeltTrends – Das außenpolitische Journal, Heft 113 (März) 2016 (Schwerpunktthema: „Cyberwar“), Potsdam / Poznan, 4,80 Euro plus Porto. Weitere Informationen im Internet.

Zahn um Zahn…

Berlin hat ja mit Pankow, Spandau, Lichtenberg, Neukölln und anderen insgesamt zwölf Bezirke. Halle muss da wesentlich kleinere Brötchen backen. Seine 230.000 Einwohner werden bereits von den meisten Berliner Bezirken übertroffen. Trotzdem hat die Saalestadt immerhin fünf Stadtbezirke, die in Stadtteile und Stadtviertel unterteilt sind. Nun will die Stadtverwaltung die Stadtgebiete neu strukturieren. Also müssen teilweise auch neue Stadtgebietsnamen her, die demnächst Eingang in einen neuen amtlichen Stadtplan finden sollen.
So weit so gut. Zum Glück kann man auf eine Reihe historischer Namen zurückgreifen. Trotzdem müssen einige neue Namensschöpfungen her. Und so hat die Stadtverwaltung auch gleich Vorschläge unterbreitet. Kritik ließ jedoch nicht lange auf sich warten, sie äußerte sich vor allem am geplanten „Bebelviertel“ in der Innenstadt. Immerhin sind hier die markante Hauptstraße und ein Platz nach dem deutschen Sozialdemokraten benannt. Die Anwohner haben sich zwar schon mehrheitlich dafür ausgesprochen, doch Gegner, denen eine sozialdemokratische Namensgebung ein Dorn im Auge ist, favorisieren „Bibliothekenviertel“, weil die Bibliotheken der Universität und der Leopoldina an der August-Bebel-Straße ihren Standort haben. Dieser Name sei zu lang, zu viele Silben und würde vom „Volksmund“ sicher läppisch auf Bibo-Viertel verkürzt werden, wird jedoch von anderer Seite gekontert. Web-Foren und Leserbriefspalten laufen seitdem heiß.
Zusätzlich angefeuert wird die Auseinandersetzung jetzt noch durch einen „Fund“ im benachbarten Steintorviertel. Auf dem Areal des neuen Geisteswissenschaftlichen Zentrums der Universität (früher das weitläufige Gelände der Landwirtschaftlichen Fakultät) „entdeckte“ man ein bisher unbeachtetes Kriegerdenkmal für die gefallenen Landwirte im deutsch-französischen Krieg von 1870/71. Jahrzehnte lang zwischen ehemaligen Viehställen versteckt, wussten selbst eingefleischte Hallenser davon nichts. Obwohl es sich um eine eher trauernde Figur mit gesenktem Blick handelt, fordert der Studentenverband „SDS.Die Linke MLU“ plötzlich und vehement den Abriss der angeblichen Germania. Dabei handelt es sich gar nicht um die „gepanzerte Volksmutter“ sondern um Klio, eine der neun Musen der griechischen Mythologie und Tochter des Zeus. Wieder überstürzen sich Beifall und Anfeindungen und gewissermaßen im Gegenzug wird der Abriss der Thälmann-Büste in der Nähe des Riebeckplatzes gefordert. Auge um Auge, Zahn um Zahn… Geradeso, als ließe sich die Geschichte mit der Abrissbirne bewältigen. Wie ließ doch Shakespeare bereits vor vierhundert Jahren Hamlet über solche Narrheiten resümieren: „Die Zeit ist aus den Fugen“ – zumindest in Halle scheint es so.

Manfred Orlick

Blätter aktuell

Sklaverei ist ein Phänomen der Antike. Oder doch nicht? Evi Hartmann, Professorin für Betriebswirtschaftslehre, argumentiert: Jeder westliche Bürger in Zeiten der Globalisierung hält durch seinen Konsum Sklaven. Das ist eigentlich auch allen bewusst. Doch um an der gewohnten Lebensweise nichts ändern zu müssen, werden moralische Skrupel verdrängt. Empathisches Handeln sei gefragt, um der Moral endlich zum Durchbruch zu verhelfen.
Die Integrationsdebatte hat sich erheblich verschärft. Wer darf nach Europa im Allgemeinen und nach Deutschland im Speziellen? Und wen können wir wie integrieren? Der Soziologe Paul Scheffer hinterfragt vor diesem Hintergrund die Politik der offenen Grenzen. Er plädiert für einen Ansatz, der sowohl gegenüber den Flüchtlingen als auch gegenüber der eigenen Gesellschaft moralisch vertretbar ist.
Rechtes Denken ist in Europa momentan auf dem Vormarsch, wie der Erfolg von nationalistischen Bewegungen und rechtspopulistischen Parteien zeigt. Doch die neue Rechte steht auf einem Fundament alten Denkens, analysiert Micha Brumlik, Mitherausgeber der Blätter. Als zentrales Merkmal sieht er eine Politisierung des Raumes im Rahmen einer „eurasischen“ Ideologie sowie eine Sakralisierung der Politik, also eine Ausrichtung auf das Transzendente.
Dazu weitere Beiträge – unter anderem: „Macht und Ohnmacht der EZB“, „Kettenreaktion außer Kontrolle. Vernetzte Technik und die Gefahren der Komplexität“ und „Frankreich in der Eskalationsspirale“.

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Blätter für deutsche und internationale Politik, Berlin, März 2016, Einzelpreis: 9,50 Euro, Jahresabonnement: 79,80 Euro (Schüler & Studenten: 62,40 Euro). Weitere Informationen im Internet.

Holbein in Berlin

Wer es vor einigen Wochen nicht in den Berliner Gropiusbau zur großen Ausstellung der Privatkunstsammlung des Schraubenkaisers Würth (mehr als 16.800 Kunstwerke) geschafft hat und dort nicht vor deren Prunkstück, Hans Holbein des Jüngeren „Madonna des Bürgermeisters Jakob Meyer zum Hasen“, überwältigt in mindestens kontemplative Andacht verfallen konnte, dem bietet sich noch bis zum 8. Mai eine zweite Chance: Das Bode-Museum präsentiert das Großod zusammen mit weiteren Porträts, Zeichnungen und anderen Werken des Renaissance-Meisters, der es bis zum Hofmaler von Heinrich VIII. in London brachte, sowie seines Vaters und seines älteren Bruders Ambrosius. Darunter das „Bildnis des Danziger Hansekaufmanns Georg Gisze in London“, das eines der herausragenden Beispiele der einzigartigen Porträtkunst des Augsburgers und am Anfang seiner Londoner Karriere entstand. Zugleich bietet die intime Schau im Bode-Museum noch einmal die Möglichkeit sich live darüber zu ärgern, dass ein unersetzlicher Bestandteil des nationalen Kulturerbes wie die Holbein-Madonna durch die bestehende Gesetzeslage und die „dynamische Erwerbungspolitik von Reinhold Würth“ (O-Ton Nachrichten aus dem Würth Haus Berlin und dem Würth Büro Brüssel) für 60 Millionen Euro in den Besitz eines Privatiers gelangen konnte, bei dem sie – kapitalistisch allerdings völlig folgerichtig – zum Betriebsvermögen zählt.

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Holbein in Berlin. Die Madonna der Sammlung Würth mit Meisterwerken der Staatlichen Museen zu Berlin, Bode-Museum Berlin, Dienstag – Sonntag ab 10 Uhr; noch bis 8. Mai, Montag geschlossen.

Aus anderen Quellen

Trotz wirtschaftlicher Rückständigkeit und sinkendem Ölpreis beschreibt der russische Ökonom Wladislaw Inosemzew die Lage in seinem Land als ziemlich stabil. „Wenn Sie […] über Jahrzehnte in einem Land leben, in dem das Volk der Regierung absolut egal ist, in dem Gewalt immer die Norm gewesen ist, in dem der Staat vor 70 Jahren 20 Millionen Menschen der eigenen Bevölkerung umgebracht hat, in dem man nie im Reichtum gelebt hat und nie etwas von der Welt gesehen hat: Wovor soll man sich dann fürchten? Etwa davor, dass ein neuer Krieg ausbrechen oder es massenhafte Repressionen geben könnte? Nichts dergleichen steht uns bevor. Unter diesen Umständen lässt sich dieses System nur schwer aus dem Gleichgewicht bringen.“ Sein Blick in die Zukunft: „Ich sehe weder die Möglichkeit für eine Palastrevolution noch für einen Volksaufstand noch für sonstwas. Meines Erachtens gibt es nur einen einzigen Ausweg aus dieser Situation: Das System wird von selbst zusammenbrechen, wenn es nichts mehr zu holen gibt. Es muss an seiner eigenen Sinnlosigkeit sterben.“
Jewgenis Senschin: „Das System wird von selbst zusammenbrechen“, ZNAK, 21.01.2016. Zum Volltext hier klicken.

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„Die Welt wird unregierbar.“ Diese Feststellung von Ulrich Menzel ist bereits mehr als nur eine Hypothese: „Die Stichworte lauten […]: EU- und Griechenlandkrise, Krieg in der Ukraine […] und die Rückkehr des Rüstungswettlaufs, Scheitern der militärischen Interventionen in Afghanistan, Irak, Libyen, Jemen, Syrien, Staatszerfall im Komplex Irak-Syrien, Vormarsch terroristischer Organisationen wie IS oder Boko Haram – und schließlich massive Armuts- und Kriegsflucht […]. […] Ein Problem verdrängt das andere in der öffentlichen Aufmerksamkeit, ohne dass auch nur eines gelöst ist. […] Sicher ist heute nur, dass alle diese Themen auch 2016 weiter auf der politischen Agenda stehen werden – mit der Konsequenz, dass die bestehenden Institutionen überfordert sind. […] Unregierbarkeit droht damit zu einem Dauerzustand zu werden […].“
Ulrich Menzel: Welt am Kipppunkt. Die neue Unregierbarkeit und der Vormarsch der Anarchie, Blätter für deutsche und internationale Politik, Nr. 2/2016. Zum Volltext hier klicken.

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„Mit der Implosion des Mittleren Ostens und der Ankunft der Flüchtlinge zeigt sich, dass die US-Außenpolitik heute mittelbar den Bestand Europas gefährdet“, stellt Jörg Lau fest. Und doch gehe es nicht ohne die USA.
Jörg Lau: Möge die Macht mit dir sein!, Die Zeit, Nr. 2/2016. Zum Volltext hier klicken.

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Stichwort Bundeswehr in Syrien: „Deutschland zieht wieder in den Krieg – und kann ihn wieder nicht gewinnen“, prognostiziert Jochen Hippler. „Wer den IS niederwerfen will, muss dessen Geschichte und insbesondere die Gründe seines Siegeszuges berücksichtigen. Andernfalls kann keine Strategie erfolgreich und nachhaltig sein. Denn der kometenhafte Aufstieg des IS lag nicht an seiner – zuerst recht begrenzten – militärischen Kraft, sondern an der Schwäche und Illegitimität der Regime in Syrien und dem Irak. Er bezieht seine Stärke daraus, dass er vielen arabischen Sunniten als das kleinere Übel zu den eigenen Regierungen gilt.“
Jochen Hippler: Krieg gegen den IS: Niederlage mit Ansage, Blätter für deutsche und internationale Politik, Nr. 2/2016. Zum Volltext hier klicken.

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Die Dynamik des technischen Fortschritts beschert uns schon heute teilautonome Fahrsysteme in PKWs – wie Tempomat und aktiver Ein- und Ausparkassistent. Vollautomatischer PKW-Verkehr wird von einschlägigen Experten in nicht allzu ferner Zukunft erwartet. Wer dies für einen Segen ohne Einschränkungen hält, hat die Janusköpfigkeit der technischen Entwicklung immer noch nicht geschnallt. Manfred Dworschak umreißt einige grundlegende Probleme: „Der Computer wäre sicherlich der bessere Fahrer – nie abgelenkt, reaktionsstark und stets im Bilde über das Verkehrsgeschehen ringsum. Sollte er das Steuer übernehmen, dürfte die Zahl der Unfälle stark sinken. Dafür wird es andere Unfälle geben, neuartige und verstörende. Denn künftig wird so manches Opfer vorher ausgesucht. Das Auto wählt, wen es verletzt und wen es verschont – im Grenzfall auch: wer weiterleben darf und wer nicht. Dagegen nimmt sich der gute alte Verkehrsunfall fast gemütlich aus.“
Manfred Dworschak: Lotterie des Sterbens, Der Spiegel, Nr. 04/2016. Zum Volltext hier klicken.

Eine Violonistin auf Speed

Die Violine wird gemeinhin als Instrument den klassischen Kompositionsstücken zugerechnet. Dass hiermit aber auch moderne, powervolle Stücke geschrieben und gespielt werden können, stellt Sarah Neufeld eindrucksvoll mit ihrer zweiten CD-Einspielung „The Ridge“ unter Beweis. Die Kanadierin fungiert als Violinistin wie Komponistin und wurde bekannt als Mitglied der Grammy-prämierten Indierock-Band „Arcade Fire“.
Obwohl es schon immer zur ihrer Übungspraxis gehörte, mit Improvisationen und Solo-Kompositionen zu arbeiten, begann Neufeld erst 2011 ernsthaft damit, Stücke für ihre Violine zu komponieren. Béla Bartok, Steve Reich, Iva Bittova und Arthur Russel zählt die 36-Jährige zu ihren Einflüssen. Auf ihrem jüngsten Album wird der Gesang mehr als zuvor betont, das Wechselspiel zwischen Stimme und Violine ist gekonnt in die Kompositionen eingebunden. Die Stücke strahlen eine unglaubliche Dichte aus, die an Veröffentlichungen der irischen Künstlerin Enya erinnern. Allerdings ist Sarah Neufeld sozusagen eine „Enya auf Speed“. „The Ridge“ fesselt durch eine intensive und dynamische Atmosphäre. Für meditative Zwecke ist sie eher nicht geeignet.

Thomas Rüger

Sarah Neufeld: The Ridge, Paper Bag Records/Indigo 2016, 17,00 Euro.

Wirsing

Schlagzeilen und -worte sind ein Kapitel für sich. Darin, eine Meldung in wenigen Worten auf den Punkt zu bringen, ist auch die Redaktion von mdr um 2 nicht verlegen: „Ehepaar überrascht Einbrecher in eigenen vier Wänden!“ Leider hatte ich keine Zeit, auf den Beitrag zu warten und habe nicht erfahren, wie das Ehepaar herausgefunden hat, wo sich die eigenen vier Wände des Einbrechers befinden. Aber dass die Beiden ihn dort ganz einfach überrascht haben – alle Achtung!

Fabian Ärmel